Bike Hochzeitsreise Teil I

Text Frank Eggert, Monika Janzen Bild Privat
Geschichten

Drum prüfe, wer sich ewig bindet, …ob sich der passende Radelpartner zum Herzen findet!

Frank und Moni haben wir vor ungefähr zwei Jahren kennengelernt und sie haben uns mit ihrer Radbegeisterung immer wieder angesteckt. Wir verfolgen ihre Berichte auf Facebook und auf ihrem Blog. Die beiden kennen sich nun schon länger und wir haben die Freude sie auf ihrem Weg zur Hochzeit und vor allem zur Hochzeitsreise zu begleiten.

Aus der Ausgabe 10.16

 
 

Moni

Frank

Frank
Ich, Frank E., musste aus beruflichen Gründen aus einer Region wegziehen, die aus meiner Sicht eine der schönsten und herzlichsten Deutschlands ist: dem südlichen Wonnegau am Rande des Pfälzerwaldes. (Da, wo man sich Lebensgeschichten unter Freunden, die sich Jahrzehnte nicht gesehen haben mit den wenigen Worten „Unn?“ und „Eijo!“ erzählt, nur um schnellstens mit dem Pfälzer Zaubertrank „Schoppe“ anstoßen zu können). Ich zog ins Flache, genauer gesagt: in die auf keiner Mountainbike-Karte vorhandene, dem Hochdeutschen frönende, von herbem Bier bestrafte, um ein Stahlwerk drumrumgebaute Stadt Peine.
Doch wie so oft im Leben halten gerade solche Orte die schönsten Überraschungen für einen bereit. So sah ich auf der Suche nach einem Schoppen SIE und sprach sie auch sofort an: „Unn?“. Während ich in der alten Heimat auf eine solch ausführliche Frage nun eigentlich erwartet hätte, die Lebensgeschichte erzählt zu bekommen, werde ich in diesem Fall von oben bis unten begutachtet, begleitet von den Worten: „Das heißt UND und bildet auch keinen abgeschlossenen Fragesatz! Also UND was?“

Moni
Nach diesem Erstkontakt gab es doch irgendwie wirklich noch ein erstes Date. Doch ich, Moni, war erstaunt darüber, was mir dieser Mann für Fragen stellte:

Frank: „Kannst du Rad fahren?“
Ich: „Na logo.“ Doofe Frage, wer kann das nicht?! Seine blauen Augen fangen an zu strahlen.
Frank: „Fährst du gerne Fahrrad?“
Ich: „Ja, eigentlich schon.“ Also mal in die Stadt zum Einkaufen oder so. Aber sein Gesichtsausdruck wirkt glücklich, er rückt interessiert näher heran.
Frank: „Welches Fahrrad fährst du?“
Ich: „Ein normales?“ Ähhh, was ist denn jetzt? Was soll ich denn bitte für ein Fahrrad fahren? Zwei Räder, ein Lenker mit Klingel, Sattel und Pedale. Was fahren die denn bitte in der Pfalz für Fahrräder?
Er schaut mich verdutzt an. Doch er lässt nicht locker:
„Welche Ausstattung?“
„Eins mit Fahrradkorb.“ Seine Mimik lässt Böses erahnen.
Frank: „Nein, welche Schaltkomponenten, Bremsen?“
Ich: „3-Gang mit Rücktritt, glaube ich.“ So verwirrt ich von seinen Fragen bin, so fasziniert bin ich von seinen Erzählungen, was er mit dem Rad auf seinen Reisen schon erlebt hat.
Unser Date endet mit einer Verabredung zu einer Radtour. Ich ziehe mich aus meiner Sicht sportlich, locker und leger an, mache mir die Haare und fahre auf meinem alten Damenrad zum Treffpunkt – in der Erwartung einer gemütlichen Ausfahrt in die Stadt, zum nächsten Eiscafé. Plötzlich und unerwartet taucht ein Typ vor mir auf, mit Helm, blau verspiegelter Brille und einem Lycra-Outfit, bei dessen Anblick ich als erstes an das Michelin-Männchen denke. Als zusätzliches klares Statement prangt auf seiner Brust die Aufschrift „Echte Kerle dopen nicht!“, und diese männliche Aussage wird vom stöckelschuhartigen Klang seiner Rad-Klick-Schuhe noch untermalt.

Grand Raid, perfektes Wetter, perfekte Landschaften. Für mich Nordseeküstenurlauberin war es wie ein Traum am Stausee Moiry (2.250m) entlang - wäre da vorher nur nicht der Pas-de-Lona gewesen.

"Und diese männliche Aussage wird vom stöckelschuhartigen Klang seiner Rad-Klick-Schuhe noch untermalt."

