Monatsfrau – Ronja Eibl

Text Judith Lell-Wagener Bild EGO-Promotion
Kurvenreich

Gefeiertes Cross Country Nachwuchstalent

Ronja Eibl ist die große deutsche Radsporthoffnung. Spätestens mit ihrem legendären Auftritt im Team Relay bei der Cross Country WM in Lenzerheide, bei dem die damals gerade 19 Jährige der deutschen Mannschaft den Weg – an Jolanda Neff vorbei – zur Silbermedaille ebnete, katapultierte sie sich ins öffentliche Bewusstsein und in die Herzen der Radsportfans. Ende 2019 wird die zierliche Schwäbin zur Rad Net Radsportlerin des Jahres gekürt. Dazwischen liegt eine atemberaubende Erfolgsserie, die über die U23 Klasse bis weit hinein in die Elite Kategorie reicht. Ihren Traum vom Einstieg in die Profiliga hat sie sich dabei bereits erfüllt, und der olympische Traum könnte vielleicht schon 2020 wahr werden …

 
 
Monatsfrau - Ronja Eibl

"Am meisten liebe ich die Erleichterung und die Explosion der Emotionen nach einem guten Rennen."

Judith Lell-Wagener: Ronja, wenn jemand so erfolgreich ist wie du – noch dazu in so jungen Jahren –, ist es natürlich immer spannend zu hören, wie dieser Mensch dorthin gekommen ist. Wie war das bei dir? Was waren die wichtigsten Eckpunkte deiner bisherigen Karriere?

Ronja Eibl : Ich war schon immer sehr aktiv, habe einige Sportarten ausprobiert, bis ich schließlich beim Radsport hängengeblieben bin. Zum Radsport bin ich durch meinen Vater gekommen, der jedes Jahr am Albstadt Bike Marathon teilnahm. Im Sommer 2009 wurde in dem Rahmen auch ein Kinderrennen veranstaltet, an welchem ich dann teilnahm und prompt auf dem Podium landete. Im selben Jahr wurden wir noch Mitglied im Verein RSG Zollernalb und ich fuhr vorerst Rennrad. Im Jahr darauf versuchte ich mich auch im Mountainbiken und merkte, dass mir das mehr Spaß macht, und so fuhr ich ab 2011 eigentlich nur noch MTB.

Judith Lell-Wagener: Wer oder auch was hat dich dorthin gebracht, wo du heute sportlich stehst?

Ronja Eibl : Zum Sport selbst hat mich auf jeden Fall mein Vater gebracht. Die Unterstützung und Förderung und vor allem die Hoffnung in mir sah vorerst der Ehrenvorsitzende unseres Vereins Hans Schmedtlevin, der mich auch liebend gerne im Straßenradsport behalten hätte. Dort, wo ich mittlerweile stehe, wäre ich aber auch sicherlich nicht ohne meinen Trainer Bernhard Mast-Sindlinger hingekommen, der mich seit dem ersten Vereinstraining trainiert. Natürlich gehören auch Ehrgeiz, Wille und ein wenig Perfektionis­mus dazu, wovon ich manchmal vielleicht fast ein bisschen zu viel habe …

Judith Lell-Wagener: Wenn du zurückblickst: Leistungssport, Schule und das „normale“ Leben als Jugendlicher – wie (gut) konntest du das alles unter einen Hut bringen?

Ronja Eibl : Schule und Sport hat bei mir eigentlich immer gut funktioniert, da ich nie wirklich viel lernen musste, sondern versucht habe, in der Schule so viel wie möglich mitzunehmen. Zugegebenermaßen hab’ ich schon manchmal auf unerlaubte Mittel zurückgegriffen – ich hoffe, das liest jetzt keiner meiner ehemaligen Lehrer … Auf weitere Freizeitgestaltung musste ich aber des Öfteren verzichten oder zumindest genau planen. Ich nehme jede Möglichkeit wahr, etwas mit meinen Freunden zu unternehmen, dann bin ich auch freiwillig der „Fahrer“ oder gehe etwas früher, aber das ist schon okay.

