Kolumne: Einfach schön, in Schwierigkeiten zu geraten

Text Chris Ettl Bild Andreas Meyer
Meinung

Einfach schön, in Schwierigkeiten zu geraten

Neulich nach Liftschluss im Bikepark, dieselbe Diskussion schon wieder. Der Stammgast: „Die Strecke ist einfach nicht gut genug gepflegt, da muss echt was gemacht werden. Die hat gar keinen Flow mehr…“ Der Möchtegern-Enduro-Profi: „So ein Blödsinn, ist doch super! Nicht alles wie geleckt, ist wie ein echter Naturtrail!“ Stammgast: „Warum kommst du dann in einen Bikepark, wenn Du Naturstrecken willst?“ Shaper: „Es gibt doch nicht wirklich Naturtrails, die hat ja auch mal wer angelegt, nur nicht für Biker und es pflegt sie halt meist keiner.“ So geht die Diskussion noch ‘ne Weile.

Aus der Ausgabe 09.16

 
 

Mit einer Tüte Popcorn würde der Unterhaltungswert meinen letzten Kinobesuch glatt ausstechen.
Der Geißkopf-Chef hat dazu eine pragmatisch geprägte Meinung: „Es braucht Strecken für Adrenalinjunkies, die wollen sich bei jeder Fahrt ein paar Mal erschrecken. Es braucht aber auch Strecken für Endorphinjunkies, die wollen einfach nur mit einem dicken Grinsen unten ankommen.“ Im Bekanntenkreis ist es ähnlich. Die einen wollen nach Schladming, da ist hohe Grundgeschwindigkeit gefragt und man kann sich bei Top-to-Bottom-Runs richtig auspowern. Die anderen wollen richtig große Sprünge und freuen sich stets über Baumaßnahmen. Wieder andere empfinden den Besuch im Bikepark als Event, rollen eher entspannt über die Trails, freuen sich auf ein kühles Bier danach, wollen Gleichgesinnte treffen.
Das man zu dem Thema „sinnvoller Schwierigkeitsgrad“ sehr subjektive Standpunkte haben kann, hat mir vor einiger Zeit mein Ex-Kollege Stefan verdeutlicht: „Ich verstehe nicht, warum ihr Big Bikes fahrt, die überall von alleine drüber kommen und dann schwierigere Strecken fordert.“ Er war regelmäßig auf diesen Strecken mit dem Singlespeed-Stahl-Hardtail schneller als mancher Downhiller.
Zu einfach darf die Strecke nicht sein. Schwierigkeiten sind gut, denn sie zu überwinden ist ein Reiz, der uns alle mit antreibt, wenn wir aufs Rad steigen. Der Schwierigkeitsgrad ist aber für jeden ein anderer und verändert sich auch, weil man sich weiterentwickelt. Also diskutiert nicht, verschiebt eure persönlichen Grenzen und fahrt einfach.

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