Suspension – Befragungen der Menschen hinter den Produkten

Text Christian Ettl Bild Hersteller
Material

Suspension - Dämpfungskartuschen

In der letzten Gravity-Ausgabe haben wir euch Grundbegriffe in Sachen Fahrwerk näher gebracht. Wir haben uns mit der Funktion, der Entwicklung und der Pflege beschäftigt. Jetzt wollen wir darauf eingehen, welche Ideen hinter den Produkten stecken. Wir beleuchten, was sich hinter Namen wie FIT, CHARGER oder PCS verbirgt. Dämpfungssystem ist nicht gleich Dämpfungssystem.

Aus der Ausgabe 09.16

 
 

FOX

Text Chris Tojer

Seit über vier Jahrzehnten designt und fabriziert FOX Federungsprodukte für eine Vielzahl an Vehikeln. Den Grundstein legte 1974 der passionierte Amateur-Motocross-Rennfahrer Bob Fox, Ingenieur und Gründer von Fox Factory Inc., als er den ersten Prototyp der legendären AirShox-Stoßdämpfer für Motocross-Maschinen entwarf und bald darauf die Serienfertigung in Kalifornien/USA startete. Heute zählt die Belegschaft von FOX über 1000 Mitarbeiter weltweit und das Produktportfolio erstreckt sich von mannsgroßen Stoßdämpfern für PS-starke Wüstenrally-Boliden bis hin zu den Mountainbike-Produkten wie wir sie kennen.

Technologie
Die Fox FIT Dämpfungstechnologie

FIT – Die Idee
Die Erfolgsgeschichte der FIT (Fox Isolated Technology) Dämpfungstechnologie beginnt im Jahr 2004 mit den Prototypengabeln der 40, die FOX-Athleten im Downhill-Rennsport einsetzen. Das erklärte Ziel der FOX-Ingenieure war damals, eine konstante und gleichleibende Dämpfung vom Startgatter bis zur Ziellinie zu garantieren. Als Lösung stellt sich ein geschlossenes Dämpfungskartuschen-Design heraus, mit dem man Luft und Öl komplett voneinander trennen kann. Als Volumenausgleich – der Schaft der Dämpfungskartusche verdrängt bei der Einfederbewegung Öl – dient damals schon ein „Bladder“, also ein Gummibalg, der diese verdrängte Ölmenge durch Expansion auffängt. Angenehmer Nebeneffekt dieser Konstruktion ist, dass man das Schmieröl und das Dämpfungsöl komplett voneinander trennen kann. Der Abrieb, der bei einer Federgabel mit Spiralfeder ganz automatisch entsteht, landet so nur im Schmieröl und beeinträchtigt in keiner Weise die Dämpfung. Das schont die diffizilen Bauteile im Inneren der Dämpfungskartusche nachhaltig und vereinfacht auch die Wartung. Mittlerweile wurde dieses damals im Mountainbike-Sport einzig und allein von FOX angewandte Prinzip einer geschlossenen Kartusche von weiteren Herstellern adaptiert. Mittlerweile ist es sozusagen „state of the art“.

FIT – Die Evolutionsstufen
Die FIT4 nun stellt die vierte Generation dieser Technologie dar. Was war davor?
Die erste FIT-Generation war 2004 in der 40 und kurz darauf in der 36 zu finden. 2010 folgt eine neue Generation der FIT, die es ermöglicht, die Einstellung der Druckstufe nach oben an die Gabelkrone zu holen, was die Bedienbarkeit wesentlich vereinfachte. Diese Generation war in allen damals erhältlichen FOX-Gabeln zu finden: 32/36/40. Die dritte Generation, vorgestellt im Jahr 2012, ist besser bekannt unter dem Namen „FIT CTD“ und nimmt für sich in Anspruch, die erste Dämpfungskartusche mit einer 3-Positions-Logik (Climb/Trail/Descend) zu sein. Hier zum ersten Mal im Mountainbike-Bereich zu sehen sind auch Dichtungen von SKF, die extrem reibungsarm agieren und der Sensibilität der Gabeln sehr zuträglich sind. Die CTD-Technologie basiert auf einem Rotationsventil, das man dem eigentlichen Shimstack, der aus kleinen Metallblättchen besteht, die den Ölfluss und somit die Dämpfung regeln, vorschaltet. Abstrakt und stark vereinfacht kann man sich dieses Prinzip in etwa so vorstellen wie einen Gewürz- oder Salzstreuer mit drehbarem Dosierkopf. Je größer die Löcher über der Öffnung des Streuers werden, desto mehr kommt raus. Dieses Rotationsventil ist direkt mit dem blauen Knopf oben am rechten Gabelholm verbunden und durch das Drehen desselben wird im Inneren der Kartusche der Ölfluss und damit die Druckstufe gesteuert. Dreht man den Hebel im Uhrzeigersinn bis an den Anschlag, hat man einen Lockout. Aber keine Angst: Im Lockout-Modus hat die Kartusche ein Sicherheitsventil („Blow-off“), welches den Ölfluss freigibt, falls man mit aktiviertem Lockout in den Downhill übergeht. Dies schont die Kartusche und natürlich auch die Fahrerin oder den Fahrer.

