BC Bike Race 2013

Text Sönke Wegner
Geschichten

Into the wild

Langsam und lautlos gleitet die Fähre durch den Pazifik auf dem Weg von Horseshoe Bay nach Vancouver Island. Der Start für das siebentägige Mountainbike Etappenrennen fängt so ungewöhnlich an, wie das ganze Rennen sein wird: Einzigartig und ein Erlebnis für die Seele eines jeden Bikers. Merklich bin ich viel entspannter und ruhiger als sonst vor einem Rennen. Die Vorfreude und eine angenehme Nervosität lässt meinen Gemütszustand als zufrieden definieren. Ich fühle mich frei, in einem Land, das vor Freiheit nur so strotzt. Hohe schneebedeckte Gebirgsketten, tiefgrüne Wälder, Seen, Meere und um uns fremde Tiere kicken 550 Rennteilnehmer aus 26 Nationen raus aus dem Alltag in ein Singletrail-Abenteuer. All das wird in den folgenden sieben Tagen durch Sonnenschein und Hitze getoppt.

 
 

BC steht für British Columbia und ist eine sehr dünn besiedelte kanadische Provinz an der Küste des Pazifischen Ozeans und hat seine nördlichste Grenze an Alaska. Sicher bekannt ist die unglaubliche Trailvielfalt, die von internationalen Fahrern und Kanadischen Größen regelmäßig in Videos gezeigt werden. Magazine und Werbungen aus der Bike-Industrie sind voll von Fotos aus BC.

Endorphinrausch

Vom Hafen Nanaimo auf Vancouver Island fahren wir in gelben Schulbussen aus den 1970ern weiter durch große intakte Waldlandschaften, vorbei an Mooren und Seen auf einer doppelspurigen Straße, die nie ausgelastet zu sein scheint. Mir reicht´s ich muss auf die Trails. Das Abenteuer kann beginnen - Ich bin reif!
Die erste Etappe startet in Comox Valley in einer kleinen Stadt namens Cumberland, die Jahrzehnte vom Kohleabbau gelebt hat. Die große Straße, die durch den Ort führt und in einer Sackgasse endet, lässt das Herz eines jeden Western Fans höher schlagen. Auf ihr ist unser Start. Jeder schätzt seine Geschwindigkeit und Leistungsvermögen selber ein und stellt sich dementsprechend in die Startblöcke. Es funktioniert! Was man nun erleben darf, dass lässt sich schwer in Worte fassen.
Während eben noch Guns n` Roses „Welcome to the Jungle“ an der Startlinie den Ort überschallte, fahren wir jetzt genau durch diesen. Das Lied geht mir nicht mehr aus dem Kopf und begleitet mich auf Trails, die technisch sehr fordernd sind und einen in Unglauben versetzen. Die Strecken haben alle Namen, liebevoll ausgewählt: Bear´s Bait, Two Shieks and a Dog, Slither oder Tea Pot werden unter den Stollen verdichtet. Nie zuvor kamen mir in nur einem Rennen so viele Trails entgegen. Diese werden regelmäßig durch Trail Builder gepflegt und erweitert. Nur ein sehr geringer Anteil der gesamten Streckenführung wird auf breiteren Abschnitten, sogenannten Gravel- oder Doubletracks zurückgelegt.
So schnell er mich inhaliert hat, spuckt dieser überragende Dschungel mich auch wieder aus und so beende ich die Etappe neben den Fahrerzelten und einem kleinen Ausstellerbereich – vollkommen gestoked und durchflutet von Endorphinen.

Alle bereiten sich akribisch auf das BC Bike Race vor. Selbst die Fotografen und Filmer.

