Felgen- und Reifenbreite? – Ein Know How

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Im Interview mit Alexander Gebert, Brand Management Wheels Sport Import

Eine kurze Einschätzung der derzeitigen Entwicklung bei Felgen- und Reifenbreiten: Hauptsache breit?!

Aus der Enduro & Trail 2018

 
 
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Im Interview mit Alexander Gebert, Brand Management Wheels Sport Import

Matthias: Was ist eigentlich genau mit Felgenbreite gemeint?

Alexander : In der sonst sehr anglizistisch geprägten MTB Fachtermini-Sprache wirkt der Begriff „Felgenbreite“ eigentlich sehr klar und eindeutig, das ist er aber mitnichten. Um sich nicht fehlleiten zu lassen, muss man im Hinterkopf haben, dass es eine interne und externe Felgenbreite gibt: Die Maulweite (intern) gibt an, wie breit die Felge zwischen den Felgenhaken ist, während die Felgenbreite besagt, wie breit die Felge an den zwei äußeren Punkten der Felgenhaken ist. Einige Marken benennen ihre Modelle nach der Felgenbreite, da dieser Wert größer ist als die Maulweite und so eine breitere, modernere Felge suggeriert. Für das Fahrverhalten, die Wahl des optimalen Reifens und die richtige Balance aus Breite und Gewicht ist aber nur die Maulweite von Interesse!

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Die Maulweite (intern) gib an, wie breit die Felge zwischen den Felgenhaken ist, während die Felgenbreite besagt, wie breit die Felge an den zwei äußeren Punkten der Felgenhaken ist.

Matthias: Gibt es eine Grundregel, welche Felgen- bzw. Reifenbreite für welchen Einsatzzweck oder Fahrertyp empfehlenswert ist?

Alexander Gebert: Der erste Schritt bei der Wahl der richtigen Reifen- und Felgenbreite sollte immer sein, sein eigenes Fahrverhalten bzw. das Terrain, in dem man unterwegs ist, zu betrachten und zu berücksichtigen. Geht es beim Biken in erster Linie um Fitness und darum, möglichst lange Distanzen zurückzulegen, greifen viele Fahrer auf CrossCountry-Felgen und -Reifen zurück – Hauptgrund für diese Wahl ist das grundsätzlich geringere Gewicht der Felge und des Reifens. Moderne CrossCountry-Felgen haben ein Innenmaß bis ca. 25 Millimetern und die entsprechenden Reifen findet man bis zu einer maximalen Breite von 2,3“. Wird das Terrain anspruchsvoller, so steigen auch die Anforderungen an das Material – auch nimmt das Gewicht des Materials eine immer unbedeutendere Rolle ein. Rock Gardens und Drops erfordern ein größeres Reifenvolumen und griffigere, stabilere Reifen. Felgen für den Trail-Einsatz haben mittlerweile ein Maß von 26-30 Millimetern angenommen und entsprechende Reifen bauen zwischen 2,3“-2,6“ breit. Die immer mehr (auch durch den E-MTB-Boom) in Mode kommenden Plus-Bikes treiben es materialtechnisch auf die Spitze: Großvolumige Reifen mit einer Breite von bis zu 3,2“ erfordern dafür ausgelegte Felgen, um ihr volles Potenzial ausspielen zu können. Richtwerte für die richtige Felgenbreite für Plus-Bikes sind Felgen mit einem Innenmaß von 29-40 Millimetern. Um aus dieser riesigen Auswahl die für sich optimale Felgen Reifen-Kombination zu finden, muss man abwägen und die richtige Balance finden zwischen niedrigem Gewicht und den Anforderungen des Einsatzbereiches.

Matthias: Je breiter die Felge, desto niedrigerer kann der Luftdruck gewählt werden. Wie sieht es dabei mit Durchschlägen etc. aus? Spielt die Profilanordnung des Reifens dabei eine entscheidende Rolle?

