Enduro Jura by Julbo

Text Daniel Eiermann & Jakob Breitwieser Bild Veranstalter & privat
Event

Enduro Jura

Daniel Eiermann und Jakob Breitwieser haben sich ins Jura aufgemacht, um das Rennen von François Bailly-Maître höchst professionell für euch auf Tauglichkeit zu testen. Vom ersten Tag berichtet Jakob, den zweiten beschreibt Daniel.

 
 

Grüne Wälder beim Enduro-Jura.

Freitagnachmittag wird der T4 wieder beladen, Domi und ich düsen nach Bern, sammeln dort den Herrn Eiermann ein und dann ab, weiter nach Les Moussières. Noch nie gehört? Komisch, beherbergt das Mini-Kaff mitten im schönen Haut-Jura nicht nur Käse und Kühe, sondern auch den Enduro-Pro François Bailly-Maître samt seinen Trainingsstrecken. 2015 lud er zur Prämiere des Enduro Jura ein und konnte auf Anhieb ein geniales Rennen präsentieren. Ehrensache, dass wir auch dieses Jahr wieder starten.

Angekommen im Rennbüro gibt es erst mal Freibier, Snacks und freundliche Begrüßungen. Atmosphärisch ist das Enduro Jura ganz vorne mit dabei. Als Begrüßungsgeschenk spendiert Hauptsponsor Julbo jedem der 120 Teilnehmer eine selbsttönende Goggle. Allein diese wäre die Fahrt ins Jura wert. Danach isst das gesamte Starterfeld gemeinsam zu Abend.
Ein Blick aus dem Fenster stellt mir allerdings etwas die Nackenhaare auf, denn es schüttet wie aus Eimern. Sorgte letztes Jahr schon Regen für rutschige Verhältnisse und mangels Schlammreifen für etliche Abgänge in die französische Botanik, verfluche ich mich selbst, schon wieder keine dabei zuhaben. Ich mache Fehler gleich zweimal, aber lernen tu ich nichts...(frei nach Hans Söllner). Nachts regnet es dann so stark, dass man vom Lärm der fallenden Regentropfen aufwacht. Na toll.
Auch am nächsten Morgen schüttet es fröhlich weiter. Die Reifenwahl der französischen Pros spricht Bände. Schlammreifen soweit das Auge reicht, teilweise sogar vorne und hinten. Bei den sonst Slick-liebenden Frenchies will das was heißen. Mein Magic Mary in harter Gummimischung wirkt auf einmal sehr, sehr poplig. Bei der Streckenbeschreibung ist gefühlt jedes zweite Wort „glissant“. Stage 1 sei rutschig, die zweite wäre dann très rutschig. Aber hilft ja nichts, wird schon nicht so schlimm werden. Ich unverbesserlicher Optimist.
Und tatsächlich, die erste Stage präsentiert sich ziemlich glatt. Aber ich komme – zwar wild umeinander driftend – ohne Sturz und recht flott unten an. Haah, kein Mensch braucht Schlammreifen jubiliert es in meinem Hirn.

"Haah, kein Mensch braucht Schlammreifen jubiliert es in meinem Hirn."

Aber Stage 2 sei ja erst richtig rutschig, dämpft ein Streckenposten meinen Anflug von Euphorie. Die ersten Meter rollen noch auf einem steinigen Weg, meine Reifen halten perfekt. Doch dann kippt der Trail einen Hang hinunter, mit den bisher rutschigsten Kehren, die ich bisher gefahren/gerutscht bin. Leck, ich brauch unbedingt Schlammreifen! Durch die Steilheit folgen die Kehren so schnell, dass ich irgendwann gar nicht mehr weiß, welchen Fuß ich ausklicken soll. Wie ein Volltrottel flutsche ich irgendwie den Berg hinunter. Aber ich schaffe es tatsächlich, nicht hinzufallen. Und eine Mordsgaudi hab ich auch noch.
Die folgende Verpflegung wird genutzt, um jedem seine wilden Abenteuergeschichten zu erzählen, die er auf den Stages erlebt hat. Außerdem gibt es wirklich sehr viel gutes Essen und Trinken. Danach geht es mit Shuttlebussen wieder hoch auf den Berg.
Stage 3 startet auf einem langen Grad, was ein sehr langes Tretstück zur Folge hat. Wie gewohnt fange ich die Treterei schwach an und lasse dann stark nach. Beim ersten schnellen Bergabstück will ich wieder Zeit gut machen und lass die Bremsen komplett offen. Im Hinterkopf, dass ich bei der Geschwindigkeits-Untergrund-Kombo wahrscheinlich erst wieder in Genf zum stoppen komme, schieße ich in eine Linkskurve. Und zack, mein Hinterrad – die Sau – überholt mich. Noch auf dem Rad mache ich fast einen 360 und platsche dann auf den Boden. Tut zum Glück nicht weh, wie ein Valentino Rossi rutsche ich die entstehende Energie einfach aus.

