Jérôme Clementz im Interview

Text Mirjam Milad Bild Bosch eBike Systems
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Bandbreiten Erweiterung

Auch wenn er sich aus dem Profi Rennsport zurückzog: Beim Namen Jérôme Clementz denken wir in erster Linie an Enduro Mountainbiken und viele Rennerfolge. Ganz sicher denken wir dabei nicht an E Bikes. Bis jetzt: Im neuen Bosch Spot „Double the Fun“ jagt der Franzose gewohnt sportlich, aber mit einem E Mountainbike über die Trails. Wir haben nachgefragt.

Aus der E-MTB Sonderausgabe 1.20

 
 

Mirjam Milad: Jérôme, du bist quasi der Inbegriff des Enduro Mountainbikers und warst über viele Jahre ein extrem erfolgreicher Rennfahrer, unter anderem bei den Enduro World Series, der Megavalanche, der Trans Provence und anderen Etappen Rennen. 2018 hast du dich aus dem Profi Rennsport zurückgezogen, um dich neuen Abenteuern und Aufgaben zu stellen. Jetzt rockst du im neuen Bosch Spot „Double the Fun“ mit dem E Mountainbike die Trails. Werden wir dich zukünftig nur noch auf dem E Mountainbike sehen?

Jérôme Clementz: Definitiv nicht! Ich liebe es immer noch, mein Bike ohne Antrieb zu fahren. Aber natürlich genieße ich es auch sehr, mein E Bike zu fahren, mit all den neuen Möglichkeiten, die es bietet. Seit ich Rad fahre, liebe ich die ganzen Disziplinen des Radsports, von Rennrad bis Downhill oder Dirtjump. Dieser Sport ist so vielfältig – und genau deshalb mache ich ihn seit mehr als 20 Jahren, ohne dass mir langweilig wird.

Mirjam Milad: Du siehst dich auch als einen „Botschafter des Mountainbike Sports“ – welche Botschaft möchtest du in Sachen E Mountainbike transportieren?

Jérôme Clementz: E Biken gibt mir eine ganz neue Sicht auf die Trails und die mit ihnen verbundenen Möglichkeiten. Ich kann mir Runden vorstellen, die ich nie zuvor gemacht habe, ich kann Trails bergauf fahren, die ich noch nie bergauf gefahren bin, und ich kann auch noch weiterfahren, wenn meine Beine schon etwas müde sind. Aber generell sehe ich das E Mountainbike als eine großartige Chance, mehr Menschen aufs Fahrrad und in die Natur zu bringen. Menschen, die ohne das E Bike nicht fahren oder trainieren würden, was letztendlich zu mehr gesunden Menschen führt und mehr Menschen, die die Schönheit der Natur und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung erkennen.

Mirjam Milad: Was macht für dich die Faszination beim E Mountainbiken aus?

Jérôme Clementz: Die Bosch Kampagne „Double the Fun“ bringt es auf den Punkt. Vorher bin ich den leichtesten Weg bergauf gefahren, um die Aussicht zu genießen und den besten Trail bergab zu finden. Jetzt versuche ich, den spaßigsten Weg bergauf zu finden und auch technische Abschnitte zu fahren. Es macht die Tour insgesamt interessanter.

Jérôme Clementz im Interview
"Niemand zwingt mich, ein E Bike zu fahren. Ich tue es, weil ich es will und es mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert."

Mirjam Milad: Du bist ein sehr „ganzheitlicher“ Fahrer, sowohl im Up- als auch im Downhill stark. Kommt dir das E Mountainbike dabei entgegen?

Jérôme Clementz: Ich glaube schon. Ich denke, es ist wichtig, dass du das Erlebnis genießt. Niemand zwingt mich, ein E Bike zu fahren. Ich tue es, weil ich es will und weil es mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Es gibt Tage, an denen ich mit eigener Kraft den Berg hinauffahren möchte, aber es gibt auch andere, an denen ich die zusätzliche Unterstützung durch den Motor und die Herausforderung, verschiedene Strecken zu fahren, schätze.

Mirjam Milad: Wo liegen für dich die wesentlichsten Unterschiede beim Biken mit und ohne Motor?

Jérôme Clementz: Ich nehme mal ein einfaches Beispiel: Letztes Jahr war ich in Verbier, wo ich normalerweise die Gondel nutze und die Trails fahre, die direkt von der Bergstation aus ins Tal führen. Das war immer eine tolle Zeit. Aber letztes Jahr habe ich das Gleiche mit Lift und E Bike gemacht. Aber anstatt direkt bergab zu fahren, sind wir weitergefahren und haben so größere Runden fahren können, neue Wege und neues Gelände erreicht. Wir beendeten den Tag mit 2.000 Höhen- und 5.000 Tiefenmetern. Das E Bike ermöglicht uns einfach eine größere Bandbreite an Möglichkeiten.

Mirjam Milad: Du bist mittlerweile auch Vater. Hat sich dadurch deine Einstellung zum Mountainbike Sport in irgendeiner Form verändert?

Jérôme Clementz: Ich sag’s dir: Ich habe echt Respekt vor Vätern, die ihre Kinder ohne Antrieb ziehen. [lacht] Seit er acht Monate alt ist, gehe ich mit meinem Sohn biken – entweder im Anhänger, im Rucksack oder auf einem Frontsitz. Ich will ihn nicht dazu zwingen, ein Mountainbiker zu werden, aber wenn ich das Lachen in seinem Gesicht sehe, wenn wir fahren, und merke, wie unzufrieden er wird, wenn ich anhalte, dann freut mich das. Aber ansonsten … abgesehen davon, dass ich gesund sein muss, um meine Frau dabei zu unterstützen, unser Kind aufzuziehen, bin ich immer noch verliebt in Geschwindigkeit, Springen und ein bisschen Adrenalin.