Alexander Gebert: In der Regel nimmt mit einer breiteren Felge auch das Reifenvolumen zu. Ein großvolumiger Reifen benötigt weniger Druck, um sich identisch „hart“ anzufühlen wie ein schmalerer Reifen. Das Reifenprofil nimmt hier eine ganz elementare Rolle ein – aber nicht nur bei breiten Reifen / Felgen, sondern immer! Die Ideal-Reifenform des Herstellers wird nur auf einer entsprechend passenden Felgenbreite erreicht und genau deswegen widmet sich Stan’s NoTubes mit einer großen, sauber abgestuften Auswahl an Felgenmodellen diesem Thema mit höchster Sorgfalt. Eine zu breite Felge, die von den Empfehlungen des Reifenherstellers stark abweicht, erhöht das Risiko von Durchschlägen, da in diesem Fall die Reifenflanke nahezu senkrecht steht und bei Kompression weniger Reifenmaterial das Felgenhorn schützen kann. Das Felgenhorn wird nicht ausreichend vom Reifen bzw. dessen Seitenwand umschlossen und so kommt es relativ schnell zu einem oft fatalen Kontakt von Felge und Fels, Wurzel oder Stein. Aber auch die Felge selbst hat auf die Gefahr von Durchschlägen einen großen Einfluss: Stan’s NoTubes Felgen wurden bewusst radial nachgiebig mit einem kurzen, geraden Felgenhorn konstruiert, um das Risiko von Durchschlägen zu minimieren. Eine übermäßig steife Felge zwingt den Reifen in eine stärkere Kompression, die nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist.

Matthias: Gibt es eine Faustformel, welcher Reifendruck bei welcher Felgen-/Reifenbreite von Vorteil ist? (Abhängig vom Fahrergewicht und Fahrstil/Einsatzzweck)

Alexander Gebert: Ja die gibt es: Sie nennt sich PERSÖNLICHES GEFÜHL! Spaß beiseite, Faustformeln sind immer mit großer Vorsicht zu genießen, da sie eben nur (sehr) grobe Richtwerte liefern können. Daher gibt Stan’s bei allen Felgen auch nur Maximalwerte beim Luftdruck an, die in Abhängigkeit der Reifenbreite nicht überschritten werden dürfen. Auf der Suche nach dem idealen Luftdruck kommt man ums Probieren nicht herum, da es schlicht zu viele Einflussfaktoren gibt, die den Luftdruck bzw. die Wahl des Luftdrucks beeinflussen können. Ein wichtiger Punkt, den kein Hersteller jemals herausfinden wird, sind individuelle Vorlieben des Fahrers. Schließlich geht es beim Biken um den maximalen Fahrspaß und nicht zwangsläufig darum, sich an Regeln oder Hersteller-Empfehlungen zu halten. Unsere Empfehlung / Faustformel lautet daher: So wenig Luftdruck wie möglich, bis zu einem Punkt, an dem man merkt, dass der Reifen sich in Kurven „komisch“ und instabil anfühlt. So kann man sein Minimum ermitteln – eine Anpassung des Luftdrucks nach oben ist dann zwar nicht zwingend notwendig, kann aber im Bereich von ca. +0,3bar vorgenommen werden. Aber auch hier gilt: Den richtigen Luftdruck bestimmt immer der Fahrer, aufgrund seiner Vorlieben.

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Unsere Empfehlung / Faustformel lautet daher: So wenig Luftdruck wie möglich, bis zu einem Punkt, an dem man merkt, dass der Reifen sich in Kurven „komisch“ und instabil anfühlt.

Matthias: Breiterer Reifen, bedeutet das zugleich einen erhöhten Rollwiderstand und ein Mehrgewicht?

Alexander : Grundsätzlich sorgen breitere Komponenten für ein Mehrgewicht, da schlicht mehr Material verwendet wird. Eine pauschale Aussage zum Rollwiderstand kann man allerdings nicht treffen. Die aktuelle Entwicklung der sonst eher konservativen Rennrad-Profis beweist, dass selbst gewichtsfokussierte Rennfahrer den Vorteil von breiteren Reifen zu schätzen wissen. Sowohl auf der Straße als auch im Gelände kann man sagen, dass ein breiterer Reifen den Rollwiderstand verringert und durch eine größere Auflagefläche das Grip-Level steigt. Durch ein größeres Reifenvolumen und die Möglichkeit, einen niedrigeren Luftdruck zu wählen, steigt außerdem der Fahrkomfort, da der Reifen Vibrationen und Unebenheiten besser „schlucken“ kann.

