Auf dem Weg ins Chiemgau verlassen wir unsere gewohnten Pfade. Statt nach dem Irschenberg in Richtung Innsbruck abzubiegen, halten wir uns weiterhin auf der A8 und haben kurz vor Rosenheim in Happing unser Ziel erreicht. Unser Blick wandert über die teils schroffen Felswände, welche sich mit sanften Steigungen abwechseln, der Chiemgauer Alpen, unserem Betätigungsfeld der nächsten Tage.
Trailtouren im Chiemgau
Andy von Bikeguide Chiemgau nimmt uns mit auf seine Hausrunde.
Wir treffen Andy von Bikeguide Chiemgau im Happinger Hof, wo er uns das Programm der nächsten Tage vorstellt. Der kleine Vorort von Rosenheim, Happing, ist ebenso wie das naheliegende Simsee, ein idealer Ausgangspunkt für Touren in das Hochriesgebiet, für alle die auch das abendliche Rosenheim noch nutzen möchten. Darüber hinaus deckt der Happinger Hof vom günstigen Landzimmer bis hin zur 4 Sterne Schlafmöglichkeit alle Wünsche ab.
Vor 10 Jahren kam Andy mit seiner Frau ins Chiemgau, als gebürtiger Franke war es vor allem die Nähe zu den umliegenden Gletschern zum Snowboarden, welche ihn hierher trieb. Doch längst vermisste er die Bewegung auf zwei Rädern und begann sich im Sommer den Chiemgau per Bike zu erschließen. Für den nächsten Tag hält er zwei Highlights für uns bereit, einen Ausflug ins Hochriesgebiet mit anschließendem Besuch des Bikeparks Samerberg und am Nachmittag die Kampenwand, den wohl beeindruckendste Berg des Chiemgau.
Im Winter Skitourengeheimtipp, im Sommer ist man als Biker hier fast allein und das obwohl die Abfahrt direkt im Bikepark Samerberg mündet.
Bergbauernwirtschaft
Am nächsten morgen starten wir früh ins Hochriesgebiet. 700 hm Aufstieg stehen vor uns, das Wetterfenster scheint laut Radar nicht allzu groß zu sein. Der Anstieg verläuft auf angenehmem Schotteruntergrund in sanfter Steigung. Auf einer Höhe von zirka 1.000 Meter ändert sich die Vegetation schlagartig, der Mischwald weicht alpinerem Nadelgewächs und es finden sich auch immer mehr größere Felsen im Wald. Ein spannender Wechsel, dem kurz darauf der nächste folgt. Der Forst öffnet sich und vor uns erstreckt sich ein Hochplateau mit zahlreichen Almwiesen und den dazugehörigen Bauten. Ein Großteil dieser Almen ist noch immer bewirtschaftet, das Grün saftig und mit unterschiedlichsten Kräutern bewachsen. Einige dieser Almen stellen den Käse direkt hier auf der Höhe her, der Großteil wird allerdings an größere Verarbeitungsbetriebe verkauft. Doch scheint die regionale Verarbeitung für viele der hier ansässigen Betriebe wieder eine lohnende Alternative zu sein, wie wir am Ende des Tages noch feststellen werden.
Die weitere Auffahrt gestaltet sich vor allem als Gespräch über Möglichkeiten und Varianten. Also welche Auswahl es gibt seinen Urlaub im Chiemgau zu verbringen, wobei diese in zahlreichen Kombinationen fast endlos sind. Egal ob Familienurlaub an Sim- oder Chiemsee mit gelegentlichen Abstechern in die umliegenden Berge und Seeumrundungen auf schmalen Pfaden, oder alpine Touren mit Übernachtung in exklusiven Hotels bis hin zu ausgedehnten Almtouren auf der Höhe. Varianten gibt es dabei mit dem Bike viele, Andy gibt zu, dass sich auf seiner persönlichen Karte auch noch einige weiße Flecken befinden und andere Ecken mit roten Ausrufezeichen versehen sind. Es gäbe noch viel zu entdecken für ihn im Chiemgau. Beim Überqueren eines Sattels fällt unser Blick zwangsläufig auf ein unter uns liegendes Hochtal und das Gespräch über Varianten wird in den Wintersport weitergeführt, denn gerade die südlicher liegenden Hochtäler seien ideal für Tourengeher, denn Lifte suche man hier vergeblich. Der weitere Auftstieg lässt das kurze Kopfkino zum Thema verschneite Tiefschneehänge und Tourenski zu, bevor wir den höchsten Punkt unserer vormittäglichen Runde erreicht haben.
Hier oben, angelehnt an eine alte Almhütte erzählt uns Andy was ihm am Chiemgau so gut gefällt, die Stadtnähe zu Rosenheim, die Seen und natürlich die umliegenden Berge mit den dazugehörigen Trails. Wir werden das Gefühl nicht los, als ob wir zu den äußerst lebenswerten Bikestädten, neben Innsbruck und Freiburg nun auch noch Rosenheim in unsere Liste aufnehmen müssen.
Der Bikepark Samerberg bietet abwechslungsreiche Strecken und vor allem auch eine schöne Aussicht ins Chiemgau. Mittlerweile gibt es sogar einen großen Pumptrack und ein Übungsgelände.
