Bikepark in Bio – Kontrastprogramm Leogang

Text Hannah Röther Bild David Schultheiss
Reise

Leogang-Saalfelden
Downhill-Weltcup und Bio-Joghurt

Leogang – wenn der Name des kleinen Pinzgauer Örtchens fällt, ist Fernweh seit jeher vorprogrammiert. Leogang klingt nach Abenteuer, endlosen Bikeparktagen, ungezählten Tiefenmetern, Anliegern und Drops, spannenden Menschen, Airtime, Urlaub, Freiheit. Schon am Anfang meines Biker-Lebens war der Name ein Begriff, wurde von Freunden immer wieder schwärmend als Garant für beste Gravity-Action genannt. Dass der Bikepark auch Gastgeber für den UCI Downhill-Worldcup ist, feuerte die Neugier nur noch mehr an. Im weit entfernten Leogang, so meine Überzeugung, müssen Bikermärchen wahr werden. Ein kleiner Traum geht also in Erfüllung, als wir endlich die Gemeinde im Tal zwischen Leoganger Steinbergen und Kitzbüheler Alpen ansteuern. Doch, wie so oft, kam alles ein wenig anders. Leogang weckt auch nach unserem Besuch die Sehnsucht von damals, nur spielen Bio-Joghurt und glückliche Kühe dabei eine unerwartet hohe Rolle.

 
 

Mit Nadia Blumenkamp haben wir die perfekte Gastgeberin in Leogang gefunden.

Nach Zirbenholz duftende Zimmer

Schuld an dieser Horizonterweiterung ist Nadja Blumenkamp, Geschäftsführerin des Rupertus Landhotels. Ihr Hotel ist eine Oase der Gesundheit – vom Frühstück über den Wellnessbereich bis hin zu den Zimmern ist alles Bio und aus natürlichen Materialen gestaltet. Die Zimmer haben klingende Namen wie „Bio-Suite“ oder „Natur-Suite“, die Böden und Möbel sind aus Zirbenholz, die Bettwäsche aus Baumwolle, der Teich im Wellness-Bereich naturbelassen. Zunächst skeptisch, weil zu einem echten Bikepark-Wochenende für mich bis zu diesem Moment eine Nacht im Auto zwischen ungewaschenen Klamotten auf dem Parkplatz gehörte, muss ich mich diesem Wohlfühl-Klima schlichtweg ergeben. Alle viere von mir gestreckt, sinke ich in das gemütliche Bett des nach Zirbenholz duftenden Zimmers und werde nur durch einen Blick aus dem Fenster vorm sicheren Wellness-Aufenthalt gerettet: Keine 300 Meter vor dem Hotel erheben sich die Umrisse der Zielsprünge, die zur Worldcup-Strecke gehören, und die vielen kleinen und großen Drops, Northshores und Tables oberhalb der Talstation erinnern schlagartig an den Grund, warum wir hier sind: Bikepark shredden!

Flying Gangster und Bongo Bongo

Hangman I und II, Flying Gangster und Bongo Bongo heißen unsere Spielgründe an diesem Tag. Technische und enge Singletrailpassagen wechseln sich mit riesigen Anliegern und Wallrides ab, schon nach kurzer Zeit sind wir in dem ersehnten Bikepark-Flow: auf die Strecke, heizen, hier und da eine persönliche Grenze neu definieren, Glücksgefühle, unten ankommen, High-Five, wieder hoch. Es könnte ewig so weitergehen.

Leider reicht der Tag nicht aus, um auch noch die Singletrails außerhalb des Parks unter die Lupe zu nehmen. Der ganze Bikepark-Rummel lässt die wunderschönen Trailperlen, die in der Umgebung warten, oft in Vergessenheit geraten – dabei sollen sich diese besonders lohnen, am besten kombiniert mit einer Auffahrt mit der Asitz Kabinenbahn, auch der Anschluss zur Nachbarregion Saalbach ist ein Kinderspiel. Ausgepowert, wie wir sind, ist der nun anstehende Programmpunkt aber sowieso besser geeignet. Nadja erzählte uns, nachdem wir am Frühstück von dem Joghurt geschwärmt hatten, dass dieser von einem Bauern im Dorf selbst produziert und an Hotels und Privathaushalte ausgeliefert wird. Ein Besuch auf seinem Zieferhof würde sicher lohnen, in der Aussicht auf eine echte Verköstigung mit dem guten Zeugs hatten wir uns einen Abstecher dorthin fest vorgenommen.

Beim coolsten Bauern der Welt
„Wenn ihr ein Foto macht, ziehe ich aber noch schnell Lederhosn an“, ruft uns Bernhard Perwein zu, und eilt davon. Wir sehen uns solange schon mal auf dem Hof des Jungbauern um. Seine 30 Kühe stehen in einem zu allen Seiten offenen großzügigen Stall, aus Boxen kommt leise Volksmusik. „Für uns, nicht für die Kühe“, erklärt Bernhard lachend, als er wiederkommt. Dennoch hat man das Gefühl, dass sich die Kühe hier ähnlich fühlen wie wir im Landhotel Rupertus, nämlich pudelwohl. Die Stallungen sind so, dass die Tiere raus- und reingehen können, wie sie wollen, der offene Stall kühlt im Sommer und schützt im Winter vor Kälte. Bernhard führt uns geduldig in alle Geheimnisse der Kuhhaltung ein. Vom Kalben bis zum Herdenverhalten berichtet er mit einer solchen Begeisterung über seinen Beruf wie wir über einen Tag im Bikepark. Auch die eigene Vermarktung der Milch inklusive Joghurtproduktion ist ein Teil davon: ein Weg, den er bewusst eingeschlagen hat, um unabhängig zu werden von der Willkür großer Molkereien. Ich bin fasziniert und fange doch tatsächlich an, hier im Bike-Mekka Leogang, meine Gewohnheiten als Konsumentin infrage zu stellen. Würde Bernhard seine Produkte auch nach Deutschland liefern, ich wäre ab heute Abnehmerin. Nach dem Durchprobieren der verschiedenen Sorten Joghurt in der Küche, zu dem sich auch seine Mutter gesellt, fühlen wir uns langsam wie zu Besuch bei Freunden – und mein Bild von Leogang ist ein anderes. Ich komme wieder, wegen Anliegern, Wurzelteppichen und Northshores – und wegen Joghurt von dem wohl coolsten Bauern der Welt.

Nadja Blumenkamp (Landhotel Rupertus)

Leogang ist sehr kontrastreich, schon allein durch die landschaftlichen Gegebenheiten – die imposanten Steinberge im Norden und die sanften Grasberge im Süden. Für den Biker spannend, da für alle Interessen etwas geboten wird. Sei´s für den Genussradler am Radweg oder mit Kindern und Radanhänger, für den Downhiller im Bikepark oder den Sportbiker mit abwechslungsreichen Königsetappen. Die Freerider und Endurofahrer genießen den Bikezirkus mit fünf Gondeln als Aufstiegshilfe, der Nachwuchs wird gefördert im Mini-Bike-Park und bei den spannenden Trainingscamps. Und natürlich gibt es viele naturbelassene Strecken für Trailfahrer.

Der Wellnessbereich im Landhotel Rupertus ist durchaus einladend nach einem regenreichen Tag auf den Bikeparkstrecken.

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