Helibiken in den Alta Badia/Dolomiten

Text Mona Eiberweiser Bild Andreas Meyer
Reise

Into the White

Sprachlos, einzigartig, atemberaubend: drei Worte, die unseren Mountainbike Ausflug nach Alta Badia in Südtirol am besten beschreiben. Denn manchmal braucht es nicht viele Worte, um alles zu sagen, was man sagen will. Und manchmal fehlen einem die Worte, um zu sagen, was man gerade erlebt hat. Das ist nun mein Versuch, dir von einem unvergesslichen Mountainbike Abenteuer in den Dolomiten zu erzählen. Mein Versuch, hierfür die richtigen Worte zu finden.

Aus der Ausgabe 01.16

 
 

Auf Gänsehauttour

Es war einmal, genauer gesagt, im letzten Winter... ein Auto, beladen mit drei Fatbikes, drei abenteuerlustigen Bikern und jeder Menge Vorfreude. Der Auftrag: ein Pilotprojekt für die Region Alta Badia. Die Region wirbt ab diesem Winter mit Fatbiketouren als actionreiche Ausgleichsaktivität zum Skitourismus, und die exklusivste Tour davon sollte von uns getestet werden. Gänsehaut inklusive!

Aber schauen wir zurück ins Auto und lassen das Abenteuer beginnen. Hinter dem Steuer unser Fotograf Andi, der die ganze Tour mit der Kamera festhalten wird, daneben Basti, ein begeisterter Biker aus Traunstein, und auf der Rückbank ich, die zuständige Redakteurin für dieses Abenteuer. Das Dauergrinsen in jedem unserer Gesichter hat einen triftigen Grund: Es wartet ein einzigartiges Erlebnis in den ladinischen Dolomiten!

Basti spielt vor dem Essen noch ein wenig im Schnee

Sonnenaufgang am Brunecker Turm. Von der Pralongia Hochebene hat man die Sonne den ganzen Tag im Blick.

Fatbiketour mit einem Helikopterflug

Der Wetterbericht verspricht perfekte Bedingungen, Schnee und Eis schmücken die Berge mit einem bezaubernden weißen Kleid und der Helikopter steht zum Abflug bereit. Ja, der Helikopter wartet, und schon bald wird ein Kindheitstraum von uns Dreien in Erfüllung gehen. Das Programm für das Wochenende steht fest: eine Fatbiketour mit Hüttenübernachtung, einem Helikopterflug durch die Dolomiten und einer lange Abfahrt vom Gipfel bis ins Tal. Untergebracht sind wir bei Klaus Irsara im Hotel Melodia del Bosco. Der Hotelchef Klaus ist der Mann, dem wir dieses Erlebnis zu verdanken haben. Bei einer Skitour mit seinem Freund Norbert wurde der Grundstein für diese Geschichte gelegt: eine Fatbiketour mit einem Helikopterflug: „Warum nicht?“ Schnell wurde in Zusammenarbeit mit Roberto Huber, dem Tourismuschef von Alta Badia, aus der Frage eine Antwort: „Das machen wir!“

Lass das Abenteuer beginnen

Das lodernde Kaminfeuer in der Hotelbar ähnelt der Stimmung unserer Truppe: Alle sind heiß auf das Abenteuer und gönnen sich noch einen Mojito zur Abkühlung der Aufregung.
Eine große Frage steht im Raum: „Was erwartet uns?“ Die Antwort darauf wartet draußen.
Der nächste Morgen bricht an, die Sonne blinzelt über die frisch eingezuckerten Berggipfel. Nach einem reichhaltigen Frühstück starten wir mit einem Rucksack voller Erwartungen, Ungewissheit und Neugier in den Tag. Nicht zu vergessen: dem Boardingpass.
Klaus wird uns auf der Tour begleiten und, als ausgebildeter Bikeguide, sicherlich noch viele begeisterte Biker durch die Berge führen. Keiner von uns, außer Klaus, war zuvor bei Schnee und Eis mit dem Fatbike unterwegs, deshalb sind wir alle sehr gespannt, was uns erwarten wird.

Nichts als Schnee, blauer Himmel und ein Hauch von Sehnsucht.