Es folgt Stage 4. Diese geht nur bergab, übertrifft aber in Punkto rutschen alles, was ich bisher erlebt habe. Mit meiner Reifenwahl bin ich komplett am Limit. Ist sehr lustig, aber nicht besonders schnell.
Stage 5 muss gestrichen werden. Bei Trockenheit das fahrtechnische Highlight, ist sie bei den Bedingungen zu gefährlich.
Dafür präsentiert sich die sechste Stage noch einmal als enorm spaßig. Daniel startet direkt hinter mir, jauchzend fräsen und schlittern wir zusammen den Trail hinunter. Unsere Freude scheint ansteckend zu sein, sodass wir Streckenposten und Zuschauer anstecken und zu großem Jubel hinreißen.
Am Abend ist wieder mit gesammelter Mannschaft ein großes Abendessen angesagt, sowie ein wirklich lustiges Programm, samt „Skinny Games“ und dem Dorfkomiker aus Les Moussières (der ist wirklich witzig, Französisch sprechen wird aber empfohlen). Ein Highlight ist Vincent, der das Freibierangebot ziemlich ernst nimmt, am nächsten morgen aber seinen Mann steht und am Ende die Masterswertung gewinnt. Respekt! 

Das klingt ja alles schon ziemlich toll, Herr Breitwieser. Was du aber verschwiegen hast, ist die anschliessende Putzorgie. Alles, und damit meine ich alles, ist nass und verdreckt. Aber hilft ja nix, oder wer will seinen Sonntagmorgen mit nassen und dreckigen Knieschonern und einem stinkenden Fullfacehelm beginnen. Eben: Niemand! Und so wird der Samstag nachmittag mit einer ausgiebigen Körper-, Bike- und Ausrüstungswäsche verbracht.
Als wir dann blitzsauber und hochmotiviert Sonntag früh am Start stehen, fragt uns François beunruhigt, ob wir die Wetterkapriolen bisher gut überstanden haben. Man merkt, dass er sich ernsthaft Sorgen um den Spass der Teilnehmer und sein Baby, das Enduro Jura, macht. Wenn man sich aber mal umschaut, stehen hier lauter gut gelaunte Menschen - im strömenden Regen und in aller Herrgotts Frühe. Wir können den Cheforganisator also beruhigen. Von ein wenig Wasser und Dreck lässt sich hier niemand das Wochenende verderben.
Im Gegenteil, der Tag startet mit Vorfreude auf das was da kommt: 3 ultralange Stages mit jeweils knapp 1000 Tiefenmeter oder sogar mehr stehen auf dem Programm. Und das Beste: Unten an der Verpflegungsstelle wartet jeweils der trockene und vorgeheizte Shuttlebus!

