Mountainbiken in Lienz/Osttirol

Text Caroline Nantke Bild Andreas Meyer
Geschichten

Der wirkliche Geheimtipp in der alpinen Bike-Landschaft

Mountainbiken in Lienz, Osttirol, ist ein Geheimtipp in der Bike-Landschaft. Hier gibt es noch die einsamen Plätze inmitten einer überwältigen Bergkulisse.

Aus der Osttirol

 
 

Hier gibt es sie noch, die einsamen ursprünglichen Plätze inmitten einer überwältigenden Bergkulisse. Die Hauptdarsteller unzählige Gipfel jenseits der 3.000 Meter Marke. Die Region mit hochalpinen Flair lässt Naturliebhaber aufatmen. Die Landschaft rund um Lienz ist bezaubernd und ausgesprochen kontrastreich. Der weitläufige Lienzer Talboden erstreckt sich in sanftem grün, im Gegensatz dazu ragen die schroffen Felsnadeln der Lienzer Dolomiten in den Himmel.
Tatsächlich gehört diese eindrucksvolle Bergkette aus geologischer Sicht nicht zu den Dolomiten, sie sind Teil der nördlichen Kalkalpen, aber wegen ihrer Nähe und ihres Aussehens wurde den Bergen rund um Lienz diese die „Dolomiten-Ehre“ zuteil.

Gleich hinterm Streichelzoo findet ihr uns, so die Anweisung die ich per Telefon erhalte. Wir stehen vor der Moosalm auf ca. 1000 Metern, am Schlossberg, dem Hausberg von Lienz, im Skigebiet Zettersfeld - Hochstein.
Hier herrscht ein reges Treiben. Kein Wunder denn das familienfreundliche Angebot, neben wunderschöner Wanderungen mit panoramareicher Hütteneinkehr, reicht vom Waldspielplatz, über den Streichelzoo, zur Sommerrodelbahn bis hin zum größten Hochseilgarten von Oberkärnten, Osttirol und Tirol. Nun soll das Freizeitangebot um einen Bikepark erweitert und damit noch attraktiver gestaltet werden. Das wollen wir uns genauer anschauen! Wir laufen los und umrunden, das Gehege in dem sich Minipferde, Schafe, Ziegen, Kaninchen und andere Tiere tummeln, die sich bereitwillig von den vielen kleinen Kinderhänden streicheln lassen.
Kurze Zeit später befinden wir uns auf der noch skizzenhaft wirkenden Linie der neuen Downhillstrecke. Nach ein paar Metern sehen wir auch schon den kleinen Bagger und den vier köpfigen Bautrupp.

Qualität am Bau in Osttirol

René Unterwurzacher, der Initiator der neuen Strecken, heißt uns willkommen und macht uns mit dem Rest des Teams bekannt. Mathias von der Firma Alpreif ist Projektleiter und achtet auf den reibungslosen Ablauf und die genaue Umsetzung der geplanten Projekte. Nadine und Tim sind professionelle Trailbauer der Firma Trailtech und sorgen mit viel Know How und tatkräftiger Unterstützung ihres jungen Traildogs Flóki für Qualität beim Bau. Der kleine Racker buddelt und tobt sich auch gleich in unsere Herzen und ist der heimliche Star der Szenerie.
Hier am Hochstein entsteht ein neuer Bikepark. Geplant sind vorerst fünf Strecken, in allen Schwierigkeitsgraden von blau bis schwarz und eine Verleihstation, erzählt René Unterwurzacher nicht ohne Stolz und voller Enthusiasmus. Es steckt viel Herzblut dahinter, immerhin hat er sich nun acht Jahre lang dafür eingesetzt und sogar einen Verein gegründet um dieses Projekt ins Rollen zu bringen. Letztlich sprachen die Fakten für sich und sowohl die Bergbahnen, als auch der Tourismus ließen sich davon überzeugen, dass der Park ein Rettungsanker für die gebeutelte und äußerst schneearme Region ist. Der letzte Winter war mau, geschneit hat es erst ab Ende Januar und dann auch nur geschätzte 30 cm und die Jahre zuvor waren auch nicht wesentlich ergiebiger. Es bot sich hier das gleiche Bild wie vieler Orts, die Pisten, die sich wie weiße Adern durch die Berge ziehen und rundherum grüne Wiesen. Die Winter sind kurz und kostenintensiv, allein durch die Beschneiungsanlagen, Instandhaltungskosten und die Personalkosten.

Die neue Zielgruppe Mountainbiker

Kurze Winter bedeuten allerdings lange Sommer und so rücken die Biker als neue Zielgruppe ins Visier. Der Park soll vielseitig werden und ein breites Publikum ansprechen. Die Betreiber legen dabei viel Wert auf Nachhaltigkeit und Qualität. Auf der Downhillstrecke sollen einmal Rennen wie beispielsweise der IXS Cup stattfinden. Die blauen Strecken hingegen sollen für jeden befahrbar sein. Auch ein Funpark für Kids ist angedacht, der im Tal vermutlich fast immer Schneefrei ist und somit noch spät im Herbst eine alternative zur Piste bietet.

René verabschiedet sich er muss noch zu einer Strecken Besichtigung in Zettersfeld dem Berg gegenüber. Dieser Sonnenberg wäre prädestiniert um mit weiteren Strecken das Angebot zu vervielfältigen. Dort könnte sogar noch früher in den Saision gestartet werden, auf dem Südhang bleibt es selten lange weiß. Im Moment ist das allerdings noch eher eine Idee als ein konkretes Projekt. Doch auch dies macht deutlich, die Region ist in Aufbruchsstimmung, die Protagonisten sind enthusiastisch und voller Tatendrang um uns Bikern eine neue Region schmackhaft zu machen.