Matthias: Welche Bedeutung hat Tubeless?

Alexander : Tubeless hat sich über die Jahre zu einem massentauglichen Standard im MTB-Bereich entwickelt. Die Adaption am MTB ist in so gut wie allen Köpfen angelangt und in den letzten Jahren sieht man auch verstärkt, wie die Straßen-Abteilung auf den Tubeless- Zug aufspringt. Die Fähigkeit, Löcher im Reifen selbständig während der Fahrt abzudichten sowie positive Einflüsse auf Rollwiderstand, Grip, Stabilität und ein niedrigeres Gewicht, machen es zum überlegenen System für Fahrradreifen aller Art.

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Tubeless ist für viele Radbegeisterte kaum mehr wegzudenken und bietet allerlei Vorteile gegenüber einem Schlauchsystem.

Matthias: Wie sieht es mit Burping aus, dem Luftverlust bei geringem Luftdruck bzw. der Gefahr, dass der Reifen speziell in Kurvenfahrten von der Felge rutscht?

Alexander : Speziell zu den Tubeless-Anfangszeiten in den frühen 2000er Jahren war Burping ein großes Problem im Tubeless-Betrieb. Felgen und Reifen wurden aber über die Jahre immer besser, so dass Burping heute nur noch vereinzelt auftritt. Die Ursache für Burping ist, dass der Reifen nicht genug Druck aufrechterhalten kann, um seine Form beizubehalten. Das tritt speziell in schnell gefahrenen Kurven und bei harten Einschlägen ein, wenn sich der Reifen stark verformen muss. Für einen kurzen Augenblick verliert der Reifen den Kontakt zur Felge, was zum Luftverlust oder im schlimmsten Fall zu einem Sturz führt, weil der Reifen komplett von der Felge rutschen kann und man auf blankem Aluminium oder Carbon fährt. Präzises Lenken oder ein sicheres Anhalten ist hier kaum noch möglich. Bei Stan’s NoTubes Felgen sorgt die patentierte Felgenform mit einem größeren Innendurchmesser gepaart mit sehr kurzen Felgenhaken dafür, dass die Reifenwulst so stark an die Felge gepresst wird, dass Burping selbst bei sehr niedrigen Drücken kein Thema ist.

Matthias: Warum gibt es auch bei Stan’s als kleiner Firma so viele verschiedene Felgenmodelle? Macht das überhaupt Sinn oder ist das nur Marketing?

Alexander : Stan’s NoTubes fertigt Produkte aus Leidenschaft und Überzeugung! Bei Stan’s lebt und liebt man Fahrradfahren, das war von Anfang an die Motivation, die Firma überhaupt zu gründen. Schnell erkannte man, dass es unwahrscheinlich viele Formen und Ausprägungen vom Fahrradfahren gibt: Ein Marathonfahrer und ein Downhiller haben an sich wenig gemeinsam, doch bezeichnen wir beide Fahrertypen als Mountainbiker. Um hier allen Mountainbikern gerecht zu werden und ihnen die Möglichkeit zu geben, das optimale Produkt für IHREN Einsatzbereich zu bekommen, schenkt Stan’s auch Nischen wie z.B. Plus-Bikes mit den neuen Modellen Sentry MK3 und Baron MK3 seine volle Aufmerksamkeit bei der Produktentwicklung. Daher ist es nur logisch, dass es von Stan’s Felgen und Laufräder für alle Gattungen des Mountainbikes gibt – schließlich wollen wir alle dasselbe: das Beste aus jeder einzelnen Fahrt herauskitzeln, egal ob auf der CrossCountry-Rennstrecke, unserer Feierabend-Trailrunde oder im Bikepark.

Matthias: Aktueller Trend: Je breiter die Felge, desto besser – stimmt das?