Take a Cookie

Die Zelte und Schlafstätten werden täglich aufgebaut von den Fahrern vorgefunden. Das wandernde Zeltlager ist fester Bestandteil und hat sich auch bei anderen Etappenrennen bewährt.
Hinzukommt ein tägliches Frühstück und abends eine warme Mahlzeit, die die regionale Küche unterstreicht. Aber auch auf den Cappuccino kann man sich in Kanada verlassen - im “Wandering Moose“ in Cumberland.
Doch nun steht meine erste Yogasession an, die ab jetzt mein täglicher Begleiter sein wird. Ryan Leech, bekannt als extremer Trialbiker und auch selber aktiver Teilnehmer beim BC Bike Race, führt ein tägliches Yogaprogramm für die Racer durch. Im Starterpaket war passend dafür auch eine Lululemon Yogamatte. Seine klare Stimme und Ausdrucksweise versetzen mich jedes Mal in einen angenehmen Gemütszustand, auch wenn ich oft in mich hineinlachen musste.
Die Etappenstartorte werden mit dem Bus oder der Fähre angefahren. So ist eine große Vielfalt möglich und man entdeckt das Land auch außerhalb des Renn-Tunnelblicks. Nach dem Start in Campbell River ist die Stimmung unter den Fahrern auf dem Höhepunkt. Als das geschlossene Hauptfeld einen breiten Schotterweg leicht abschüssig hinunterfährt, taucht plötzlich ein Schwarzbär auf und kreuzt unseren Weg. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste jeder: Wir sind “into the Wild“ und herzlich willkommen! Die Trails sind bestens präpariert und die Bevölkerung ist sehr erfreut über unsere Anwesenheit in ihren teils verschlafenen Örtchen. In Powell River werden wir frenetisch von den Bewohnern empfangen. Kinder schenken Getränke aus und verteilten an uns Postkarten oder Kekse. Wir rocken die Trails, lassen uns von der Bikelegende Brett Tippie in der Cheer Zone anfeuern, jagen die Enduro Sektionen herunter und genießen den Sonnenuntergang am Meer.

Ein besonderer Spirit

Mein Zelt steht keine zehn Meter vom Wasser entfernt. Ich vergesse, dass Rennen fahren oft auch Stress bedeutet. Dennoch stoße ich hier auch auf meine Grenzen. Die physische Belastung hinterlässt ihre Spuren. Extrem steile Anstiege, Hitze, Adrenalin, Laktat und nicht zu Letzt der Rennfahrerehrgeiz wirken zermürbend. Der Hunger nach Trails ist aber weiterhin nicht gestillt. Die Vorfreude auf die kommende Etappe bleibt bestehen. Das Essen schmeckt auch noch am fünften Tag. Das alles ist nicht immer so bei Etappenrennen. Es ist etwas ganz besonderes hier. Wir dürfen in Squamish auf dem Nelson-Trail fahren, der für eine Million kanadische Dollar gebaut wurde. Die Veranstalter trauen uns einiges zu, denn jeder Teilnehmer weiß, dass das BC Bike Race vielleicht nicht das physisch härteste, aber das Singletrail-lastigste Etappenrennen der Welt ist. Mit der Härte der Strecken werde ich auf der letzten Etappe im Bikepark von Whistler konfrontiert. Bei einem Überholmanöver am “Crank it Up“ überspringe ich die Landung und schlage unsanft auf dem Unterarm auf. Am Ende muss ich mit 8 Stichen genäht werden – besser als jedes Tattoo, für eine unvergessliche Erinnerung an die besten Trails der Welt.

Informationen

Infos:

BC Bike Race>>

Anmeldung:

Dafür solltet ihr sehr schnell sein. Das Rennen ist meist schon früh ausgebucht.
Startgebühr ca. 1800€

Essen:

Essen ist organsiert vom Veranstalter. Kostet jedoch nochmals ca. 450€. Oder man geht Essen. Kanada ist jedoch kein Billigland.

Flug:

Von Europa fliegt man nach Vancouver. Der Flug kostet ca. 1000€.

Rennmodus:

Es handelt sich um ein Etappenrennen mit sieben Etappen an sieben Tagen.
Die Etappenlänge liegt zwischen 30 und 60 Kilometern und hat maximal 1400 Höhenmeter.
Die Strecken verlaufen überwiegend auf Trails. Daher ist die Fahrzeit verhältnismäßig an.
Tägliche gibt es zwei Endurowertungen, die zusammenaddiert am Ende den schnellsten Endurofahrer ergeben. Man kann im Zweier-Team oder Solo starten.

Bike:

Es empfiehlt sich ein Fully. Hierbei kann man wählen, was gefällt, Racefully bis hin zum Enduro sind sinnvoll. Spaß hatten aber auch Racer mit Starrgabel und Singlespeed. Das ist meiner Meinung nach aber nicht zu empfehlen.

Übernachtung:

Geschlafen wird im Zweimannzelt. Hat man keinen Teampartner, so wird ein Tent Mate zugewiesen.

Davor / Danach:

Wer gerne ein paar Tage um das BCBR biken gehen möchte, der ist bestens bei CTR und Alta Expedition aufgehoben. Sie bieten Einzel- bis hin zu Mehrtagestouren an. Infos online erhältlich ab September unter
CA-Trailride>>

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