Frank
Okay, wir hatten anfangs unterschiedliche Auffassungen von einer gemütlichen Radtour. Mit der Zeit wurden die Touren länger und es folgten Wochenendtouren rund um den Harz oder in der Lüneburger Heide. Irgendwann stand sie dann an, die erste gemeinsame Reiseradtour mit den Mountainbikes und einem Anhänger im Schlepptau. Schnell wurde klar: nicht jeder ist jeden Tag gleich gut drauf. Was dazu führte, dass entweder der Vordere genervt war, weil es ihm zu langsam ging oder der Hintere, weil es von vorne diese Blicke zurück über die Schulter gab. Monis Lösungsvorschlag war simpel, aber sehr effektiv: Gepäck- bzw. Gewichtsumverteilung! Fuhr einer deutlich schneller als der andere, bekam er einfach mehr Gepäck vom Partner in den Anhänger, und siehe da – es funktionierte. Beide akzeptierten wir diese Regel ohne Murren und lösten damit einen „Hauptnerver“ in Luft auf. So machen wir es noch heute, auch bei Tagestouren. Was auch der Grund dafür ist, dass Moni meistens mit einem schweren Rucksack fährt!

Moni
Nachdem wir also einen Weg gefunden hatten, am Abend gleichglücklich ermüdet zu sein, waren unsere Touren viel harmonischer. Die erste Dreiwochentour führte uns quer durch Österreich und Slowenien sowie ins Soca-Tal zum Camp Vili. Es folgten noch viele weitere schöne Touren durch Tschechien, die Slowakei, die Schweiz, Kroatien und Italien; und die Zeit verging nicht nur während der Touren viel zu schnell, sondern auch im realen Leben. Jünger wurden wir auch nicht und das Radfahren rückte auch dank beruflicher Entwicklungen in den Hintergrund. Und Frank wuchs förmlich zu einem echten Michelin-Männchen heran. Doch irgendwie schmeckte das Leben auch etwas kräftiger gebaut noch zu gut. Eine Kehrtwende war nicht in Sicht.

Ich gönne mir ein Eis am Eis-Paddel-In, während Frank seinen Finger von der schwimmenden Ambulanz tackerln ließ. Danach brauchte er erst etwas Schmollzeit, bevor wir glücklich weiter paddeln konnten. Die Narbe am Finger ist dank des sauberen Venedigwassers aber deutlich sichtbar geblieben.

Frank
Radtouren erlebte ich eigentlich nur noch in Heften, und zufällig bin ich 2012 erstmalig auf die World of Mountainbike gestoßen. Darin gab es 2x2 Startplätze für den Grand Raid Cristalp in der Schweiz zu gewinnen; wir nahmen teil und gewannen. So steckten wir uns das Ziel, ihn auch zu finishen und fuhren in der Vorbereitung unsere ersten Mountainbike-Rennen. Mein Hauptziel war es, dieses Rennen wieder in meinem geliebten „Echte Kerle dopen nicht!“-Trikot fahren zu können. Ich passte mit Luftholen auch rechtzeitig wieder rein und das Abenteuer Cristalp machte richtig Spaß. So packte uns das Rennfieber und wir fuhren fast jedes Wochenende irgendwo zu einem Event. Wir reisten meistens freitags an, besichtigten und genossen samstags die lokalen Sehenswürdigkeiten und fuhren sonntags die Rennen. Wir verloren irgendwann die Übersicht, wo wir wann waren und unsere Familie stellte auch viele Fragen: Wo wart ihr? Was habt ihr erlebt? Wie erging es euch dabei? Dies war dann die Geburtsstunde unseres Blogs.

Moni
Wir erlebten viel, lernten viele Leute kennen und durften auch miterleben, wie in Peine eine neue Radbewegung entstand. Wenn auch auf seine Art ist Frank zuverlässig und ein lustiger Vogel und ich wünschte mir irgendwie eine festere Bindung. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass kurz vor meinem 30. Geburtstag die Torschlusspanikgespenster immer mächtiger wurden. Jedenfalls war ich mir sicher: wenn er jemals um meine Hand anhalten würde, dann irgendwie in Verbindung mit dem Thema Rad. Und so war ich schon fast enttäuscht, als Frank mir erklärte: in unserem nächsten Urlaub lernen wir Kajakfahren auf der Soca.

In der zwölf Kilometer langen Schlussabfahrt des Grand Raid vom Basset de Lona (2.792m) nach Grimetz (1.570m) habe ich mehr als einmal alles verflucht, was ich jemals gegessen habe. Meine Finger verkrampften sich an der Bremse, doch jedes Gramm Körpergewicht drückte mich gefühlt weiter viel zu schnell Richtung Tal, und alles, aber wirklich alles, wackelte bei jedem Stein wie Wackelpudding an mir.

