Höhenweg Trails und der schönste Campingplatz des Wallis

Trails bauen im Wallis

Schon von weitem sieht man sie als orange Punkte. Ein Dutzend Trailbauer ist gerade dabei, den 13 km langen Bietschhorn Trail fertigzustellen, der von der Bergstation Lauchernalp über die Faldumalp über 1050 hm wieder hinab zur Talstation nach Wiler führt. Der 9 km lange Breithorn Trail ist nun ebenfalls finalisiert. Auf der Basis eines alten Flurwegs wurde ein Trail geschaffen, der mit viel Flow, kleinen Tables und Wellen auch Familien und Anfänger begeistern dürfte. Manfreds Augen jedenfalls leuchten, wenn er schildert, wie er gemeinsam mit seinen drei Kindern den Breithorn Trail unsicher macht. „A propos Kinder, ich will pünktlich daheim sein, also wenn ihr unsere Baustelle besichtigen wollt, fahren wir mal lieber los.“

Singletrails seit der Jungsteinzeit

Manfred Ebener ist nicht nur begeisterter Mountainbiker, sondern auch Vorsitzender der Lötschental Infrastruktur AG und damit direkt verantwortlich dafür, dass sich im Tal in Sachen Mountainbike etwas bewegt. Der Lötschberg ist seit Jahrtausenden ein infrastruktureller Hotspot. Der Lötschenpass (2690 m) zwischen Balmhorn und Hockenhorn verbindet seit der Jungsteinzeit Berner Oberland und Wallis. Genau wie dies der fünftlängste Eisenbahntunnel der Welt tut. Über eine Länge von 34,5 km und auf etwa 700 m unterquert der Lötschberg Basistunnel den nördlichen Alpenhauptkamm. Dies ist Manfreds „Hauptbaustelle“. Als Projektleiter einer großen Schweizer Baufirma verantwortet der Diplom Baumeister die Sanierung des Tunnels.

Trailbau statt Tunnelbau

Seine „Nebenbaubestelle“ nehmen wir nun in Augenschein. Über frische Erde und gelegte Felsen nähern wir uns einem schlanken Mann, der mit dem Schlagbohrer soeben einen Felsen traktiert. Pascal, 29, ist der Bauleiter der Unternehmung „Bietschhorn Trail“. Im Nu führen er und unser Testchef Matthias, der selbst passionierter Trailbauer ist, eine anregende Unterhaltung. Besonders der „legale Sprengstoff“, den Pascal verwendet, stößt bei Matthias auf größtes Interesse. Die Trailbau Firma Trailworks gab den Verlauf des zukünftigen Trails vor, Pascal aber koordiniert über 11 Wochen hinweg die Arbeit vor Ort. 182 Lehrlinge der Marti AG legen in Gruppen von jeweils 10 bis 15 Jugendlichen ordentlich Hand an und steuern ihre Manpower bei. Manfred hat den Deal mit den Lehrlingsverantwortlichen seines Unternehmens eingefädelt. Den meisten der Jungs sagt die Arbeit an der frischen Luft zu, sie sei anstrengend aber lohnend, einzig der schlechte Netzempfang wird bemängelt. Was Manfred mit einem Schmunzeln quittiert.

Lauchernalp: Startpunkt Bietschhorntrail und Breithorntrail

Nach einem Haufen Baustellen Fachsimpelei schaffen wir es endlich, uns loszureissen und müssen uns beeilen, die letzte Gondel zur Lauchneralp zu erwischen, schließlich wollen wir an diesem Tag zumindest noch einen der Trails unter die Stollen nehmen. Manfred guidet uns persönlich. Ein „Zieher“ bringt uns zum Trail Einstieg. Und wirklich, im oberen Teil ist der Trail witzig, mit weichen Wellen, weiten Kurven und kleinen Tables, die Matthias ins Abendlicht katapultieren. Im weiteren Verlauf durch den Wald wird er etwas ruppiger und steiler und wir ertappen uns bei der Frage, ob Schweizer Kinder das Mountainbike Gen direkt mit der Muttermilch aufsaugen, um locker flockig Spaß an diesem Abschnitt zu haben? Wir vermuten es. Auf jeden Fall macht der Breithorntrail als Abendrunde und Zubringer zu unserer Unterkunft gehörig Laune! In Oberried verabschieden wir uns. Während er an einem Trail der Lonza entlang zurück zur Talstation kurbelt, machen wir uns durch eine Märchenlandschaft auf den Weg zu unserem Quartier.