Pure Vielfalt
Genug geplaudert, wir nehmen die umliegenden Trails unter die Stollen und gelangen nach ein paar Minuten in dichten Wald. Das Gelände wird technischer und zahlreiche Felsbrocken ergeben eine lange, natürliche Treppe, die sich zu unserer Verwunderung erstaunlich flüssig fahren lässt. Nebel und ein kleiner Wildbach als ideale Kulisse, bevor wir auf eine saftige Almwiese ausgespuckt werden. Drei Minuten rollen und schon sind wir am Kopf des Bikeparks Samerberg angelangt. Zum Verweilen laden Alm inklusive dazugehörigem Pumptrack ein, doch die Zeit drängt und so begeben wir uns direkt in den ersten Teil des Parks. Hohe Anlieger, Wellen und eine gute gepflegte Strecke zaubern uns ein Grinsen ins Gesicht. Auch Bikepark-Anfänger finden hier gutes Terrain für einen gelungenen Tag.
An der Talstation angelangt packen wir unsere Sachen und begeben uns nach Aschau. Vor uns türmt sich die Kampenwand auf, und zum Segen unseres Fotografen verrät uns Andy, dass wir ab 13:30 Uhr problemlos mit der Kampenwandbahn hinauf gelangen. Die historische Bahn bietet mit ihren kleinen Gondeln jeweils Platz für einen Biker inklusive Rad, und man kann während der Fahrt tolle Aussichten über Chiemgau und Chiemsee genießen. Oben angelangt versperrt und leider erst einmal eine dicke Wolkenschicht die Sicht ins Tal, so dass wir uns direkt in die Trailabfahrt begeben. Etwas weiter unten öffnet sich endlich der Blick auf Chiemsee und Simsee. Allzulang haben wir allerdings nicht Zeit das Panorama zu verarbeiten, denn schon wenig später verschwindet unser Weg im Dickicht und schlängelt sich in mäßigem Gefälle zurück hinab nach Aschau. Dort angelangt lassen wir den Tag in der Essschmiede bei einem kleinen Kaffee ausklingen. Hier gibt es selbstgemachte Kuchen, Kaffee aus heimischer Röstung und hervorragende Schnäpse. Eine Einkehr ist hier schon fast Pflicht.
Gipfelglück im Achental
Nach dem obligatorischen Genuss regionaler Kulturgüter (sprich Schnaps) geht es für uns nach Marquartstein in den Weßner Hof. Dort wartet schon Dominique von den Smartriders auf uns und erläutert uns den Plan für den nächsten Tag. Eine kleine Gipfeltour werden wir machen, um so ein Rundumpanorama über den Chiemgau zu erleben.
Am nächsten morgen holt uns Steffi ab, sie betreibt Smartriders seit einigen Jahren und arbeitet momentan stark daran Bikern die Schönheit des Chiemgau nahe zu bringen. Wir pedalieren gemütlich auf die Hochplatte, einer der beiden Hausberge des Achentals. Anfangs noch im Nebel, lichtet sich dieser unterhalb des Gipfels und gibt auch hier den Blick auf den Chiemsee frei. Die letzten 20 Minuten müssen wir schiebend zurücklegen, durch enge Tunnel aus Krüppelkiefern bis wir oben am Gipfel ankommen. Das Panorama von hier ist fantastisch, neben den Tallagen erscheint auch die Kampenwand ganz nah.
Wir begeben uns an die Abfahrt, im oberen Teil noch schmal und verblockt wird der Pfad bei stärkerer Bewaldung zum absoluten Flowtrail mit kleinen Kurven, Wellen und atemberaubenden Tiefblicken. Nach einem kleinen Gegenanstieg fahren wir einen weiteren Pfad ab bis zur Staffn Alm. Hier treffen wir Nina von der Gemeinde Marquartstein. Sie erzählt uns von den Plänen das Gebiet für Mountainbiker noch spannender zu machen. Zu diesem Zweck haben sie die Seite Chiemgau-Mountainbike>> ins Leben gerufen. Hier finden sich die ersten Touren inklusive Roadbooks und GPS Daten, die kein geringerer als Achim Zahn, der schon mehrere Transalpbücher veröffentlichte, für sie erarbeitet hat. Er wohnt in Marquartstein und zählt seine Heimat zu den wohl schönsten Mountainbike Gebieten in Mitteleuropa. Ob es das schönste Gebiet ist wollen wir nicht beurteilen, doch eine Reise ist es auf jeden Fall wert.
Nach der Mittagspause rollen wir weiter hinab und kommen wenige Minuten später an der Rachelalm zum Stehen. Diese wird seit fünf Jahren von Maria betrieben. Sie hat die Alm mit 23 übernommen und verbringt seitdem ihre Sommer hier, und das ohne Strom und warmes Wasser. Seit diesem Jahr hat sie mit einer jungen Münchnerin Unterstützung und weiß bei einer kleinen Brotzeit allerlei Spannendes aus dem täglichen Almleben zu berichten. Schnell vergeht bei diesen Erzählungen die Zeit und drängt bereits - wir müssen hinab gen Tal. Der Abstieg führt uns auch hier sanft den Hang entlang hinab und entlässt uns nach einigen Querungen wieder ins Achental. Auf dem Weg nach Hause queren wir noch durchs Chiemgau und sind beeindruckt von den Eindrücken der letzten Tage. Das Chiemgau bietet neben unterschiedlichsten Trails, einem Bikepark und tollen Panoramen, vor allem eine spannende Kulturlandschaft mit recht intakter bergbäuerlicher Almstruktur. Dazu leckere Gastronomie und immer öfter wird sehr viel Wert auf die Verwendung und Vermarktung regionaler Produkte gelegt. Wir werden sicherlich nicht zum letzten Mal im Chiemgau gewesen sein.
Wie sollten Tage im Chiemgau anders beschlossen werden als mit einem guten Heuschnaps.
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