Die erste Stage ist eine Kombination aus den ersten beiden Abfahrten vom Vortag. Die „Superstage“ ist natürlich von einigen grobstolligen Reifen - Jakob und seinen Semislicks kann man da natürlich nur wenig Schuld geben - ziemlich umgraben und somit vom „Glissant“-Faktor eher am oberen Ende der Fahnenstange , zumindest der deutschen. Die Franzosen haben damit anscheinend eher weniger zu kämpfen und Jakob berichtet im Ziel, dass er im rutschigsten und steilsten Teil der Strecke sogar von einem Hardtail-Fahrer abgehängt wurde. Es wird vermutet, dass im heimischen Trinkwasser spezielle Substanzen zu finden sind; was auch den etwas „speziellen“ Geschmack erklären würde.
Der kurze Weg vom Bus zum Start der nächsten Abfahrt ist ausreichend lang um uns und unsere Räder von jeglichem Schlamm zu säubern. Wenigstens ein Zugeständnis von Petrus an die rund 120 Fahrer die hier im strömenden Regen auf ihren Start warten. Ich starte direkt hinter Jakob und merke schnell, dass ich mit meinen über nacht heimlich montierten Wetscream Supertacky Reifen doch einen kleinen Vorteil habe. Jubelnd kurven wir den ersten Teil der Stage zusammen bergab. Der Trail macht selbst im Dauerschiff saumässig Spass und ich überlege mir zwischendurch kurz, wie es wäre, wenn es hier mal trocken ist. Nicht auszudenken! Bevor ich den Gedankengang weiterverfolgen kann, fällt der Trail steil ins Tal ab. Von Matsch keine Spur mehr, es geht einen schmalen und teilweise extrem steilen Geröll-Singletrail bergab. Während Jakob seine Chance nutzt und es mit offenen Bremsen laufen lässt, bekomme ich etwas Angst um meine frisch operierte Hand und „warte“ lieber mal auf Balz. Warten ist hier übertrieben, denn unserer Schweizer Kollege von der Ride, weiss nicht nur wie man schreibt und Fotos macht, sonder auch wie man sauschnell Rad fährt. Immerhin war er der Junge schon mal U23-Weltmeister im XC. Und so kann ich auf dem Rest der Stage nur noch sein Hinterrad erahnen. Unten angekommen sind sich alle einig: Es war die nasseste, aber auch eine sehr sehr geile Stage. Quasi supergeil!

Wenn einer noch schneller tritt als Balz Weber dann ist es nur der Herr Breitwieser. Gestählt von speziellen Sprintintervallen führt er unser Dreier-Gespann dann auch in die letze Stage. Zusammen macht biken bekanntlich am meisten Spass und jubelnd und rutschend schiessen Balz und ich Jakob hinterher. Da er immer noch seinen Magic Semislick fàhrt, ist das von hinten wirklich spektakulär anzuschauen: Unterhaltung pur. 1140 Tiefenmeter und unzählige geniale Kurven später erreichen wir (Jakob natürlich, durch seine zahlreichen Sprinteinlagen, etwas früher) das Ziel. Ich bin ehrlich erleichtert und auch etwas stolz. Es ist das erste Rennen nach meinem Unfall und mein Ziel, sturzfrei durchzukommen, habe ich trotz übelster Bedingungen so gut wie erreicht. Auch Jakob kann mit dem 1. Platz - nach 10 etwas schnelleren Franzosen - sehr zufrieden sein. Als 19ter muss ich mich aber auch nicht verstecken und mit ein paar Spezialtrainingseinheiten nach Dr. Breitwieser bin ich hoffentlich zum anstehenden Enduro2-Teamrennen wieder auf der Höhe.

Noch ein paar Worte zur Organisation muss ich unbedingt loswerden. Während bei vielen anderen Rennen mit dem Zieleinlauf auch der allgemeine „Abbau“ beginnt, wartet für die Finisher des Enduro Jura nochmal eine ausgedehnte Verpflegungspause, bevor der Bus wieder Richtung Les Moussieres fàhrt. Obwohl wir alle total durchnässt und dreckig sind, keine Spur von Stress oder „ Bloß-Schnell-Heim“-Gehabe. Hier wurde wirklich mitgedacht und an jedem kleinen Detail spürt man, wieviel Herzblut in dieser Veranstaltung steckt. Noch ein kleines Beispiel: Die LKW`s mit unseren Rädern werden zum Waschplatz gebracht, während wir die Möglichkeit bekommen erstmal duschen zu gehen. In trockenen Klamotten und mit standesgemäßer Bratwurst und Bier in der Hand macht das Putzen dann doch gleich viel mehr Spass.

"Mit 230 € Euro bekommt man bei François und seinem motivierten Team ein Rundum-Sorglos-Paket mit Unterkunft, Essen, Shuttels und Abendprogramm. Für das Wetter kann niemand was, Atmosphäre und die Trails sind aber jeden Cent wert. Für erfahrene Enduropiloten ist das Enduro Jura also ein absoluter Tipp!"

Jerome Clementz hat sich schon mal seiner nassen Bekleidung entledigt.

So ganz genau wollen wir gar nicht wissen was das ist.

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