Direkt vom Hotel Melodia del Bosco werden wir gegen Mittag von einem Shuttle abgeholt. Wir müssen die Tour aus Zeitgründen ein bisschen abkürzen und starten beim Langkaufzentrum in Armentarola (1.615 Meter). Normalerweise geht die Tour direkt von Badia aus los (siehe Karte). Da am Vortag zudem reichlich Neuschnee gefallen ist, ist der Weg zum Gipfel leider noch nicht präpariert und wir dürfen mit einem Skidoo vorliebnehmen. Aber auch dem macht der tiefe Neuschnee schwer zu schaffen: Der Keilriemen reißt. Schlussendlich bringt uns eine Schneekatze aus dem Winterwonderland zum Gipfelkreuz des Stores (2.181 Meter). Vor dem Gipfel fahren wir über eine weite Fläche, über die ein starker, kalter Eiswind pfeift. Angenehm ist etwas anderes, aber genau das zeigt uns, wie rau und streng die Natur in den Bergen sein kann. Vereinzelt stehen kleine hölzerne Hütten in der offenen Landschaft, doch der friedliche Schein trügt. Nichts als Schnee, blauer Himmel und ein Hauch von Sehnsucht. Am Gipfel des Stores, eingebettet inmitten der Dolomiten, lässt uns die Schneekatze zurück. Der Wind ist so stark, dass ich kaum stehen kann und mich an meinem Fatbike festklammern muss, während ich den gigantischen Ausblick genieße. Unser Ziel, die Berghütte Pralongia, wartet 500 Meter weiter westlich auf uns. Bei den aktuellen extremen Windverhältnissen kommt uns das wie eine Ewigkeit vor. Davon lassen wir uns aber nicht aufhalten und stampfen wie einsame Wölfe, das Schlauchtuch bis unter die Augen hochgezogen, durch den knietiefen Schnee.

Auf der Berghütte werden wir von Lex, einem wohlgenährten Schäferhund, in Empfang genommen und freuen uns auf die Flucht ins Warme.
Das Abendessen haben wir uns heute redlich verdient. Südtiroler Speck und Käse, ein Dreierlei von Knödeln geschwenkt in Salbeibutter, Rehragout mit Polenta und Blaukraut, dazu ein Gläschen Rotwein und zum Abschluss Apfelstrudel und Zirbenschnaps. Was kann es Besseres geben, um sich nach einem Tag an der frischen Luft zu stärken?

Hinauf in die Lüfte

Am nächsten Morgen steckt uns die Nervosität in den Knochen. Aufgeregt wie vor dem ersten Schultag sitzt jeder von uns zappelnd am Frühstückstisch, und ein letzter Cappuccino auf der Sonnenterrasse soll die Zeit bis zum Boarding noch gut überbrücken.
Am Horizont taucht der Helikopter auf und Lex ist einer der Ersten, der wie wild zum Landeplatz stürmt. Andi, Basti, Klaus und ich packen unsere Rucksäcke und folgen dem Schäferhund. Der Helikopterpilot, ein waschechter Italiener mit Fliegerbrille und lockigem Haar, weist uns kurz ein und kümmert sich dann als Erstes um die Fatbikes. Es ist eine wahre Premiere, nie zuvor wurden hier Fatbikes mit dem Helikopter transportiert. Mit einem Strick schnürt er die vier Räder zusammen und sichert mit zwei Karabinerhaken das Fatbike-Paket an einem langen Seil, das am Helikopter befestigt ist. Als Nächstes sind wir an der Reihe. Wir klettern, einer nach dem anderen, in den Helikopter und wählen einen der fünf Plätze. Ready for take off!

Was für ein atemberaubendes Gefühl!