Am nächsten Morgen treffen wir Bernhard Pichler vom Tourismusverband Osttirol, der uns beim Frühstück einige Infos mit auf den Weg gibt. Bernhard ist selbst passionierter Biker und seine Augen leuchten, wenn er von den nicht enden wollenden Routenmöglichkeiten philosophier. Es ist alles möglich, bis hin zur grenzüberschreitenden Mehrtagestour nach Italien, schwärmt er. Das klingt so verlockend ich werde es mir auf jeden Fall merken.
In der gesamten Region gibt es mehr als 500 Kilometerm ausgewiesene Mountainbike-Strecken und das Angebot wird stetig erweitert.

Trails über Trails

Wir ziehen weiter und machen uns auf den Weg nach in Kals am Großglockner, wo wir bereits von Robert Trenkwalder vom Tourismusverband erwartet werden.
Die Gondel setzt sich ruckelnd in Bewegung, schwebt langsam Richtung Bergstation und gewährt einen wunderschönen Ausblick über das Kalsertal.
Robert lenkt meine Aufmerksamkeit auf das Geschehen unter uns. Wie eine riesengroße gefräßige Raupe frisst sich ein Schreitbagger durch die Grasnarbe des Hangs und modelliert dabei eine vielversprechende kurvige- und wellenreiche Spur. Hier entsteht eine ca. 4 Km lange neue familienfreundliche Bikestrecke von der Berg- bis zur Mittelstation. Um Zeit zu sparen wird gleichzeitig von oben und unten gearbeitet, so dass die zwei Bagger irgendwann aufeinandertreffen.

Auch in Kals wird also emsig an neuen Bike Strecken gearbeitet, doch die tourismusorientierte Gemeinde will damit nicht in Konkurrenz mit anderen Destinationen treten, sondern ein Zusatzangebot schaffen um die hiesige Qualität zu verbessern. Insgesamt soll es drei Strecken geben. Eine schwarze ist bereits fertiggestellt, die blaue wird derzeit gebaut und soll im Sommer 2018 in Betrieb genommen werden und eine weitere rote Strecke ist in Planung.

Wir nähern uns der Bergstation mit dem futuristisch anmutenden Bergrestaurant „Adlerlounge“. Die Location ist schon außergewöhnlich, hier treffen Architektur, Berg und Kulinarik aufeinander und wer mag, der kann sogar in einer der exklusiven Designer-Suiten übernachten.

Die Tür (der Gondel) öffnet sich mit einem energischen Ruck und gibt den Weg frei zu einer Plattform. Der Wind ist hier auf 2.405m angenehm frisch, ich nehme einen tiefen Atemzug und lasse mich überwältigen von dem hochalpinen Panorama der vielen 3.000er. Im Rundumblick reihen sich Glockner-, Schober-, Granatspitz- und Venedigergruppe aneinander. Es fällt schwer sich loszureißen vom Anblick dieser wunderschönen schroffen Giganten. Doch Robert möchte uns mit Stefan bekannt machen, er ist Bikeguide und Teil des hiesigen Bauteams. Während wir gemeinsam den obligatorischen Kaiserschmarrn und einen Kaffee mit Luxus-Ausblick genießen, erzählt Stefan von der, vor wenigen Monaten fertig gestellten schwarzen Strecke, dem Gornerwaldtrail, den die Trailbauer mit viel Schweiß und Herzblut in Handarbeit geshaped haben.
Wir sind gespannt und können es kaum erwarten diesen unter die Stollen zu nehmen. Nach der ausgiebigen Stärkung folgen wir voller Vorfreude unserem Guide über den anfangs recht steilen und gerölligen Pfad, der sich nach einigen Metern in einem flowiger Panoramatrail verwandelt. Wir begegnen ein paar Wanderern, freundlich wird sich gegenseitig gegrüßt, hier teilen wir uns den Weg, das klappt bisher hervorragend so der Guide. Kurz darauf stehen wir aber vor dem exklusiv Angebot für Biker. Dem Gornerwaldtrail.

Ich höre noch die die Warnung „Achtung der Trail startet mit einem kleinen Drop“... na dann... hier wird wohl gleich zu Beginn die Spreu vom Weizen getrennt. Wir tauchen ab in den Wald, jagen über steile Anlieger und einige kleine Sprünge, zu denen es aber immer eine Umfahrung gibt. In weiten Teilen führt die Strecke über den ehemaligen naturbelassenen Steig, mit 4,7 km und 700 Tiefenmeter ein üppiges Trail-Vergnügen.
Heute haben wir Sonnenschein, doch der Regen der vergangenen versprüht noch sein Aroma. Es riecht hier förmlich nach feuchter Erde, Moos und den Pilzen die überall rechts und links aus dem Boden sprießen.
Der abwechslungsreiche und noch wenig befahrene Trail ist in ausgezeichnetem Zustand, ein großes Plus neuen Bike-Region, die Wege sind herrlich frisch und unsere Abfahrten sind ständig vom Gefühl begleitet Trail-Pioniere zu sein.
Unten angekommen genügt ein Blick in die Runde, wir sind uns einig! Dies Gefühl wollen wir uns ein zweites Mal gönnen und beeilen uns, die letzte Bahn zu erwischen.

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