Alexander : Trends zu beobachten ist toll und zu sehen, wie eine Industrie im Wandel ist, macht tierisch Spaß. Dennoch muss man Trends auch immer mit einer gewissen Skepsis begegnen. Genauso verhält es sich auch aktuell mit der Debatte um Felgenbreiten. Das Credo heißt hier oft: Je breiter, desto besser. Das macht aber bisweilen genauso viel Sinn wie ein CrossCountry-Bike mit 200mm-Federweg. Es funktioniert in den meisten Fällen; richtig Sinn macht es nicht. Daher gilt es hier zu bedenken, dass manchmal weniger (Felgenbreite) mehr (Fahrspaß) ist.

Matthias: Stan’s WideRight Philosophie: Vor einigen Jahren gab es Modelle mit dem gleichen Einsatzbereich, die ca. 8 Millimeter schmaler waren als die jetzigen Modelle (FLOW mit 22mm vs. FLOW MK3mit 29mm), wie ist das zu erklären?

Alexander : Auch zum damaligen Zeitpunkt konstruierte Stan’s NoTubes Felgen mit dem WideRight Konzept im Hinterkopf – sprich: Eine Felge sollte optimal breit sein für den jeweiligen Einsatzbereich und die gängigen Reifenbreiten in der entsprechenden Disziplin. Demnach war damals eine Flow bzw. eine Flow EX eine universell einsetzbare Felge, deren Einsatzbereich sich von Trail bis Downhill erstreckt. Daran hat sich prinzipiell auch nichts geändert! Was sich aber über Jahre massiv geändert hat, sind die Reifen bzw. deren Profile. Immer aggressiver konstruierte Seitenstollen benötigen eine entsprechend breite Felge, um richtig positioniert zu sein und ein ideales Kurvenverhalten zu bieten. Eine zu schmale Felge würde in diesem Fall die Kurventraktion deutlich verschlechtern, da durch eine nicht optimale Reifenform quasi die Mittelstollen die Hauptarbeit in Kurvenfahrten übernehmen müssten – dass das nicht wirklich gut funktioniert, leuchtet wohl ein. Speziell Kurvengrip ist eine Sache, welche maßgeblich beim Fahren spürbar ist. Demnach wird hier bei der Reifenentwicklung herstellerseitig extrem viel Wert draufgelegt. Felgenhersteller müssen zwingend nachziehen und ihre Felgen entsprechend breit (um)konstruieren. Mit der Flow MK3 hat Stan’s auch zur heutigen Zeit wieder eine Do It All-Felge im Angebot, die perfekt mit Reifen von 2,35“-2,8“ harmoniert – sie deckt eben den Einsatzbereich von Trail bis Downhill nicht nur in puncto Stabilität ab, sondern auch von den gängigsten Reifenbreiten her!

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Matthias: Was hält die Zukunft für uns in Sachen Felgen- und Reifenbreiten bereit?

Alexander : Schwierig zu sagen; die Bike-Industrie ist derzeit im Wandel und einige Veränderungen und Trends waren so nicht wirklich vorherzusehen. Hinsichtlich Felgenbreiten sind wir zurzeit an einem Punkt angelangt, an dem bereits ein Umdenken stattfindet, nämlich: breit ist nicht immer besser! Daher werden wir in Hinblick auf Felgenbreiten in nächster Zeit wohl keine gigantischen Sprünge mehr erleben. Interessanter wird eher die Wahl des Felgenmaterials und die Felgenkonstruktion an sich sein: Carbon wird immer mehr zum Standard bei High End-Bikes (selbst im Hardcore Enduro-Einsatz) und außerdem immer erschwinglicher. Auch Stan’s NoTubes greift mit seinen neuen Carbon Modellen Crest CB7 (CrossCountry / Marathon) und Arch CB7 (Trail / Enduro) zum ersten Mal im Bereich der „erschwinglichen“ Carbon Laufräder, mit einem UVP von 1.399 Euro, an.

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Durch andere Möglichkeiten des Felgendesigns mit Carbon ist hier noch einiges in Sachen Fahrverhalten möglich. Stan’s NoTubes ist zum Beispiel ein Verfechter von vertikal nachgiebigen Carbon Felgen.

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So können die CB7 Modelle bis zu 10 Millimeter vertikal nachgeben, was einen deutlichen Einfluss auf das Fahrverhalten und speziell den Fahrkomfort hat. Ich bin mir sicher, dass wir in diese Richtung in den nächsten Jahren äußerst spannende Konzepte sehen werden.

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