Das laute Geräusch der Rotoren tönt und der Boden entfernt sich immer weiter. Was für ein atemberaubendes Gefühl! Was für eine einzigartige Kulisse! Die anfängliche Aufregung wird von einem Gefühl der Überwältigung abgelöst und keiner von uns traut sich, auch nur ein Wort zu sagen. Jeder versucht, den Augenblick in der Luft, so gut es nur geht, aufzusaugen, und die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Wie auf einer kleinen Wolke landet der Helikopter auf dem Rifugio Nuvolau (2.575 Meter). Der Landeplatz ist eng bemessen und fordert Präzisionsarbeit vom Piloten. Nach dem Aussteigen sitzen wir gebückt knapp neben dem Helikopter und warten, bis der Wind der Rotoren nach dem Abheben des Helikopters nachlässt. Wie ausgesetzt stehen wir nun auf dem seelenleeren Berggipfel. Nur eine kleine Hütte, die nur im Sommer bewirtschaftet wird, leistet uns Gesellschaft. Der Ausblick auf dem kleinen Berggipfel ist zu alle Seiten offen, ringsum Berge, so weit das Auge reicht. Ein außergewöhnlicher Start für eine Biketour, aber mit den Fatbikes sollte das kein Problem sein. Hinter der Hütte geht ein schmaler, nach rechts und links steil abfallender Grat, der eine gewisse Vorsicht und eine Portion Respekt von uns Bikern erfordert, hinab zur ersten bewirtschafteten Hütte, der Averau Hütte (2.408 Meter). Nichtsdestotrotz überkommt Basti der Fahrspaß und er benutzt einzelne Felsvorsprünge als Sprungschanze, gerade so, als würde er versuchen, die Sonne zu überspringen.

Ein perfekter Untergrund für dicke Reifen

Die dicken Reifen fressen sich regelrecht durch den Schnee und bereiten uns ein ganz neues Fahrgefühl. Teils müssen kurze Abschnitte geschoben werden, das tut dem Vergnügen jedoch keinen Abbruch. Nach der Fahrt über den Grat kommen wir in das Skigebiet Lagazuoi 5 Torri. Hier wurde speziell für Skitourengeher, Fatbiker und Wanderer ein Weg neben der Piste gewalzt. Das zaubert uns ein großes Grinsen ins Gesicht. Die Averau Hütte samt ihren kulinarischen Köstlichkeiten lassen wir überraschenderweise einfach links liegen und driften auf dem Weg weiter hinab. Wir passieren die Cinque Torri, eine beeindruckende Felsformation, und biegen nach der Scoiattoli Hütte in den Wanderweg Nr. 425 Richtung Rifugio Bain des Dònes (Bain des Dònes Hütte) ab. Ein fußgetretener Weg dient nun als Fahrspur. Es geht durch einen winterlich verschneiten Wald. Viele Kurven und ein perfekter Untergrund für die dicken Reifen machen den letzten Abschnitt noch zu einem Genussstück.

Mein erster Helikopterflug über die winterlichen Dolomiten wird unvergesslich bleiben.

Gerade angefrorener Schnee und planierte Strecken machen mit den dicken Reifen unheimlich Spaß

Der Abfahrt dritter Teil

Am Parkplatz der Bain des Dònes Hütte angekommen, wartet bereits das bestellte Taxi, das uns den Valparola Pass hinaufshuttelt. Die Gespräche im Taxi sind wirr. Keiner kann es so recht glauben, heute mit dem Helikopter durch die Dolomiten geflogen und von einem einsamen Berggipfel über Schnee und Eis bis ins Tal mit dem Fatbike gefahren zu sein. An den leuchtenden Augen erkennt man jedoch schnell, was für eine Wirkung das Abenteuer auf uns vier bisher gemacht hat. Überwältigt, glücklich und zufrieden!

Das kleine Restaurant am Valparola Pass kommt genau recht für eine angemessene Stärkung. Nach einem ausgezeichneten Mittagessen und einem Espresso sind Andi, Basti, Klaus und ich bereit für den letzten Teil der Tour. Zum Wachwerden nach der Pause geht es erst einmal ein Stück die Passstraße hinab. Die Sonne lacht noch immer vom strahlendblauen Winterhimmel und sorgt schon bei dem einen oder anderen für eine leicht rötliche Verfärbung im Gesicht. Das Grande Finale der Tour lässt uns noch einmal von der Passstraße in einen gewalzten Winterweg einbiegen, der zum Ausgangspunkt, zum Langlaufzentrum in Armentarola, führt. Wow! Was für ein Tag! Unglaublich!

