Kolumne: Vergleich mit Freunden

Text Flo Bammes Bild Manfred Stromberg
Meinung

Vergleich mit Freunden

In dieser Stage der Trail Trophy musste ich 2015 erstmalig nicht zum Hände ausschütteln anhalten. Ein innerer Gewinn, auch wenn es an der Platzierung wieder mal nichts änderte. Hatten die Anderen etwa auch trainiert?

Aus der Ausgabe 04.16

 
 

„Rennen fährt man nicht aus Spaß, man fährt sie, um zu gewinnen!“ So die Aussage eines guten Bekannten, der sie noch kennt, die „gute alte Zeit“ des Rennradsports. Würde diese Aussage zutreffen, hätte ich auf Rennveranstaltungen wenig zu suchen. Der Kampf um Platz 50 hat doch eher wenig mit Gewinnen zu tun, noch etwas weniger mit dem Willen dazu. Würde ich mit dieser Phrase im Kopf in ein Rennen gehen, ich wäre danach maßlos enttäuscht von meiner Leistung und würde nie mehr an den Start eines Rennen treten.
Warum sich also in einem Rennen messen? Warum weiß ich, dass ich nicht den ersten Platz belegen werde, und dennoch bin ich voller Vorfreude, bin adrenalindurchtränkt?
Es ist so einfach! Ein Rennen bedeutet für mich, wie für viele andere, ein Wochenende mit Freunden zu verbringen. Ein Wochenende mit haarsträubendem, blödem Gelaber. Mit viel Gelächter, gar mit Freudentränen, mit Aufregung, Schweiß, Anspannung, Geschwindigkeit und Adrenalin.
Es ist sowohl eine gesellige Zusammenkunft wie auch eine innere Einkehr. Die Anspannung vor dem Start, der Herzschlag, der vor Aufregung Pogo tanzt. Die Konzentration während des Rennens. Das permanente Abchecken aller Parameter: Physis. Weg. Bike. Psyche.
Es ist wie eine andere Welt, die man betritt, und auch wenn ich weiß, dass dies für einige gang und gäbe ist, so ist es für mich immer wieder aufs Neue ein Abenteuer. Man ist so weit weg vom Alltag wie selten, man lernt sich auf eine Weise kennen, die einem sonst verwehrt bleibt.
Das Rennen fängt ja nicht mit dem Einzählen am Start an, sondern schon Wochen vorher. Telefonate werden mit Mitstreitern geführt über Materialwahl und Ausrüstung, Training, Verpflegung, und ob die Streckenführung wohl Neuigkeiten zu bieten hat.

Das Augenmerk auf die Platzierung, auf den Gewinn des Rennens, wird der ganzen Veranstaltung, wie ich sie wahrnehme, nicht gerecht. Es ist vielschichtiger, aufregender, umfassender als das.
Klar vergleiche auch ich Zeitenzettel, freue oder gräme mich, bin angespornt oder niedergeschlagen. Neue Ziele formen sich. Träume platzen. Es geht nicht darum, zu gewinnen. Top 50, top 100. Es spielt keine Rolle. Ein Teil dessen, was das Rennenfahren ausmacht, ist, dass Freude und Leid so dicht beisammen sind. Emotionen in solcher Dynamik zu erleben, das ist es, warum ich und viele andere Rennen fahren. Und wer den Längsten hat, wissen wir spätestens seit Roberto Esquivel Cabrera. Und damit können wir dieses Kapitel einfach ad acta legen.

nach oben