Monatsfrau - Ronja Eibl

Matsch und Regen schrecken Ronja nicht ab - im Gegenteil. Bild Armin Kuestenbrueck, EGO-Promotion

Judith Lell-Wagener: Wann und woher kam dann schließlich der Wunsch, das Mountainbiken zur Profession zu machen? Wurdest du gezielt dahingehend gefördert, hat sich das einfach so entwickelt oder gab es vielleicht sogar ein entscheidendes Momentum für dich?

Ronja Eibl: Ich könnte jetzt kein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Phase nennen, in welcher ich mich dazu entschieden habe, den Sport zum Beruf zu machen. Das hat sich einfach so entwickelt. Ich habe schon ganz am Anfang meiner „Radsportkarriere“ Autogramme und Poster beim Weltcup in Albstadt gesammelt und davon geträumt, auch mal dort zu fahren; aber von damals bis jetzt war gefühlsmäßig ein fließender Übergang.

Judith Lell-Wagener: Welchen Moment beim oder rund ums Rennenfahren liebst du am meisten? Und welchen vielleicht weniger?

Ronja Eibl: Am meisten liebe ich die Erleichterung und die Explosion von Emotionen nach einem guten Rennen und natürlich den Wettkampf an sich, speziell das Adrenalin und das An seine Grenzen gehen. Weniger beliebt ist bei mir die Phase zwischen Frühstücken und Startschuss, vor allem, wenn das Rennen erst später am Tag ist und man gefühlt ewig darauf wartet, dass es endlich losgeht.

Judith Lell-Wagener: Dein Traum von einer Profikarriere als Mountainbikerin ist dann tatsächlich sehr schnell Wirklichkeit geworden. Was hat sich dadurch für dich verändert?

Ronja Eibl: Ich nehme das, glaube ich, selbst nicht so wahr wie die Menschen um mich herum. Ich bin immer noch Ronja, die ein paar Mal in der Woche mit ihrem Vater Fahrrad fahren geht und am Wochenende Rennen fährt, nur heißt es jetzt nicht mehr Alb Gold Juniors Cup, sondern Weltcup, und die Anreise ist ein bisschen weiter, dafür komme ich aber auch an viele schöne Orte, zu denen ich sonst bestimmt nie gereist wäre.

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Eine gute Fahrtechnik ist schon heute eine von Ronjas Stärken und für sie die beste Methode, im Rennen Zeit rauszuholen. Bild Max Fuchs, EGO-Promotion

Judith Lell-Wagener: Du hast letztes Jahr Abitur gemacht. Bist du heute zu 100 Prozent Bikeprofi oder fährst du beruflich vielmehr „zweigleisig“?

Ronja Eibl: Ich habe im November die Grundausbildung bei der Bundeswehr gemacht, bin also fortan Sportsoldat, strebe aber ein Studium in Medizin ab April oder spätestens ab Oktober an. Mir ist wichtig, ein zweites Standbein aufzubauen, weil es im Sport oft schnell aus sein kann.

Judith Lell-Wagener: Dein aktuelles Team Alpecin-Fenix ist in der gesamten Radsportwelt unterwegs und setzt auch auf Erfolge auf der Straße und im Cyclocross. Wie ist das bei dir: Bist du eine reinrassige MTB Spezialistin?

Ronja Eibl: Im Moment ja. Ich möchte mich im Jahr 2020 auf die Heim WM und die Olympischen Spiele in Tokio konzentrieren. Für nächsten Winter ist der Plan, Cyclocross zu versuchen, und ich werde auch sicher mal wieder an Straßenrennen teilnehmen, aber einen genauen Plan habe ich noch nicht.

Judith Lell-Wagener: Deinen unglaublichen Erfolg im vergangenen Jahr hast du unter anderem auch der Tatsache zugesprochen, dass du kaum mit Erwartungen (eigenen wie auch solchen von außen) konfrontiert warst. Wie ist das heute?

Ronja Eibl: Die Erwartungen steigen mit den Ergebnissen, würde ich sagen. Mir wurde eigentlich noch nie von außen Druck gemacht, weder von meinen Eltern noch von meinem Trainer noch von meinem Team – im Gegenteil. Die Menschen um mich herum versuchen eher, mir den Druck zu nehmen, den ich mir manchmal selbst mache.

