Tourenplanung – Wie plane ich meine Alpencross-Route?

Text Norman Bielig Bild Andreas Meyer
Meinung

Tourenplanung

Touren planen ist für mich eine der angenehmsten und beruhigendsten und vielleicht, auch wenn das komisch klingt, zugleich aufregendsten Tätigkeiten. Die gesamte Tour wird im Grunde schon einmal vorweggenommen. Und gerade wenn ich Touren in einem Gebiet plane, in dem ich schon oft unterwegs war und für das ich bereits sehr viel für andere Biker zusammengestellt habe, wird mir klar, dass Regionen für die Tourenplanung einen riesigen Fundus bereithalten. Denn die Region ist ja nur ein Faktor – die Gruppe, die Jahreszeit und die aktuelle Verfassung und Zielsetzung sind es mindestens ebenso.

Aus der Ausgabe 04.17

 
 

Gerne vergleiche ich die Planung einer Tour mit der Arbeit am Magazin. Es ist eine Erzählung, eine Geschichte, mit Protagonisten, mit Rahmenhandlung und einer Zielrichtung. Bei der Planung einer Tour ist es in meinen Augen sinnvoll, sich das klar zu machen, denn so verfällt man nicht dem Glauben, dass es einfach um Verbindungen zweier Zielpunkte geht und einer möglichst großen Aneinanderreihung von Highlights. Und ja, das macht Arbeit und die Zeit muss man sich nehmen, aber es macht auch ziemlich viel Spaß, es entführt schon bei der Planung und später während der Tour erfährt man alles noch einmal in der Realität.

Stellt dir und deiner Gruppe Fragen
Ich kann verstehen, wenn man nicht mehr überall seine Meinung teilen möchte, schließlich wird man an jeder Ecke dazu aufgefordert, egal ob Restaurant, Bahnbesuch ... – aber hier ist es wirklich notwendig. Trefft euch am besten zu einem gemeinsamen Abend bei gemütlichem Bier und sprecht die wichtigsten Fragen durch, so klärt ihr eure gemeinsame Zielrichtung und schwört euch als Gruppe auf die Tour ein.

Wie ist unser Fahrtechnik-Stand? Wie ist das Spektrum? Wo steht jeder Einzelne?

Wie ist unser konditioneller Stand? Wie ist das Spektrum? Wo steht jeder Einzelne?
Hier sollte direkt fixiert werden, an wem man sich orientiert. Das sollte im Idealfall der Schwächste sein, für die Stärkeren können theoretisch Varianten eingeplant werden, so haben alle das Gefühl, auf ihre Kosten zu kommen und niemanden zu bremsen.

Wo möchten wir schlafen?
Viersternehotel mit Sauna oder Biwak am Berg? Beim Viersternehotel, aber auch bei der Berghütte, sollte unbedingt frühzeitig reserviert werden. Privatunterkünfte und Biwaks können je nach Gruppengröße auch spontan geplant werden. Beim Viersternehotel sollte klar sein, dass sich eine frühere Ankunft empfiehlt, um in den Genuss des Wellness-Bereichs zu kommen, denn nach dem Essen geht es oftmals einfach direkt ins Bett. Auch beim Biwak sollte Zeit für die Suche eines passenden Platzes eingeplant werden, hier spielt vor allem die Wetterlage eine wichtige Rolle.

Welches Budget haben wir?
Geringes Budget muss nicht unbedingt heißen, dass man auf wichtige Dinge wie gutes Essen verzichten muss. Dann sollte man seine Prioritäten lediglich verschieben. Wer weder Lift noch Shuttle nutzt, muss dafür auch kein Geld einplanen. Tendenziell würde ich nicht empfehlen, beim Essen zu sparen, lieber eine gute Mahlzeit und dafür bei der Unterkunft etwas gespart. Wer ausreichend lang im Sattel sitzt, schläft sowieso überall gut ein.

Wie kommen wir zum Ausgangspunkt und wie wieder zurück?
Viele klassische Alpencross-Einstiege lassen sich bequem und umweltfreundlich mit der Bahn erreichen. Wer vom Gardasee zurückfährt, kann mit dem Bike nach Trento fahren und dort mit dem Zug wieder zurück, aber auch andere Zielorte lassen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln realisieren.

