Schönbuchtrophy 2017 – Ein persönlicher Rennbericht

Text Tamara Bestler Bild privat
Geschichten

Start of the season

Mein erstes Rennen in diesem Jahr und vor allem aber das erste Rennen nach der Geburt meiner Tochter im letzten Sommer bin ich ja schon gefahren (nachzulesen hier: http://girlsridetoo.de/nach-babypause-zurueck-an-der-startlinie/ ). Da ich nun aber in Finale beim 24h Rennen Anfang Juni im 4er Team starten werde, war klar ich muss doch noch ein bisschen trainieren und wo motiviert man sich besser fürs Training als bei einem Rennen? Am besten eignen sich hierfür die regionale Rennevents zum Saisonstart und so stand ich letzte Woche am 29.04. an der Startlinie bei der Schönbuchtrophy 2017 in Herrenberg, südlich von Stuttgart.

 

 
 

Für mich gleichzeitig auch ein kleines Heimrennen. Ich bin in der Region aufgewachsen und freue mich echt, dass in meiner Heimat ein solches Rennen stattfindet. Das gehört dann selbstverständlich auch unterstützt.
Noch nicht fit für lange Renndistanzen entscheide ich mich für die Kurzstrecke mit 24 Kilometer und knapp 500Hm. Mit einem guten Trailanteil von schätzungsweise 30% ist die Strecke durchaus anspruchsvoll. Es gibt schnelle Schotterabfahrten und wie ich mich erinnern kann am Ende nochmals einen sehr steilen teils wurzligen Anstieg. Viel einzuteilen lässt sich auf 24km jedoch nichts, somit heißt es um vorne ein bisschen mitzumischen schlichtweg Vollgas vom Startschuss an.
Das miese Wetter in der Woche zuvor nimmt mir jegliche Motivation und ich verspüre keine Lust auf das Rennen. Auch schaffe ich es nicht mehr zu einer kleinen Vorbelastung in den Tagen zuvor, Kind, Regen, Termine halten mich davon ab. Bis zum Packen am Freitagabend verdränge ich erfolgreich meinen Start am morgigen Tag.

"Die Lunge brennt, eigentlich will ich nur noch ins Ziel."

Samstagmorgen - Raceday!
Es hat zu regnen aufgehört. Ein kleiner Lichtblick für mich. Das Thermometer klettert auch wieder gut über die 10° C und ich freue mich langsam auf die Schlammschlacht die da auf mich zukommt.
Am Veranstaltungsort angekommen kämpft sich die Sonne immer wieder durch die Wolkendecke durch. Ich fahre mich ein wenig warm. Den ersten Anstieg, welcher die FahrerInnen direkt nach dem Start erwartet, will ich zumindest einmal rauftreten um die Länge besser einschätzen zu können. Schon da merke ich meine Oberschenkel fühlen sich steinhart an und es zwickt und krampft ein wenig.
Nicht zuviel drüber nachdenken, red ich mir ein. Dann geht’s in den Startblock. Aufgrund meiner Leistung vor zwei Jahren darf ich nach vorn. Ob ich hier wohl dieses Jahr auch richtig stehe?
Ich verabschiede mich von Mann und Kind. Der Startschuss fällt und der Block startet direkt in den Berg. Ich versuche mein Tempo zu finden. Komme aber nicht wirklich in einen Rhythmus, meine Oberschenkel haben schon zur Hälfte des Berges zu gemacht. Ich sehe drei meiner Konkurrentinnen um mich rum. Versuche dran zu blieben. Leider gelingt es mir nicht und ich muss sie ziehen lassen. Ich ärgere mich über meine Beine und überlege, ob es Sinn macht dieses Rennen unter solchen Umständen zu fahren?! Ziemlich bescheuerte Gedanken- ich schiebe sie weg, es ist bisher weder was gewonnen, noch verloren.

Letzte Vorbereitungungen - was zieh ich am besten an? Aus der einen Himmelsrichtung scheint die Sonne aus der anderen ziehen sehr düstere Wolken näher.

Steh ich im ersten Startblock auch richtig? Aber es bleibt keine Zeit mehr für Zweifel, der Startschuss fällt gleich.