Judith Lell-Wagener: Vergangene Saison bist du noch zwischen den Welten gewandert, bist bei Weltcuprennen in der U23 Klasse an den Start gegangen, in der internationalen Bundesliga Serie aber bereits (mehr als erfolgreich) in der Elite Klasse gefahren. Wo fühlst du dich mehr zu Hause? Und wie wirst du das 2020 handhaben?

Ronja Eibl: Das war tatsächlich eine lange Überlegung. Schlussendlich haben mir aber mehrere Menschen, deren Meinung und Ansichten ich sehr schätze, dazu geraten, noch ein weiteres Jahr offiziell in der U23 Kategorie zu starten. Ich finde es cool, außerhalb des Weltcups auch in der Elite zu starten, aber ich mag es ehrlich gesagt auch, das erste Rennen des Tages zu haben und dann meine Freunde und Teamkollegen anzufeuern.

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Wann immer möglich, ist er an ihrer Seite: Ronjas Vater, der auch den Grundstein für ihren Erfolg legte. Bild EGO-Promotion

Judith Lell-Wagener: Du hast es schon erwähnt – du träumst von Olympia, wenn möglich bereits 2020 in Tokio. Was erwartest du dort von dir selbst. Ist dabei sein alles?

Ronja Eibl: Momentan ja, aber wie bereits erwähnt, steigen die Erwartungen mit den Ergebnissen. Wenn ich ungefähr weiß, wo ich nächstes Jahr stehe, werden in die Erwartungen sicher Zahlen einfließen.

Judith Lell-Wagener: Im kommenden Jahr ist nicht nur Olympia ein Highlight, sondern auch die XC WM in Albstadt, auf deiner „Heimstrecke“. Wie bereitest du dich auf diese besondere Saison vor?

Ronja Eibl: Ich weiß noch nicht, wie und ob ich mich besonders mental auf das Rennen vorbereiten muss. Ich werde aber sicher mehr Zeit auf der Strecke verbringen als in den vorherigen Jahren. Zudem werde ich für nächstes Jahr einen Fokus auf technisches Fahren legen, da ich denke, dass ich dort schon noch Potenzial habe; das ist schließlich die „lockerste“ Methode, im Rennen Zeit rauszuholen. Außerdem werde ich ein wenig an meinem Stabi Kraft Training verändern, um allgemein mehr Stabilität auf dem Rad zu bekommen.

Judith Lell-Wagener: Ähnlich wie Jolanda Neff magst auch du nasse Bedingungen und technische Strecken gern und deine Fahrtechnik ist herausragend: Woher kommt das? Trainierst du sie gezielt? Und wenn ja: Wo und wie gelingt dir das in einem Land mit „Zwei Meter Regel“?

Ronja Eibl: Eigentlich trainiere ich das nicht speziell. Ich merke jedes Jahr am Saisonanfang, wenn man den Winter über kaum im Gelände unterwegs war, dass das Gefühl auf dem Rad nicht so sicher ist, aber nach ein paar Rennen kommt das automatisch wieder. Ich denke, am ehesten „trainiere“ ich das in den Rennen selbst oder indem ich Trails in mein Training integriere. Ich hatte Gott sei Dank noch nicht viele Begegnungen mit (wie man bei uns sagen würde) „grantigen“ Wanderern, aber ich versuche mich an sonnigen Wochenenden von schmalen, gut besuchten Wanderwegen fernzuhalten.

Judith Lell-Wagener: Du engagierst dich auch als „Botschafterin“ für die XC WM in Albstadt. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?

Ronja Eibl: Das weiß ich selbst noch nicht so richtig. Wir haben letztes Jahr mal ein Fotoshooting für Flyer und Poster und so was gemacht – ich war ja auch 2019 schon darauf zu sehen. Außerdem kommen noch einige Interviews und Pressetermine auf mich zu, im Moment aber nichts Außergewöhnliches. Was cool ist, ist, dass ich mit im Komitee sitze und einige Dinge früher erfahre oder auch ein paar Ideen einbringen kann.

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