Wie viel Zeit haben wir?
Wie viele Tage stehen zur Verfügung? Wie lange wollen wir täglich im Sattel sitzen? Wollen wir Ruhetage und noch etwas Urlaub am Zielort? Sinnvollerweise plant man mit etwas Puffer, denn es kann immer etwas dazwischenkommen, angefangen von Pannen bis hin zu Krankheiten.

"Es ist eine Erzählung, eine Geschichte, mit Protagonisten, mit Rahmenhandlung und einer Zielrichtung. Hat man sich das klar gemacht, verfällt man nicht dem Glauben, dass es einfach um Verbindungen zweier Zielpunkte geht."

Wie hoch soll der Trail-Anteil sein?
So hoch wie möglich, werden jetzt viele antworten, und ja, mir geht es auch so. Gerade bei einer Siebentagestour sollte man aber einfach bedenken, dass Trails konditionell noch einmal fordernder sind und dass es in den Alpen auch sehr schöne naturnahe Forstwege gibt. Die Planung von Varianten und auch Alternativen bietet sich hier durchaus an. So kann man die Route im Hinblick auf Wetter und aktuellen Zustand leicht anpassen. Hier stellt sich auch die Frage nach der Nutzung von Lift- und Shuttlemöglichkeiten. Schließt man diese aus oder plant sie als festen Bestandteil oder lediglich als Notfall mit ein?
Welchen Stellenwert haben Natur und Kultur für mich?
Klar, die Alpen möchte man mit einem Alpencross erfahren. Doch gibt es bestimmte Sehenswürdigkeiten darüber hinaus, die ich sehen möchte, gibt es Kulturlandschaften, die mich interessieren ...? Die Antwort auf diese Frage kann eine Tour gut und gerne mal komplett in eine andere Region verschieben. Bei großem Interesse können auch Museumsbesuche im Tal eingeplant werden, Themenwege integriert etc.
Wie einsam soll es werden?
Die Frage hangelt sich eng an vielen anderen entlang, aber für viele Biker ist ein Alpencross eben auch Abenteuer und Ruheerfahrung. Dafür eignet sich nicht jede Region, nicht jede Unterkunft und jede Reisezeit.
Wen möchte ich dabei haben?
Ein Alpencross ist eine tolle Erfahrung, die Gruppen zusammenschweißen kann. Davor sollte man sich aber sehr genau fragen, mit wem man eine Woche lang diese Erfahrung machen möchte, denn, so viel ist gewiss, Pannen und Unvorhergesehenes wird es immer geben.

Nachdem die wichtigsten Fragen geklärt sind, stehen nun also die Eckpfeiler der Tour. Doch wie komme ich jetzt zu meinem konkreten Routenverlauf?
Hier gibt es eine ganze Menge hilfreicher Online- und Offlinetools. Kennst du dich im alpinen Raum noch nicht wirklich gut aus, empfiehlt es sich, eine Übersichtskarte zur Hand zu nehmen und eines der Transalp-Standardwerke. Dort findest du jede Menge Touren und Bilder, um dir einen entsprechenden Eindruck zu verschaffen. Du kannst hier auf eine vorgefertigte Tour zurückgreifen oder dir individuell aus den einzelnen Etappen eine Route zusammenstellen. Sehr empfehlen können wir die ULP Tours Bücher, die unser Freund Holger Schaarschmidt verfasst hat.
Kennst du dich schon etwas besser aus und hast dich durch die obenstehenden Fragen auf einen bestimmten Teil der Alpen fokussiert, helfen dir Karten, vor allem aber auch Tourenbeschreibungen weiter. Vom Ablauf her würde ich immer empfehlen, Start- und Zielpunkt der Tour jetzt einfach mal festzulegen. Anschließend nicht unbedingt die Zwischenziele, sondern die Highlights, die man auf jeden Fall fahren und sehen möchte. Diese müssen nun sinnvoll verbunden werden. Ich nutze dafür am liebsten physisches Kartenmaterial. In der Feinplanung überprüfe ich das dann oftmals noch über digitale Karten, um möglichst exakte Entfernungen und Höhendaten zu erhalten. Die App Komoot leistet mir dabei gute Dienste, vor allem hat sich die Kartengrundlage in ihren Aussagen zur Schwierigkeit von Wegen als sehr zuverlässig erwiesen.

