Werner Müller-Schell: Herr Schlitt, Sie sind seit der Gründung bei Rotwild mit an Bord. Wie haben Sie die Mountainbike-Zeit damals, Mitte der 1990er-Jahre, erlebt?
Peter Schlitt: Wir waren damals mit unserem Büro ADP Engineering bereits in mehrere Fahrradprojekte involviert und haben Entwicklungsarbeit geleistet. Wir hatten aber immer den Wunsch, etwas Eigenes zu machen und wollten mit Rotwild schließlich eine Präsentationsplattform für unsere Ideen ins Leben rufen – und im besten Fall damit Werbung für unsere Ingenieursarbeit generieren. Es gab so tatsächlich keinen Businessplan oder ähnliches – trotzdem waren wir aber schnell erfolgreich.
Werner Müller-Schell: Ohne Business-Plan? Wie erklären Sie sich, dass Sie trotzdem so schnell auf dem Markt Fuß fassen konnten?
Peter Schlitt: Ich denke, das liegt daran, dass wir unsere Ideen immer radikal verfolgt und umgesetzt haben. Bei unserem ersten Prototypen beispielsweise war das das Thema Full Suspension, das Mitte der 1990er-Jahre ziemlich im Trend lag, aber nur von wenigen konsequent umgesetzt wurde. Mit dem von uns eigens entwickelten aktiven Eingelenk-Federungssystem war das dann direkt eines unserer Steckenpferde – und Rotwild war im Highend-Segment angesiedelt.
Werner Müller-Schell: Der Erfolg gibt Ihnen Recht. Heute, 23 Jahre später, sind Sie 35 Mitarbeiter und neun Ingenieure. Wie muss man sich die Zusammenarbeit bei Ihnen vorstellen?
Peter Schlitt: Die Basis von allem ist Teamwork. Wir haben oft Meetings, in denen wir unsere teilweise verrückten Ideen austauschen – denn davon haben wir Ingenieure viele. Wird eine Idee dann weiterverfolgt, wird sie im Team immer weiter modifiziert und verbessert, ehe dann die verschiedenen Designprozesse und Berechnungen anlaufen. Das Schöne bei uns ist, dass das Bikedesign ein sehr interaktiver Prozess ist.
Werner Müller-Schell: Wie stark sind Sie selbst noch in den Designprozess involviert?
Peter Schlitt: Ich zeichne nicht mehr selbst, dafür haben wir mittlerweile Spezialisten. Allerdings ist die Bike-Entwicklung meine Leidenschaft, daher bin ich noch stark in die gesamte Entwicklung involviert und bringe meine Ideen auch nach wie vor sehr nachhaltig ein, vor allem beim Design. Das Schöne bei uns ist, dass das Bikedesign ein sehr interaktiver Prozess ist.
Werner Müller-Schell: Eines der großen Themen bei Rotwild ist die Vollintegration. Wieso haben Sie sich genau das so groß auf die Fahne geschrieben?
Peter Schlitt: Wenn wir etwas umsetzen, dann wollen wir es richtig machen – und das gilt bei E-Mountainbikes genauso wie bei klassischen MTBs. Und da reicht es eben nicht, einfach nur einen Motor in ein Bike einzusetzen.
Werner Müller-Schell: Sie arbeiten seit Jahren sehr eng mit dem deutschen Hersteller Brose zusammen. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Peter Schlitt: Unser erstes E-Bike-Modell hatte noch einen Bosch-Motor. Wir haben dann aber relativ schnell zu Brose gefunden, weil uns die Philosophie des Motors und seine Bauweise sehr gut gefallen hat. Brose kam damals auch direkt auf uns zu als möglichen Partner – so hat sich dann alles Schritt für Schritt entwickelt.
Werner Müller-Schell: Herr Schlitt, zum Abschluss der berühmte Blick in die Kristallkugel. Wohin geht es langfristig mit der Entwicklung der E-Mountainbikes?
Peter Schlitt: Schon jetzt ist das Thema Effizienz ein richtig großer Trend. Das heißt, dass die Motoren nicht unbedingt mehr Leistung brauchen, sondern es darum geht, wie man beispielsweise bei gleicher Bauweise mehr Reichweite generieren oder bei gleicher Reichweite einen kleineren Akku bauen kann. Die Physik setzt einem irgendwann schließlich Grenzen. Ich denke, hier werden wir in den kommenden Jahren verschiedene Varianten sehen.