Frank
Mit Moni hab ich nun schon öfters Freud und Leid geteilt; es war an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. Doch ich war mir sicher: wenn, dann erwartet sie die berühmte Frage irgendwann irgendwo auf einem einsamen Pass mit Fernblick und dem Fahrrad unterm Bobbes. Doch in meinem Kopf reifte ein anderer Plan heran: Mit dem Kajak nach Venedig und sie dort auf dem Markusplatz fragen. Im Netz fand ich dann den Hinweis, man solle die Wellen in Venedig und auf dem Meer nicht unterschätzen. Somit buchte ich uns als Vorbereitung für diese Aktion im Soca-Tal einen Wildwasserkajak-Einsteigerkurs. Nachdem wir diesen gemeistert hatten, weihte ich Moni in meinen Plan ein, Venedig mit dem Kajak zu besichtigen.

Moni
Was für eine bekloppte Idee: Mit Wildwasserkajaks übers Meer nach Venedig! Mein Herz pochte wie verrückt alleine bei dem Gedanken daran, dass uns ein größeres Schiff übersehen könnte. Ich dachte an vieles, aber nicht daran, dass Frank mich bei dieser Aktion ohne Fahrrad fragen würde.

Eigentlich wollten wir nur eine kleine Tour in der Sonne drehen, doch daraus wurde ein Oster-Roadtrip durch acht Länder mit 4.000 Kilomter und 43.000 Höhenmeter. Es war einfach nur schön, und so entstand aus das Bild an der Adria auf dem Radweg Parenzana. Genau für solche Aktionen liebe ich Frank.

Frank
Sehr lange habe ich diesen Tag geplant, habe mir diverse romantische Stellen in Venedig rausgesucht und kann es nun kaum erwarten. Sehr früh schickt uns der Wecker raus ans Meer. Aber außer Nebel sehen wir nichts. Egal, sag ich - solange ich die Bojen sehe, kann ich uns auch vom Lido nach Venedig navigieren. Gesagt, getan sind wir mit unseren Nussschalen auf dem Meer und der Nebel verschluckt uns. Keine fünf Meter weit können wir sehen. Die Boje, an der wir uns nun festhalten, ist der einzige nutzbare Orientierungspunkt. Wir beschließen, wieder umzukehren und später einen erneuten Versucht zu starten. Doch es dauert fast eine Stunde, bevor wir zurück am Startort sind und weitere zwei Stunden, bis man wieder die nächste Boje und Venedig als Silhouette am Horizont erkennen kann. Was nun folgt, ist eine Aneinanderreihung von Fehlschlägen: Anlanden am Markusplatz - mit dem Kajak unmöglich. Jegliche Möglichkeit, direkt an einer Sehenswürdigkeit auszusteigen, wird durch die Masse an Gondolieren zunichte gemacht. Schließlich finden wir doch noch eine Möglichkeit zum Anlanden und ich eine Gelegenheit, mir an einer Muschel den Finger bis auf den Knochen aufzuschneiden. Aber es gibt hier schwimmende Ambulanzen und der Finger wird noch auf dem Wasser getackert und verarztet. Meine Stimmung wird immer schlechter – und dabei sollte es doch ein so schöner Tag werden.
Moni
So ein abenteuerlicher Tag, und Venedig ist vom Kajak aus wirklich etwas ganz Besonderes. Auf dem Canale Grande allerdings ist der Wellengang dank Schiffsverkehr heftiger als auf der Soca und vom Lärm will ich hier erst gar nicht reden. Aber es ist trotzdem einfach schön und total spannend.

"Und so war ich schon fast enttäuscht, als Frank mir erklärte: in unserem nächsten Urlaub lernen wir Kajakfahren auf der Soca."

Frank
Am späten Nachmittag finden wir erstmals ein ruhiges Eck in Venedig, ich bin leicht genervt und aufgeregt zugleich. Bevor nun noch irgendetwas dazwischen kommt, frage ich einfach: Willst du meine Frau werden?

Moni
Ich gab ihm als Antwort: „Ja, aber hättest es ruhig an einem romantischeren Ort mit mehr Hingabe fragen können!“

Frank
Jetzt bleibt die große Frage: was hat diese Story überhaupt mit Mountainbike fahren zu tun? Zugegeben: bis hierhin nicht viel. Aber es ist der Anfang des Weges zum Ziel unserer Hochzeitsreise, ein MTB-Etappenrennen im Himalaya!

nach oben