1.000 Meter über dem Rhônetal und irgendwie auch über den Dingen liegt die Moosalp. Inmitten der Rundhöckerlandschaft steht eine urchige Blockhütte. Sie ist das Werk Reto Gillis. Mehr als zehn Jahre lang leitete der gebürtige Luzerner das Iglu Dorf in Zermatt, die Sommer verbrachte er in der Wildnis Kanadas und Alaskas. Er war verblüfft, wie viel Kraft ihm das simple Dasein in der Natur schenkte. Dieses Gefühl der totalen Entschleunigung, des Bei sich seins wollte er mit in seine Wahlheimat bringen. Gesagt, getan. Er aktivierte seine Kenntnisse im Blockhaus-Bau und schon bald stand die „Projacks“ Hütte auf der Moosalp: eine saubere, gemütliche Hütte für Familien mit Kindern, für eine Handvoll Freunde oder Rad Vereine. Unwiderstehlich: die Sauna mit Bergblick und der holzbefeuerte Freiluft Hotpot.
Hütte, Hot Pot, Mountainbike
Das Abendessen wartet bereits auf uns. Gemeinsam mit Retos Sohn Jack sitzen wir um das prasselnde Lagerfeuer, grillen Würste am Stock und belegen Brot mit dem Raclette Käse, den Reto in geübten Bewegungen vom Laib schabt. Während wir lebhaft Gespräche führen, stibizt der Familien Australian Shepherd den ein oder anderen Happen.
Zwölf Viertausender verblassen allmählich im Abendlicht und zeichnen sich bald nur noch als scharfe Silhouetten gegen den Sternenhimmel ab. Nach einer ordentlichen Kissenschlacht mit Jack, der irgendwann dann doch ins Bett muss, verziehen „wir Erwachsenen“ uns noch in den Hot Pot. Bis das Wasser kalt ist, philosophieren wir über die großen Fragen des Lebens, über Langeweile, Schulsysteme und die Möglichkeiten, sterbende Dörfer wieder zu beleben. Als wir uns endlich ins Matratzenlager der Hütte verkrümeln, ist längst ein neuer Tag angebrochen. Der letzte Gedanke vor dem Einschlafen: Der rechte Ort zur rechten Zeit mit den rechten Menschen. Ein schönes Gefühl.
Walliser Kraftort
Am nächsten Morgen gönnen wir uns eine weitere Session im Hot Pot. Das Frühstück weitet sich zum Brunch aus, zu gut ist die Atmosphäre an diesem Walliser Kraftort, zu unglaublich die Aussicht auf das Bietschhorn im Norden und Weisshorn- sowie Mischabelgruppe mit Balfrin und Nadelhorn im Süden. Auch die Moosalpregion selbst ist ein landschaftliches Kleinod: In der letzten Eiszeit formten Gletscher das Gestein und hinterließen unzählige runde Höcker aus Gneisen. In den Vertiefungen dazwischen bildeten sich Moore. Zwergstrauchheide und Zwergwacholder bedecken in seltsam runden Patches die Oberfläche und die Rostalpenrosen peppen das Grün zwischendurch auf.
Tourenauswahl mit komoot
Viele verschiedene Mountainbike- und E Mountainbike Touren führen durch die Moosalpregion. Mit komoot ist die passende Tour schnell geplant. Wir orientieren uns an der offiziellen Mountainbike Route „Moosalp Plateau Bike“, modifizieren jedoch hier und da, weil wir sie in umgekehrter Richtung befahren. Voll freudiger Erwartung sehen Andi, Matthias und ich 1.400 Höhenmetern Abfahrtsgenuss entgegen.
Genial abwechslungsreiche Trailtour im Wallis
Wir sind geflashed! Einzig und allein der alpine Charakter fehlt, ansonsten glänzt unsere spontane Tour hinunter nach Gampel durch so viel Abwechslung, dass wir es gar nicht glauben können! Staubige, schnelle Abschnitte an Bergflanken, glitschige Bachquerungen, flowige Suonen Trails, felsdurchsetzte Steilabfahrten, Wurzelteppiche, Steinfelder, federnder Waldboden, Weidentraversen. Wir machen keinerlei Pausen, sondern lassen die Bremsen offen und geben uns ganz dem Abfahrtsrausch hin.
Eringer Rinder – keine Kuscheltiere
In einer schnellen, flowigen Passage passiert es dann: Andi rutscht weg und schlittert direkt in einen Elektrozaun. 20 gehörnte Köpfe schnellen in die Höhe, 40 Augen heften sich an ihn: Unser Fotograf ist direkt vor den Hufen einer Herde rostbrauner Eringer gelandet. Diese kleinwüchsige Walliser Rinderrasse gilt nicht nur als besonders anspruchslos und trittsicher im alpinen Gelände, sondern ist auch berühmt berüchtigt dafür, dass nicht nur die Bullen, sondern auch die Kühe über gehöriges Aggressionspotenzial verfügen. Es geht nicht zimperlich zur Sache, wenn die Kühe die Rangfolge in der Herde unter sich klären. Diese Tatsache begründet einen alten Walliser Brauch, der mittlerweile zur Touristenattraktion avanciert ist: die Eringer Kuhkämpfe. Zu dem Zeitpunkt wissen wir noch nichts davon, aber eins ist klar: Diese Rinder hier sind urtümlicher als alle, die wir kennen und ihre Körperhaltung lässt keinerlei Zweifel daran, dass sie uns ziemlich schnell in die Schublade „Eindringlinge und Störenfriede“ stecken. So schnell sah man Andi noch nie aufstehen. Kurz darauf sind wir an der Alpe Tschorr und steigen in den offiziellen Enduro Trail „Lungi Trail“ ein. Hüpfend und juchzend fahren wir durch den Färichwald, bevor um Habere der Charakter wechselt und zum Abschluss unserer Tour Erde Brechsand Anlieger, Steilabfahrten, Wellen, kleine Sprünge und Spitzkehren auf dem Programm stehen.
Die ganze Geschichte unseres Wallis Roadtrips gibt es im world of mtb Magazin 03/2020 nachzulesen: world of mtb Nr. 3.20
Weitere Informationen:
www.valais.ch
www.moosalpregion.ch
www.projacks.ch