Sudety MTB Challenge – 6 Tage Stage-Race in Polen

Text Sönke Wegner Bild Sudety MTB Challenge, Sportograf
Rennen

Sudety MTB Challenge

Die Plakate der Victoria‘s Secret Fashion Show am kommenden Samstag sind der letzte exquisite Luxus der Gegenwart. Wir passieren Prag und überqueren zwei Stunden später die polnische Grenze, ehe wir in Bad Kudowa landen. Dieser Kurort hat bereits sämtlichem königlichen Adel aus vergangenen Jahrhunderten einen angenehmen Aufenthalt bereitet, und wird auch heute noch regelmäßig von Erholungssuchenden aufgesucht. Allerdings merkt man, dass der Kommunismus und auch der Zahn der Zeit etwas hinter der Fassade genagt haben. Die Bevölkerung ist sehr freundlich und in keiner Weise aufdringlich. Schnell empfinde ich diese Mentalität als angenehm und fühle mich, allen Vorurteilen gegenüber Polen, sicher aufgehoben.
Auch habe ich das Gefühl, dass viele besser Deutsch als Englisch verstehen. Die historische Entwicklung Schlesiens basiert auf deutschen Wurzeln, ehe nach dem zweiten Weltkrieg das Land Polen zugesprochen wurde.

 
 
"Bad Kudowa ist ein würdiger Prologort und empfängt uns mit sudetischen Trails der Extraklasse."
Sönke Wegner

Hier in Bad Kudowa (polnisch Kudowa-Zdrój) fand der Prolog zur 9. Auflage der Sudety MTB Challenge statt. Ein markantes Trail-lastiges Bergzeitfahren, das direkt die Startaufstellung für die 220 Starter am Folgetag ergab.
Das Rennen findet, wie der Name schon sagt, in den Sudeten statt. Diese sind ein Mittelgebirge im tschechisch-polnischen Grenzgebiet und haben überwiegend Mischwald. Insgesamt wirkt alles etwas rauer und ursprünglicher, als zum Beispiel im Schwarzwald. Die Wege sind heftiger. Sie sind wurzeliger, verblockter und verlangen einen kompletteren Mountainbiker, als die sonst so üblichen Mittelgebirgsmarathons. Mir kommt dieser Charakter sehr entgegen und ich kann mit der Form, die ich nach dem BC Bikerace aus Kanada mitgebracht habe, ein sehr gutes Rennen fahren.
Mit Etappenlängen von 60 bis 80 Kilometern und zwischen 2.100 und 2.600 Höhenmetern komme ich auf eine tägliche Renndauer von fast vier Stunden. Teilweise auf sehr kraftzehrenden Trails, die oft entlang der Grenze zwischen Polen und Tschechien verlaufen.

"Ein Fully bietet das bessere Bike für die Sudeten."
Sönke Wegner

Qual der Wahl

Ich hatte den Luxus, und hätte täglich zwischen Fully oder Hardtail wechseln können. Ich entschied mich jedes Mal für ersteres und habe es nie bereut. Generell sah man in dem sehr international besetzten Starterfeld wenig Hardtails unter den vorderen Plätzen. Jedoch sieht man hier auch mehr Bikes, die ihre besten Zeiten schon hinter sich haben. Aber das macht das Rennen auch so sympathisch. Die polnischen Teilnehmer lieben den Mountainbike-Sport, auch wenn sie sich nicht das neuste Material leisten können. Und dennoch gehört das gut organisierte Etappenrennen längst nicht mehr zum Geheimtipp. Der Veranstalter Grzegorz Golonko weiß, was echtes Biken ist! So kam er nach der zweiten Etappe zu mir und meinte, dass es heute ein Road Race war und morgen gibt es “pures Mountainbiking“.

Meine Hände schmerzten noch von dem heutigen „Road-Rennen“ und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es noch heftiger an Strecken werden kann. Er hat mich nicht enttäuscht! 42 Kilometer Trails am Stück! Ja – das ist wirklich pur. Die Anstiege bieten eine große Vielfalt. Einige sind so steil, dass ich absteigen muss und andere so verblockt, dass man schiebend auch nicht langsamer ist. Landschaftlich werde ich selbst erschöpft, nach den steilsten Anstiegen, mit einer weitläufigen, grünen Aussicht entlohnt. Die Sudeten ist ein fruchtbares und niederschlagreiches Mittelgebirge. Dennoch kann man gerade immer Sommer lange Trockenperioden erwischen. Solch eine habe ich hier erlebt. Trockene heiße Stunden im Sattel, die nach einem nächtlichen Starkregen mit einer kurzzeitigen Abkühlung unterbrochen wurden. Trotz weichem Boden wurde es nicht schlammig.

"Die Zukunft bringt mit der zehnten Auflage der Sudety MTB Challenge einige neue Features."
Veranstalter

Zukunftsmusik

Nächstes Jahr, zur zehnten Auflage, werden weniger Etappenorte angefahren. Es sollen mehrere Etappen aus einem Ort gestartet werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Weniger oft die Tasche packen, und auch der ständige Hotelwechsel bleibt aus. Der Taschentransfer hat zwar reibungslos funktioniert, dennoch bedeutet es für die Teilnehmer mehr Ruhe und Entspannung nach den verschiedenen Abschnitten, was auch zu mehr Regeneration führt.
2014 findet das Rennen auch nächstes Jahr wieder in meinem Rennkalender einen Platz. Osteuropa ist eine Reise wert und auf dem Mountainbike geradezu eine Herausforderung.
Es ist verhältnismäßig günstig, gut erreichbar und absolut ehrlich! Apropos Ehrlichkeit, wer kennt ihn nicht den Spruch: “Gerade gestohlen, schon in Polen.“? Mir ist diesbezüglich nichts aufgefallen. Aber wie bei jedem Rennen gilt auch hier, dass man auf sein Bike mindestens ein Auge werfen sollte.

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