Mit dem Bike im Wuppertal

Text Norman Bielig Bild Marco Felgenhauer
Reise

Bergisches Land
Wuppertal

Den Vormittag noch in der Nähe von Köln verbracht, bahnen wir uns den Weg in Richtung Wuppertal. Zu unserem Erstaunen ist es hier sogar an den Autobahnen grün. Keine Industriebauten, Städte oder sonstige Anzeichen dichter Besiedlung sind hier zu sehen. Lediglich nahezu undurchlässiger grüner Wald fängt den Blick abseits der Autobahn ein – gute Vorzeichen für einige Stunden auf dem Bike, rund um Wuppertal mit den Bergisch Bikers United.

 
 

Gegensätze auf engem Raum

Christian Schmidt von ebenjener Bikegruppe, hat uns dazu eingeladen mit ihnen im Bergischen Land eine Runde zu drehen. Wir erreichen Wuppertal um die Mittagszeit und die Einfahrt in die Stadt offenbart nun endlich den Industriecharme den wir erwartet hatten. Wobei die Hauptstraße neben der Wupper mit der leider gerade stillstehenden Schwebebahn nicht unbedingt ein optisches Highlight darstellt, viele runtergekommene Häuser, die optisch lediglich von Fluss und Stahlkonstruktion der Bahn aufgewertet werden. Doch nur wenige Meter weiter verändert sich das Bild augenblicklich. Wir biegen in das Zooviertel ein, an deren Straßen sich alte Villen aufreihen mit großen Gärten und viel Grün - eine kleine Idylle. Hier treffen wir auch Christian und seine ganze Familie.
Der Nachwuchs turnt schon fleißig auf dem Laufrad. Ein hochwertiges Specialized, welches Papa noch vor der Geburt seines Sohnes kaufte. Mehr muss man über die Bikebegeisterung des Vaters wohl nicht mehr sagen. Neben ihm haben sich trotz normalen Arbeitstages drei weitere Mitglieder der Bergisch Bikers United eingefunden, Markus, Daniel und Frank.

Eisenbahnromantik ist hier durchaus bestimmend – der Weg aus der Stadt verluft auf einer ehemaligen Bahntrasse.

Inmitten von Löwen

Nachdem uns die ungefähre Route erklärt wurde, wir aber natürlich nach fünf Minuten die Hälfte schon wieder Vergessen hatten (ein tolles Gefühl sich mal nicht um die Strecke kümmern zu müssen, sondern einfach Locals hinterher fahren zu können), geht es auch schon los. Die erste Station ist ein längerer Anstieg - die Samba. Eine ehemalige Bahntrasse die aus Wuppertal heraus bis nach Cronenberg führt. Umgeben von Bäumen führt sie sanft ansteigend den Hügel hinauf, immer wieder finden sich entlang des Weges kurze Trailstücke und Abzweigungen ins Grüne. Das erste Teilstück führt gar direkt über den Raubtierbereich des Wuppertaler Zoos und so finden wir uns oberhalb des Löwenkäfigs, die sich am heutigen Tag aber leider nicht zeigen wollen.
Am Ende der Sambatrasse steht exemplarisch noch einer der alten Schienenbusse ausgestellt, welcher bis Ende der 80er Jahre Personen beförderte. Weitere Schienenbusse aus Wuppertal sind momentan im Ilztal bei Passau unterwegs, wie unser Fotograf von einem zurückliegenden Shooting erkannte.
In Cronenberg angekommen erwarten uns typische Schiefer- und alte Industriebauten, die einen recht reizvollen Anblick bieten. Nun wird es aber langsam Zeit für den ersten richtigen Trail, schließlich sind wir dafür hier hergekommen. Und tatsächlich werden wir nicht enttäuscht, zahlreiche 100 hm Abfahrten ziehen sich am Hang entlang, immer abwärts zur Wupper. Christian und seine Gruppe gibt ein ordentliches Tempo vor, schließlich wollen sie uns noch viel mehr Pfade ihrer Umgebung zeigen.

Kurze Verschnaufpause an der Strandbar.

