Graubünden – Biken im sonnigen Engadin

Text Anna Weiß Bild Manuel Sulzer
Reise

Die Wahl des Bergführers
Schweiz - Graubünden - Engadin Scuol Samnaun Val Müstair

Oberhalb der Hauptstraße 27 liegt es, unser Etappenziel, rechterhand zwischen steilen Terrassen: Ramosch, einer der trockensten Orte der Schweiz und dazumal bekannt als Kornkammer des Engadins. Heute sind es nicht mehr die Bauern, die die durchschnittlich 300 Sonnentage im Jahr in die Gegend ziehen, sondern Biker.

 
 

So wie unsere erste Begegnung, Franz Anderrüthi. Da steht er mit seinen jugendlichen 81 Jahren, vorfreudig grinsend, das Trikot (natürlich Victorinox) schon übergezogen und das Velo startbereit an die Garage gelehnt. Auf sein Alter gesehen ist der Schwyzer, den es der Natur wegen ins Engadin zog, eigentlich ein Bike-Neuling. „Gerade mal“ 20 Jahre biked er. Unzählige Notizhefte protokollieren akribisch Jahr für Jahr, tagein, tagaus die gesammelten Kilometer. Stand am 26.10.2011: 417.555 km. „Für eine Tour unter 100 km, da hätte ich mich früher nicht mal umgezogen!“ Stichwort Kleidung: „Franz, wenn du jetzt noch jeden Tag deine Runde von Ramosch bis zur Zollstelle Martina machst und 75 km abspulst, da kennen dich die Autofahrer ja sicher schon am Trikot, oder nicht?“ – „Am Trikot nicht, da hab ich jedes Mal ein anderes an – aber die O-Beine...“

Wolken verhängen die umliegenden Gipfel, wir entscheiden uns trotzdem für eine kleine Tour um Ramosch. Wenn Franz, der ehemalige Berführer und eine absolute Koryphäe im Alpinismus, die Täler und Pässe ringsum benennt, hört es sich fast an, als würde er alte Freunde beim Namen rufen. Im Engadin mit seinen 800 km ausgeschilderten Bikerouten seien vor allem die Biker gut aufgehoben, die Bewegung in unsprünglicher Natur suchten, meint Franz. Hier bestaune man die einzigartige Nationalparkregion, die natürlich bewirtschafteten Almen und die Dörfer, die wirken, als hätte sich seit Jahrhunderten nichts verändert. „Das Val d’Uina mit seiner in den Felsen gesprengten Galerie ist jedem Alpencrosser ein Begriff. Eine meiner Lieblingsrouten ist allerdings nach wie vor die landschaftlich unglaublich schöne Tour vom Val S-charl über den Passo Costainas ins wilde Val Müstair, wo zeitweise sogar Bären gesichtet wurden. Wenn man am höchsten Arvenwald Europas entlang biked, mit Bäumen, die bis zu 1.000 Jahre alt werden können – das ist schon ein erhebendes Gefühl! Auch von der Silvretta aus kann man hervorragend biken.“ Der Schmugglerpfad von Ischgl ins Engadin schließlich führt über den Fimbapass und das sagenumwobene Val Sinestra, wo es spuken soll, und endet - sozusagen vor Franz’ Haustüre in Ramosch.

Das ist gelebte Gastlichkeit. Wir wurden wärmstens empfangen beim regelmäßigen Bikertreff in Scuol.

Wissen

Im Umkreis von Scuol entspringen über 20 Quellen, darunter auch einige hochmineralische Heilquellen. Schon der Arzt, Alchemist und Philosoph Paracelsus erwähnte die Quellen 1533.

Bis auf explizit gesperrte Strecken (z.B. im Nationalpark) darf man sich im Engadin nach Herzenslust auf allen Trails und Wegen austoben!

Highlights

Am 27.08.2016 mit über 2.000 anderen Pedalrittern den Nationalpark Bike Marathon bestreiten, der auf vier verschieden langen Strecken durch eine der schönsten Gegenden der Schweiz führt.

Vor dem Durchqueren der Uina-Schlucht vorher auf der Alm Uina Dadaint unbedingt frischen Yoghurt mit Tannenspitzenhonig probieren und eine Postkarte nach Hause schreiben.

Am Ufer des jungen Inn in aller Geruhsamkeit nach Treibholz suchen.

Reisezeit

April - November

GPS-Touren

Engadin>>

Kartenmaterial

Supertrail Map Unterengadin Samnaun

Engadin>>

nach oben