Wer sein Mountainbike reisefertig verpackt, um sich aufzumachen, die Trails der Alpensüdseite zu erkunden, den führt sein Weg häufig durch Südtirol. Vorbei an Weinreben, Apfelbäumen, Burgen und kleinen, schmuck aussehenden Dörfchen. Wer hat auf diesem Weg noch nicht daran gedacht, eines dieser pittoresken Städtchen zu besuchen, aber fuhr dann doch weiter, zumeist mit dem mittlerweile für Mountainbiker etwas abgenutzten Ziel Lago? Ein großes Stoppschild „Mountainbiker – hier entlang!“ sollte man auf der Autobahn durch das Etschtal anbringen, genau dort, wo sich die italienische Auto-Strada nur noch gemächlich talabwärts schlängelt durch den Süden Südtirols. Denn die Südtiroler Weinstraße beginnt in Nals und zieht sich, an der Weinstadt Bozen vorbei, durch das Überetsch und Unterland bis nach Salurn. Eine Connaisseuse nicht nur der regionalen Wein-, sondern auch der Wegekultur, ist Karen Eller. Sie empfiehlt, neben dem eleganten Wein auch die erlesenen Trails rund um den Traminer Hausberg Roen und das Trudner Horn zu verköstigen.
Not for girls only
Karen Eller, Scott Sports Botschafterin
WOM Medien: Karen, du hast 2012 das erste Camp speziell für Bikerinnen ins Leben gerufen, das BIKE Womens Camp. Dieses findet vom 14. bis 17. September 2017 bereits zum sechsten Mal in der Region statt. Tramin und Kaltern haben es dir offensichtlich angetan. Was findest du als Organisatorin an der Südtiroler Weinstraße so reizvoll?
Karen Eller: Ich mag die Region deshalb so gerne, weil sie wesentlich lieblicher, weicher wirkt als etwa der Gardasee. Sie ist sehr vielfältig – von hochalpin auf der einen Seite bis zu hügelig, waldig auf der anderen. Zu jeder Jahreszeit hat man dort die Möglichkeit zu biken. Es gibt viele flowige Trails auf Waldboden, wurzelig und oft im Herbst auch mit viel Laub. Die Anstiege sind moderat, nicht zu steil und lassen sich gut pedalieren; das ist mir wichtig, denn ich bewältige die Anstiege immer noch gerne aus eigener Kraft und „verdiene“ mir die Abfahrt. Außerdem mag ich die Südtiroler Kultur sehr gerne; das Essen, die Weinkultur, die Kastanien, die Südtiroler Sonne, den blühenden Oleander. Und nicht zuletzt ist der Kalterer See einer der wärmsten Seen der Alpen; man kann sogar bis spät im Oktober noch darin baden. Er verleiht der Region auch ein wenig mediterranes Flair.
WOM Medien: Mittlerweile treffen sich über 100 Bikerinnen am Camp – was macht es so besonders?
Karen Eller: Das Biken steht natürlich im Fokus. Die Touren sind vielfältig, immer auch mit Höhenmetern zum Bergauf-Pedalieren. Es gibt aber auch einen Shuttle-Bus und die Mendelbahn, die es ermöglichen, auch mal zu den höher gelegenen Traileinstiegen zu gelangen. Durch die einzigartige Lage und den See können wir zum Bikeprogramm mit geführten Touren, Fahrtechnikworkshops und mentalem Biketraining zusätzlich ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Yoga am See und Standup-Paddle-Sessions anbieten. Das BBQ und die Camplocation direkt am Strand tragen sicher ihren Teil zum Spirit bei. Ach ja, und eine Weindegustation darf natürlich auch nicht fehlen …
WOM Medien: Du erwähntest schon, dass beim letzten Camp so einige Flaschen geköpft wurden. Bist du selbst auch Weintrinkerin? Wenn ja, welchen Wein aus der Region kannst du empfehlen?
Karen Eller: Logisch mag ich Wein – ich bin doch Bikerin! Persönlich mag ich besonders die Weißweine der Region. Zu meinen Lieblingsweinen gehören die der Kellerei Tramin (und das nicht nur wegen des stilvollen Etiketts): vor dem Essen der Gewürztraminer, zum Essen gern Sauvignon oder Chardonnay, als Digestif Goldmuskateller oder Rosenmuskateller.
WOM Medien: Mit deinem Partner Holger Meyer und eurer Bikeschule „die rasenmäher“ guidest du auch bereits seit mehreren Jahren für das Hotel Traminer Hof. Juniorchef Andreas Pomella schwärmte erst vor Kurzem von der Grenzkammtour (Gampenpass bis Fenner Joch, dann Abfahrt nach Tramin) oder dem Power-Trail, einer kurzen, trailreichen Tour nach dem Check-in. Welche Touren/Trails eignen sich deiner Meinung nach besonders für Anfänger?
Karen Eller: Touren in der hügeligen Mittelgebirgslandschaft des Montiggler Waldes und rund um die Ortschaften Kaltern und Tramin. Zahllose Schotterpfade, Römersteige, geteerte Rad- und Landwirtschaftswege verzweigen sich wie ein weit gespanntes Netz. Die Routen über die Talsohle, rund um den Kalterer See und die zunächst sanft ansteigenden Bergflanken, vorbei an den zart rosafarbenen Reben des Gewürztraminers, lassen genug Puste, um den Blick schweifen zu lassen. Die Routen Richtung Kalterer See oder Kastelanz bieten Genuss mit Weitblick, stets in greifbarer Nähe zum Ausgangspunkt.
WOM Medien: Und was empfiehlst du Enduristen?
Karen Eller: Sie sollten erst hoch auf den Mendelpass mit der Mendelbahn, dann Richtung „Aussichtsberg“ Penegal (350 Höhenmeter) fahren, hinunter auf Trails ins Val di Non und zurück über den neuen Mendelsteig-Trail nach Tramin.
WOM Medien: Wo werden Tourenfahrer glücklich?
Karen Eller: Sie sollten über Altenburg Richtung Grauner Joch fahren und über Trails wieder zurück nach Tramin. Oder auf den Mendelpass, über 600 Höhenmeter weiter zum Monte Roen auf über 2.000 Meter. Dort oben genießt man eine herrliche Fernsicht: Im Osten erblickt man die Dolomiten, weiter nordwärts den Alpenhauptkamm und auch noch das Ortler-Massiv. Mit einem Wort: spektakulär! Wer sich bemüßigt fühlt, kann über 1.700 Tiefenmeter Trails wieder hinab nach Tramin fahren.
WOM Medien: Und welche Tour legst du AllMountain- Fahrern ans Herz?
Karen Eller: Von Neumarkt aus auf die Cysloner Alm und mit einem tollen Trail (anspruchsvolle Variante oder gemäßigtere Variante) zurück nach Neumarkt und Tramin. Unbedingt im kleinen und feinen Hofschank Lexnhof in Montan einkehren – der verkörpert den Cha- rakter der Region aufs Beste!
"Rund um Tramin und Kaltern teilen sich ganz liebliche Noten einen Spielplatz mit charakterstarken Schwergewichten. Kontrastreicher könnte eine Bikeregion kaum sein."