Die dunkle Seite des Bergischen Landes

Doch nach 15 Kilometern ist es erst einmal Zeit für eine Erfrischung im Strandcafe. Fünf alkoholfreie Weizen und ein Kaffee werden bestellt, zwar werde ich für die Wahl meines Heißgetränks kritisch beäugt, aber aufgrund unserer kurzen Schlafdauer wird mir dieser Fauxpas genehmigt. Während der Siesta am Sandstrand der Wupper mit herrlicher Sonne im Gesicht, erklärt mir Christian, dass auf der anderen Flussseite bereits das Solingener Gebiet beginnt und damit die dunkle Seite des Bergischen Landes, wie er augenzwinkernd anfügt.
Weiter geht es nun am Hang wieder der Wupper entlang - schmale Pfade, ab und zu mit gehörigem Gefälle und kleineren Sprüngen. Die Jungs legen sich für die Fotos ins Zeug, fahren manche Stellen zwei, drei mal für ein Topergebnis. Ich bin währenddessen begeistert von den abwechslungsreichen Wegen und der Mischung von Landschaft und Industriecharme (den es hier tatsächlich hat). Die Schieferbauten scheinen gut in die Szenerie zu passen und unsere Erwartungen bezüglich Natur und Mountainbiketauglichkeit wurden weit übertroffen. Doch wir sind noch immer nicht am Ende der Tour. Weiter geht es auf einem schmalen Weg entlang der Wupper, teils durch dichtes Brennnesselgestrüpp und über morsches, altes Holz, immer weiter bis sich der Blick auf die Müngstener Brücke öffnet. Es handelt sich dabei um die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands, die sich mit einer gewaltigen Stahlkonstruktion über das Tal spannt.
Wir nehmen in sicherer Entfernung Platz, da die Brücke unter Selbstmördern recht beliebt sein soll, denn regelmäßig springe jemand gen Tal. Schnitzel und Pommes erweisen sich als adäquate Bikermahlzeit und das Interesse an Marcos Kameraausrüstung wächst während des Essens und die einzelnen Teile werden nach und nach begutachtet. Marco erzählt währenddessen noch ein wenig zu Body und Suchern, als plötzlich ein Fremder an den Tisch kommt und die Gruppe bezüglich ihrer Bikes ausfragt. Wie sich herausstellt, fährt Fragender auch Mountainbike und wie er uns im Gehen verrät, brauche er nun nach einem Enddarmriss ein vollgefedertes Rad. Nach fünf Sekunden Schweigen und dem Verschwinden des besagten Herren, prustet die gesamte Gruppe los, ein herrlich absurder Abschluss des Essens.

Die Architektur ist für uns Waldler einzigartig und immer wieder ein Blickfang.

Kraftakt

Die Rückkehr nach Wuppertal ist noch einmal ein kleiner Kraftakt, wir können zwischen lang und entspannt und kurz und knackig wählen. Da die Zeit aber drängt, fällt die Wahl auf kurz und knackig, so dass wir uns wenige Minuten von der Müngstener Brücke entfernt schon im Anstieg befinden. Steil bahnt sich der Weg nach Cronenburg auf den Hang, doch so erwischen wir auf der Höhe wenigstens noch die letzten Sonnenstrahlen. Auch hier wieder ein kleiner Vorort mit bester Sonnenlage, Schiefergebäuden und einem Haus, welches es uns allen angetan hat. Glasbalkon in Richtung Sonnenuntergang, ruhige Lage und ein hübscher Mix aus Tradition und Moderne. Ähnlich geht es uns auch mit dem Bergischen Land um Wuppertal: Alte Industriebauten, Villen aus der Gründerzeit, moderne Häuser und das alles umgeben von sehr viel Wald und Natur. Wir verabschieden Markus in Cronenberg und fahren nun die Sambatrasse zurück nach Wuppertal. Die sich zurückziehende Sonne lässt eine letzte Trailabfahrt leider nicht mehr zu. Zurück im Villenviertel beschließen wir die Ausfahrt standesgemäß mit einem Bier - ein Kaffee wird nun nicht mehr genehmigt.
Einige Stunden später als geplant fahren wir unter der Hochbahn zurück in Richtung Autobahn und machen uns auf zu unserem letzten Stopp im Dahner Felsenland.
Das Bergische Land um Wuppertal hat uns an diesem Nachmittag wirklich begeistert. Es erwarteten abwechslungsreiche Wege, eine spannende Kulturlandschaft und sehr viel Natur auf uns. Vor allem aber hatten wir mit den Bergisch Bikers United einen tollen Nachmittag auf ihren Hometrails. Diese Jungs sind eine angenehme Gruppe mit der richtigen Waage aus Rennambition und Fahrspaß. Wir sind uns sicher, dass wir hier nicht zum letzten Mal zum Biken waren.

Bergisch Bikers United>>

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