Bei der Planung der Tagesetappen solltest du dir wieder den Storytelling-Gedanken ins Gedächtnis rufen. Es empfiehlt sich zum Beispiel, die Tour nicht mit zu harten Tagesetappen zu beginnen und zu beenden. Auch Hüttenübernachtungen wollen gut geplant sein, gerade wenn man diese als Highlight auf der Liste stehen hat. So bieten zum Beispiel die Dolomiten vielleicht eine ansprechendere Kulisse für die Nacht auf der Hütte als eine Behausung direkt oberhalb des Brennergrenzkamms. Zudem kann es sinnvoll sein, alle zwei Tage eine größere Ortsdurchfahrt mit einzuplanen, um eventuell Kleinigkeiten einkaufen zu können oder auch einen Bikeshop aufzusuchen.
Bei der Planung der Tagesetappen solltest du aber auch hinsichtlich verschiedener Risiken strategisch planen. Je nachdem, für welchen Monat du eure Transalp planst, kann die Gewitterwahrscheinlichkeit am Nachmittag stark ansteigen, das heißt, die höchsten Erhebungen solltest du um die Mittagszeit hinter dir gelassen haben.
Wenn du etwas mehr Ruhe und Einsamkeit möchtest, diese aber doch auf eher normalen Routen suchst, kannst du die Tour azyklisch planen, also zum Beispiel an einem Montag starten.

Kurz vor der Tour
Bevor es losgeht, solltet ihr in der Gruppe noch Gepäck verteilen. Gerade Werkzeug und andere Helferlein müssen nicht in jedem Rucksack vorhanden sein. Vor allem, wenn ihr Biwaks plant, lohnt es sich, das Gepäck sehr genau auf die einzelnen Gruppenmitglieder zu verteilen. Geht gemeinsam die einzelnen Etappen der Tour durch. So wissen alle Bescheid und sind auf das gemeinsame Ziel und den Ablauf eingeschworen.

Auf der Tour
Die Navigation in den Alpen ist meistens wesentlich einfacher als in deutschen Mittelgebirgen. Die Sicht ist oft weit, es gibt jede Menge Wegzeichen und eine überschaubare Anzahl an Wegen. Ich würde die gesamten Karten der Tour im Maßstab 1:25.000 mitnehmen, diese können einfach auf alle Teilnehmer verteilt werden. Im Gegensatz zu Kartenausschnitten können so Alternativen und Ausweichrouten besser geplant und umgesetzt werden. Zudem ist es sicherlich sinnvoll, digitale Navigation dabei zu haben. Ein spezifisches Bike-Navigationsgerät, wie von Garmin, versorgt dich mit allen wichtigen Informationen zur Route, aber auch zu Geschwindigkeit, Höhe und, wenn gewünscht, Herzfrequenz. Zudem drückt es nicht auf den Handyakku, den man später vielleicht noch brauchen könnte. Doch auch für Smartphones gibt es mit der App des Alpenvereins alpenvereinaktiv oder mit anderen Apps, wie Komoot, tolle Navigationsprogramme, die kinderleicht zu bedienen sind und einen hervorragenden Offline-Modus bieten.
Empfehlen würde ich diese aber immer nur, um sich kurz zu versichern. Planen würde ich mit der Übersichtlichkeit einer Papierkarte. Denn mit etwas Übung lässt sich diese lesen und Bilder von zukünftigen Touren entstehen in deinem Kopf, aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel. Viel Spaß beim Alpencross.

Über was sollte ich mir Gedanken machen:
Unterkünfte, Natur, Kultur, Fahrtechnik, Kondition, Lift- und Shuttlenutzung, Budget, Rücktransport

Literaturliste
Traumtouren Transalp von Ulrich Stanciu, Delius Klasing.
Alpencross Mountainbike Light von Marion Stürzl, Bruckmann.
Alpencross von Achim Zahn, Bruckmann.
Alpencross mit dem Mountainbike von Holger Schaarschmidt, ULP.

Apps
Alpenvereinaktiv,www.alpenvereinaktiv.com
Komoot, www.komoot.de

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