Meine Konkurrenz habe ich grad noch so im Blick, also bin ich gar nicht so langsam wie es sich anfühlt. Ich fahre etwas gezügelter und dann sind wir auch schon oben. In der Ebenen will ich gut machen und trete rein was geht, komme den Damen wieder näher. Dann werde ich schon wieder ausgebremst – nächster Anstieg. Schaltfehler, meine Kette rutscht runter... Aahh, so ein Dreck. Ich rette sie wieder hoch und muss dann doch kurz absteigen, ein Krampf im Schenkel. Kurz dehnen, es geht wieder. Ich schalte einen Gang zurück und fahre gemütlich den Anstieg hoch. Oben hat sich der Schenkel wieder etwas gelockert und ich gebe wieder Gas auf der schnellen Schotterabfahrt. Eine Frau hol ich mir auch schon wieder. Also noch ist alles drin. Dann geht’s auf die ersten Trails, sie sind zwar schlammig aber doch besser abgetrocknet als vermutet. Hier kann ich Boden gut machen. Dann ein langes Windschattenstück, ich frag mich wieso ich hier die Arbeit mache. Nach einer Zeit winke und rufe ich die Männer hinter mir nach vorne. Sie hätten sich doch zu gern weiter hinter mir ausgeruht. Es läuft besser, meine Schenkel fühlen sich nicht optimal an, aber sie scheinen sich ihrem Schicksal gefügt zu haben. Nun beginnt der Kampf um die Platzierungen, meine innere Wettkampfsau spurtet auch endlich los und gibt alles. Es ist schon verrückt, welche Leistungen ich bei Rennen und Wettkämpfen auf einmal abrufen kann. Mein Körper will dann einfach Gas geben.
Ich battle mich zwischenzeitlich gut um Platz zwei, drei und vier (ohne es zu wissen). Wir sind alle sehr dicht, immer wieder attackiert eine, wir fahren wieder aufeinander auf, dann reißt eine doch wieder ein Loch... Auf den Singletrails kämpfe ich immer wieder mit der Traktion, merke aber schnell den anderen geht’s nicht besser. Auf den geschotterten Waldwegen schaff ich es wieder Zeit gut zu fahren.

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Dann kommt der letzte Uphill der Strecke. Dieser ist echt fies steil und gespickt mit Wurzeln. So fordert er bei allen TeilnehmerInnen seinen Tribut. Die meisten steigen schon recht weit unten ab. Das will ich so lang es geht verhindern. Fast oben angekommen bringt mich eine Wurzel und schlammiger Untergrund zum Absteigen. Hier ruft mir und der jungen Frau direkt hinter mir einer zu: „Stark - zweite und dritte Frau!“ Das hab ich gebraucht, jetzt packt mich nochmal aller Ehrgeiz und ich hole raus was noch geht. Die Lunge brennt, eigentlich will ich nur noch ins Ziel.
Am Naturfreundehaus oberhalb von Herrenberg angekommen ist mir klar jetzt hab ich den zweiten Platz so gut wie in der Tasche, die letzten drei Kilometer einfach Vollgas und sauber heimfahren.
So wird es auch immer lauter je weiter man sich der Altstadt nähert. Die Sonne scheint und die Leute hat es in die Innenstadt zum Zieleinlauf gezogen. Und ich habe es geschafft! Bin ich froh die letzten Kehren ins Ziel auf den Herrenberger Marktplatz einzurollen. Der Sprecher bestätigt mich als zweite Frau und ich bin stolz wieder ein gutes Ergebnis hingelegt zu haben. Meine Schenkel zittern ein wenig, aber ich freue mich meinen Mann, mein Kind und sogar meine beiden Schwestern hinter der Absperrung zu erblicken.

Die Veranstaltung jährt sich schon zum dritten Mal und ich finde die Organisatoren machen jedes Jahr ihren Job ein bisschen besser. Zum Glück hat dieses Jahr der Niederschlag kurz vor dem Rennwochenende aufgehört und es mussten kaum Singletrail-Kilometer weggekürzt werden. Die Strecke ist schnell, macht Spaß und wie ich finde für Jedermann und Jedefrau fahrbar. Vor allem die Kurze Distanz eignet sich hervorragend um mal ein bisschen Rennluft zu schnuppern. Mit 30 Starterinnen zu 213 Gesamtstartern freut es mich, dass auch wir Damen relativ gut vertreten sind! Weiter so!

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