Der Tag ist noch jung, denken wir uns und beschließen auf der Rückfahrt zum Hotel nach einem kleinen Nickerchen, noch einmal mit dem Fatbike auszurücken. Wir wollen uns noch, solange das Licht reicht, ein Bild vom Start der Tour zu machen. Eine kleine Feierabendrunde hoch nach Heiligkreuz. Bequem geht es dorthin mit dem Santa Croce Sessellift in knapp 20 Minuten. Oben wartet auf der gemütlichen Hütte erst einmal ein wohlverdientes Feierabendbier.

Da sitzen wir nun und denken zurück an die ereignisreichen letzten zwei Tage! Viele neue Erfahrungen, vieles bleibt unvergesslich! Der Tag neigt sich dem Ende zu und die Sonne verabschiedet sich still und heimlich hinter den Bergen. Jetzt wird es Zeit, uns auf den Heimweg zu begeben. Leider schaffen wir es nicht mehr, die Fatbiketour auf dem Weg Nr. 15 nach San Cassiano zu machen, aber es ist ja noch lange nicht aller Tage Abend. Diesen Weg und zugleich Start der großen Tour werden wir sicherlich beim nächsten Besuch in Alta Badia testen. Für Andi, Basti und mich geht es nun auf dem schnellsten Weg nach unten ins Tal. Ebenfalls auf einer ausgeschriebenen Fatbike-Strecke hinterlassen unsere Stirnlampen nur noch eine Lichtspur, die sich in der Finsternis verliert.

Der Schnee haftet noch an den Reifen, während wir das Panorama der Dolomiten genießen.

"*Vor der Abfahrt in Deggendorf habe ich mir noch einige Gedanken um das Thema Hubschrauber und deren Einsätze gemacht. Für mich ist die Umweltproblematik dieses Freizeit-Vergnügens sicherlich nicht einfach so wegzudenken und deshalb habe ich mich darüber grundlegend informiert. Laut dem Tourismusverband Alta Badia soll die Heli-Fatbike-Tour keineswegs zur Massenattraktion werden, sondern ein exklusives Angebot für wenige Extremsportler sein. Der hohe Preis und die Anforderungen an den Biker, sowohl konditionell als auch fahrtechnisch, sollen die ganze Sache im Rahmen halten.*"
Mona Eiberweiser

Informationen

Alta Badia

Alta Badia ist eine Tourismusregion im südlichen Gadertal in Südtirol. Sie besteht aus 6 Gemeinden zwischen 1348 und 1568 m. Südlich von Stern (La Ila/La Villa) befindet sich die weite Hochebene Pralongià und teilt das Gadertal in einen südwestlichen und einen südöstlichen Arm. Der westliche Teil verzweigt sich bei Corvara erneut, den Talabschluss bilden am Westende das Grödner Joch (2121 m) und im Südwesten der Campolongopass (1875 m), der das Gadertal mit Buchenstein verbindet. Der ostseitige Teil führt über St. Kassian zum Valparolapass, der das Gadertal mit Cortina d’Ampezzo verbindet.

Hinkommen

Mit dem Auto entweder über die oben genannten Pässe oder über die Brennerautobahn/ Abfahrt Brixen – Pustertal. Über Bruneck nach St. Martin in Thurn nach Abtei/ Badia. Die Strecke ist maut- und gebührenpflichtig. Als Flughäfen bieten sich München, Verona, Mailand oder Venedig an. Klaus Irsara vom Hotel Melodia del Bosco organisiert gerne einen (kostenpflichtigen) Shuttle.

Unterkommen

Hotel Melodia del Bosco ***s
39036 Badia BZ
Alta Badia · Dolomiti · Italia
info@melodiadelbosco.it
Wirklich eines unserer absoluten Lieblingshotels in den Alpen! Klaus Irsara und seine Schwester Monica haben ein Refugium geschaffen, das selbst dem Vergleich mit 5*-Häusern nicht zu scheuen braucht. Bikeservice, regionale Produkte, viel Hintergrundwissen zur Umgebung und eine ausgesprochen herzliche Art. Klaus ist selbst Guide und begeisterter Mountainbiker und kennt sämtliche Wege im Schlaf. Wer ihn um Rat bzgl. Wegebeschaffenheit/ Strecken fragt, wird kompetent beraten.

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