Ganz besondere Unterkünfte Wallis: Fafleralp Hotel und Campingplatz

Riesige Findlinge säumen unseren Weg entlang der sprudelnden Lonza Richtung Fafleralp. Wir betreiben fast schon „Sight Sleeping“. Bereits 1908 wurde unser historisches Hotel Fafleralp erbaut. Heute trohnt es noch immer als Wächter zum Eingang des UNESCO Weltnaturerbes Jungfrau Aletsch Bietschhorn in direkter Nachbarschaft zum stark geschwundenen Langgletscher. Nah daneben liegt in mehr als idyllischer Lage wohl einer der schönsten Campingplätze der Alpen - Gastro & Camping Fafleralp. Das Abendessen in dieser Kulisse ist ein Gedicht und der betagte Ober so zuvorkommend wie anno dazumal. Der krasse Gegensatz dazu - Ober Nils, 19-jähriger Hipster und selbsternannter Influencer aus Berlin, der uns neben seinen Channels auch lokale Obstbrände wie den Abricotine ans Herz legt. Die Flaschen sind schnell geleert. Denn getreu unserem Motto „Ride hard, party hard“ verdient es unsere heutige Trailausbeute vollauf, gefeiert zu werden.

Sonnenaufgangs Ride im Lötschental

Die Nacht ist kurz. Viiiiel zu kurz. Der Kopf dreht sich und der Körper gleich mit. Wer war es gleich nochmal, der Sunrise Rides so romantisch findet?! Die anderen sind auch etwas blass um die Nase und ungewohnt schweigsam. Ich bin froh, dass niemand sich übergeben muss, als Andi mit einigermaßen moderater Geschwindigkeit den Aufstieg zur Lauchneralp nimmt. Als wir auf der Trogschulter des Lötschentals fröstelnd durch die kühle Bergluft pedalieren, wird der Kopf etwas klarer. Noch etwas ungelenk nehmen wir ab der Restialp die ersten engen Kehren des Bietschhorn Trails und bauen uns dann ein Basecamp auf einem großen Felsblock. In stiller Andacht und begleitet von Vogelgezwitscher verfolgen wir das Spektakel, wie die Sonne hinter Breithorn, Bietschhorn, Wilerhorn und Hochgleifen langsam höher steigt.

Flow Trails Wallis Schweiz

Wie ein überdimensionierter Haifischzahn ragt das imposante Bietschhorn aus der Reihe empor, ein beeindruckender, fast 4.000 m hoher Koloss aus Gneissen, Schiefern und Graniten. Die talwärts gerichteten Häuser und Heuschober der Alp muten an wie kleine Gottesanbeter. Kein Zweifel, der Claim „Das magische Tal“ kommt nicht von ungefähr. Als die Sonne allmählich zu wärmen beginnt, verspeisen wir noch unsere mitgebrachten Gipfeli und brechen dann auf. Ab dem Dornbach wird’s steinig und hakelig: das felsdurchsetzte Gelände verlangt eine solide Fahrtechnik und gute Balance, an der steilen Kante des Alplighorns gar ordentlich Schmackes in den Beinen. Haben wir die Karte nur rudimentär gelesen oder die 450 hm Gegenanstiege geflissentlich ignoriert? Langsam manifestiert es sich zur Gewissheit: Bei den Schweizern scheint Schweiß integraler Bestandteil von Flow zu sein. Alsbald gebärdet der Trail sich aber wieder zahmer, sowohl was Untergrund, als auch Steigung betrifft, und folgt der alten Hasellehen Suon bis knapp vor die urige Faldumalp. Werden die Überlegungen der Lötschental Infrastruktur AG Wirklichkeit, könnte es bald einen Anschluss in den Weiler Jeizinen mit seinen genialen Abfahrten ins Rhônetal oder weiterhin nach Leukerbad mit seinem beliebten Flowtrail „Torrent Trail“ geben.

Trails & Brauchtum & Pumptrack

Doch vorerst staubts und wir lassen in zahlreichen Kehren in den geshapten Anliegern die Höhenmeter zurück, dann folgt eine lange Traverse über Waldwurzeln und Wiesenuntergrund bis hinab nach Ferden. Das letzte Stück, das uns von„unserem“ Gasthaus Bietschhorn und unserem zweiten Frühstück trennt, verläuft als süßer, kleiner, wahrscheinlich uralter Verbindungsweg zwischen den Dörfern Ferden und Kippel. Ein weiteres Stück „magisches Lötschental“ - Die uralten Häuser, geschmückt mit bunten Blumen - und mit riesigen, furchteinflössenden, aus Arvenholz geschnitzten Masken. Als wir nach der Abfahrt glücklich und zufrieden im Gastgarten sitzen und erneut das wirklich fantastische Curry genießen, googlen wir, was es mit den Masken auf sich hat. Diese sogenannten „Larven“, von Laien selbst geschnitzt, sind neben den entsprechenden Kleidern und Fellen Teil des „Tschägätta“ Brauchtums im Lötschentals. Junge, ledige Männer legen die Tschägätta an und machen das Tal unsicher, Frauen und Kindern soll so angeblich Respekt beigebracht werden – was bei einer zufälligen Begegnung in einer dunklen Februarnacht zwischen Maria Lichtmess und Aschermittwoch gar nicht so schwer fallen dürfte...

Pumptrack im Wallis Lötschental Steg

Auf dem Heimweg runden wir unseren Trip ins Lötschental gebührend mit ein paar schnellen Runden auf dem neu gebauten Pumptrack in Gampel Steg ab.

Alle Infos zum Mountainbiken im Lötschental: www.loetschental.ch/de/sommer/mountainbike