e-Mountainbikes und ihre Nutzung

Text Norman Bielig Bild Andreas Meyer
E MTB

Muss das sein?

In unserer eMountainbike-Spezial-Ausgabe haben wir schon gefragt ob diese neue Entwicklung wirklich immer nur Chancen bietet? Liest man, dann scheint es, als ob man an eMountainbikes kaum mehr vorbeikommt. Zahlreiche neu aufgestellte Sponsoringverträge für 2017 drehen sich um das Thema eMountainbike. So wird Guido Tschugg als eMountainbike-Botschafter international viel Gesellschaft bekommen.

Auch sonst wurden die sozialen Medien in den letzten Wochen gefühlt überschwemmt von eMountainbike-Bildern, gerade von sehr versierten Bergradlern.

 
 

Die Verkaufszahlen gehen nach oben, allerdings werden fast im gleichen Maße weniger normale Mountainbikes verkauft. Von einer Zunahme an Mountainbikern wird man ausgehen können, da nicht alle Kaufverweigerer direkt aufs eMountainbike wechseln, doch die Breitenwirkung zeigt sich noch nicht wie prognostiziert.
Die Frage, die uns in Gesprächen und auch als konstruktives Feedback auf die eMountainbike Ausgabe zugebracht wurde ist oft die selbe, „muss das sein?“. Und die Antwort ist denkbar einfach, natürlich nicht. Mountainbiken hat für uns nichts mit Zwang zu tun, nichts mit müssen, es ist ein können. Sich in der Natur bewegen, vom Alltag wegkommen, Spaß haben, spielen, etwas für die Gesunderhaltung tun (eine in meinen Augen wichtige Unterscheidung zum Training, die von der DIMB in ihrer großen Umfrage gemacht wurde. Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen Trainingswunsch und Gesundheitsinteresse). Die Zielsetzungen erreiche ich mit dem Mountainbike, die erreiche ich beim Trail-Running, aber eben auch mit dem eMountainbike.
So gönne ich jedem seine Fahrten auf dem eMountainbike und bin da prinzipiell positiv gestimmt, wenn Menschen wieder in die Natur finden, die lange Zeit von der Anstrengung abgeschreckt wurden. Genau so finde ich es völlig unproblematisch, wenn versierte Biker immer mal wieder ein eMountainbike nutzen, oder auch wenn sie ganz umsteigen.

Wer wäre ich, mich darüber zu echauffieren? Hat es negative Konsequenzen für mich?
Diese Fragen gehen mir immer wieder durch den Kopf, denn aus dieser Richtung wird argumentiert. Meine sportliche Leistung wird aber nicht weniger, nur weil jemand mit weniger Fitness nun die selben Touren fahren kann, mein Erlebnis wird nicht geschmälert, nur weil andere mehr Trails in der gleichen Zeit fahren können. Das Fahren der Anderen tangiert mein persönliches Erlebnis in keiner Weise.
In Bezug auf den freien Zugang zur Natur schaut es ähnlich aus. Die rechtliche Situation ist da sehr eindeutig und Pedelecs gelten als Fahrräder, dürfen also im Wald genutzt werden. Die verstärkte Frequenz kann Probleme nach sich ziehen, Unsinniges Verhalten auch, aber das ist primär eine Herausforderung eines Natursports, der seinen Kinderschuhen entwächst und breitenwirksam wird. Das soll nicht beschwichtigen, denn es ist gut möglich, dass wir in den nächsten Jahren große Herausforderungen diesbezüglich haben, aber an Lösungsstrategien muss sowieso gearbeitet werden. (siehe die Artikel zum schottischen MTB-Kongress). Die Herausforderung wird vor allem darin bestehen ein Verantwortungsbewusstsein bei allen Nutzern herzustellen. Hier sind Verbände, Industrie, Medien und Vereine gleichermaßen gefragt.

Doch zurück zur Ausgangsfrage, muss das sein? Nein, muss es nicht. Ich habe es ausprobiert und für mich ist das eMountainbike aktuell nicht der adäquate Mittler für mein Naturerlebnis und für meine Bewegung im Wald. Ich mag es puristisch, gehe im Wald laufen, fahren, Ski Touren, ... Ich habe den Luxus von zu Hause aus direkt in den Wald starten zu können mit zahlreichen Trails um mich herum. Ich sehe für mich keinen Nutzen in einer Reichweitenerweiterung, ich finde es gut im Anstieg mehr Zeit zu haben, die Umgebung wahrzunehmen und sehe den Punkt in Bezug auf Naturbildung beim eMountainbike durchaus kritisch bzw. mehr qualitative Zeit zur Wahrnehmung einfach positiver. Ich gehe dieses Mehr, dass es verspricht für mich einfach nicht mit.
Aber, ich kann gut verstehen, dass man sich danach sehnt und das man es nutzen möchte. Ich begrüße jeden eMountainbiker, der grinsend an mir vorbeifährt und sich über seine Tour freut (und die Begegnungen waren bislang äußerst positiv). Ich bin begeistert, wenn Menschen nun ihren Arbeitsweg um ein paar Trails oder eine kleine Tour erweitern können und somit entspannter daheim oder auf Arbeit ankommen. Ich kann nicht viel Negatives daran finden, wenn mehr Menschen aktiv in der Natur unterwegs sind, sich diese erschließen und vielleicht dadurch ein wenig mehr Verständnis aufbringen und wenn sie dadurch einfach positiver gestimmt werden.

Ärgerlicher finde ich die werbliche Platzierung von eMountainbikes im versiert sportiven Segment. Das sie dort funktionieren sollte mittlerweile klar sein, spannender wäre es allerdings nicht um die Gunst bestehender Mountainbiker zu buhlen, sondern eine breitere Zielgruppe zu erschließen. Also alle, denen die Einstiegshürden bisher zu hoch waren. Das eMountainbike senkt diese ab, doch scheint sich die MTB-Industrie hier noch sehr stark in der eigenen Szene zu bewegen.

Was bleibt noch zu sagen? Die abschließende Erklärung aus der damaligen Kolumne gefällt mir hier immer noch sehr gut:
Doch wo stehen wir nun? Ist Mountainbiken das Befahren schmaler Wege, das von Bergen, oder muss gar beides vorhanden sein? Ehrlicherweise birgt doch genau diese Frage eine große Gefahr, eine Einengung, ein Eingrenzen des Erlebnis- und Erfahrungshorizontes zugunsten einer klaren Trennung, die mir doch gar nichts bringt. Ich möchte doch weder dem Trekkingradler, noch dem Wanderer noch sonst einem Erholungssuchenden erklären, dass wir völlig unterschiedliche Sportarten ausüben. Sind wir doch gerade in Gesprächen um Wegefreigaben immer bemüht, das Gemeinsame hervor-zukehren und zu klären, dass sich lediglich das Gefährt, das Medium, der Mittler ändert. Klar sucht der Mensch nach Definit ionen, nach Trennscharfem, aber wohnt nicht gerade dieser Uneindeutigkeit, dieser Unschärfe eine gewisse Spannung inne? Genau dieses kindliche Spiel, das Mountainbiken für mich ist, dieses Nur-Können und Nicht-Müssen, darauf könnte ich mich einigen, vielleicht ...

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