Jérôme Clementz im Interview Double the Fun

Spaßigster statt leichtester Uphill: Für Jérôme Clementz liegt die Faszination des E Mountainbikens mit darin, dass bergauf durchaus auch mal technische Abschnitte dabei sein dürfen. Dadurch wird die Tour insgesamt interessanter, findet er.

Mirjam Milad: Du bist eng mit dem Rennsport verbunden, schon als Jugendlicher bei XC- und Downhill Rennen an den Start gegangen. Wie stehst du zu E Bike Rennformaten? Macht beispielsweise eine elektrifizierte Enduro World Series aus deiner Sicht Sinn?

Jérôme Clementz: Ja und nein. Nein dahingehend, dass ich glaube, dass die meisten Menschen, die E Bike fahren, das nicht mit Leistungs- und Renngedanken tun, sondern mehr, um das Radfahren zugänglicher zu machen und Spaß zu haben. Aber auf der anderen Seite wird der Rennsport der Produktentwicklung helfen, sie an ihre Grenzen zu bringen und Marken dazu bewegen, bessere Produkte zu entwickeln, die dann wieder jeder Fahrer nutzen kann.

Mirjam Milad: Du hast dich mal für Dopingkontrollen im Enduro Rennsport ausgesprochen – wie könnte sich illegales Motortuning bei E Rennformaten vermeiden lassen?

Jérôme Clementz: Jeder Systemhersteller hat Diagnosemöglichkeiten in der Antriebseinheit, mit denen sich Tuning erkennen lässt. Ich sehe das nicht als Problem. Für mich ist die Hauptfrage, welchen Standard wir für den Rennsport verwenden. Welche Kapazität der Batterie, welche Höchstgeschwindigkeit, wie viel Drehmoment oder Leistung erlaubt sind. Die Rennleitung muss Regeln definieren, die den Sport fair machen, ohne die Entwicklung einzuschränken. Ich schätze, Standards müssen sich schnell entwickeln, um am technischen Fortschritt dranzubleiben.

Mirjam Milad: Du bist an der Entwicklung von Bikes und Parts beteiligt und möchtest das in Zukunft intensivieren. War das auch bei Bosch der Fall? Hast du bereits durch dein Feedback zur Verbesserung von Antrieben beigetragen oder wirst es zukünftig tun?

Jérôme Clementz: Ich arbeite seit diesem Jahr mit Bosch eBike Systems zusammen. Dabei stehe ich auch im Austausch mit den Entwicklern und Produktmanagern. Ich bin mehr als happy, mein Feedback geben, neue Dinge testen zu können und an künftigen Entwicklungen beteiligt zu sein. Das ist etwas, das ich sehr gerne tue, und ich sehe das als sehr wertvoll an – wertvoller als nur einen Rennsieg.

Jérôme Clementz im Interview

Weitblick: Jérôme Clementz ist immer auf der Suche nach spannenden Ideen und Projekten. Besonders reizt ihn, zukünftig mehr neue Produkte eingehend zu testen und mit seinem Feedback zu ihrer Weiterentwicklung beizutragen.

Mirjam Milad: Viele „traditionelle“ Mountainbiker stehen dem E Mountainbike nach wie vor skeptisch bis ablehnend gegenüber. Sie argumentieren unter anderem, dass E Biken kein echter Sport sei. Was hältst du ihnen entgegen?

Jérôme Clementz: Niemand ist gezwungen, E Bikes zu mögen, jeder hat die Wahl, und das respektiere ich. Aber wenn ich alleine fahren gehe, bin ich normalerweise echt platt, wenn ich den Akku meines Bikes leergefahren habe. Klar, mit dem E Mountainbike kannst du wählen, ob du es langsam angehen lässt und nicht viel Kraft investierst oder ob du es lieber hart pushen möchtest, um schneller zu fahren. Ich bringe im Uphill meistens die gleiche Kraft auf, ungefähr 250 Watt, egal ob mit oder ohne Antrieb. Der Unterschied ist, dass ich steilere Trails fahre oder schneller bergauf klettere.

Mirjam Milad: Auf welche zukünftigen Projekte deinerseits können wir uns freuen? Eine E Bike Trans Provence vielleicht?

Jérôme Clementz: Mein Kopf ist immer auf der Suche nach neuen Ideen und Projekten. Das bezieht sich nicht nur auf Rennen; denn mich vom Profirennsport zurückzuziehen heißt nicht, dass ich jetzt in einer anderen Disziplin starte. Aber ich habe vor ein paar Jahren mal eine Trans Alp gemacht, bei der ich ein Shuttle genutzt habe, um berühmte Pässe zu verbinden. Ich könnte mir vorstellen, so etwas noch mal zu wiederholen und dann nur mit dem Bike unterwegs zu sein. Bosch hat ja auch einige Ladestationen in den Bergen, sodass die Logistik leichter ist und man die ganze Zeit Spaß hat.

Mirjam Milad: Verrätst du uns und unseren Lesern deinen persönlichen E Mountainbike Tourentipp in deiner Heimat?

Jérôme Clementz: Die Tour von Guebwiller auf den Petit Ballon ist eine gute Mischung aus Anstiegen, Aussichten, Kulinarik und flowigem Downhill.

Jérôme Clementz im Interview

Jérôme in der neuen Bosch Kampagne.

Jérômes Tourentipp (GPX):
https://www.komoot.com/tour/99456621

Link zum Video:
https://youtu.be/r49xNR-BjU4

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