Bob Fox "We are never done" gilt heute wie damals als Firmencredo.

FIT4 Über den Shimstack wird der Öldurchlauf und damit die Dämpfungseigenschaft geregelt.

FIT4 – Die Symbiose von XC und DH
Sieht man sich die FIT4-Kartusche genauer an, erkennt das geschulte Auge schnell, was die FOX Ingenieure da gemacht haben: Der Aufbau ähnelt grundsätzlich mehr einer FIT RC2 Dämpfungskartusche, also der Dämpfungstechnologie die in den Enduro- und Downhill-Gabeln Verwendung findet. Oben im Kopf der Kartusche, wo die Schaltzentrale für die Druckstufendämpfung sitzt, befindet sich jedoch ein Rotationsventil à la FIT CTD. So ergibt sich in der FIT4 eine Symbiose aus XC (3-Postitions-Logik mit Open/Medium/Firm, Lockout) und DH (Low-Speed-Druckstufeneinstellung, aufwendiger Druckstufen-Shimstack, großer Ölfluss, um die Dämpfung penibel zu kontrollieren). Das Besondere der FIT4 ist somit, dass sie die Kontrolle und Traktion einer Downhill-Dämpfung besitzt, die Bedienung und Abstimmung aber bei weitem nicht so kompliziert gestaltet ist. Die FIT4 findet man aktuell in jeder Gabellinie von FOX. Von der bis aufs letzte Gramm gewichtsoptimierten 32-Step-Cast (SC), über die AllMountain-Linie 34 bis zu den Enduro- und Downhill-Chassis der 36 beziehungsweise 40. Mit der FIT4 ist nach gut und gerne zwölf Jahren stetiger Weiterentwicklung des Konzepts FOX FIT der vorläufige Zenit dieser Technologie erreicht. Wer FOX kennt, kennt aber das bis heute gültige Firmen-Mantra, das Bob Fox schon im Jahr 1974 kreiert hat: „We are never done!“ Frei übersetzt heißt das: „Es ist noch lange nicht Feierabend!“ Was uns wohl als nächstes aus dem Hause FOX blüht? Man munkelt, dass es mit einer geballten Ladung Elektronik zu tun haben wird und auf den Namen „Live Valve“ hört...

ROCKSHOX

Text Frank Ripper

RockShox wurde 1989 gegründet und treibt seitdem diverse Innovationen im Bereich Federungs- und Dämpfungstechniken voran. Alles begann mit der RS-1, der Federgabel, die den Weg für Federungssysteme an Rädern ebnete. Es folgten Erfolgsmodelle wie die Sid im XC-Bereich oder die Boxxer, mit der unzählige World Cups und Weltmeisterschaften gewonnen wurden. Heute werden Biker aller Disziplinen und Könnensstufen bei RockShox fündig, egal ob während der härtesten Wettkämpfe oder auf lokalen Trails.

RockShox Charger Dämpfung
RockShox stellte die Charger-Dämpfungskartusche erstmals in der Neuauflage der Pike im Jahr 2013 vor. Heute ist diese in Pike, Lyrik, Sid und Boxxer Gabeln von RockShox verfügbar.

Die „Bladder“
Hier kommt, anders als bei bisherigen Gabeln, eine geschlossene Kartusche mit Blase, der sogenannten „Bladder“, zum Einsatz. Dieser stranggepresste Gummischlauch verschließt das System nach außen und ist dehnfähig, um die Volumenänderung während des Ein- und Ausfedervorgangs des Dämpfungskolbens mit Schaft auszugleichen. So kann man die Luft aussperren und die Dämpfung konstant halten. Das wäre auch durch einen „Internal Floating Piston“ möglich, einen Schwebekolben. So einer kommt bei Federbeinen normalerweise zum Einsatz. Der würde aber Dichtungen benötigen, die Reibung erzeugen und auf die Dämpfung einwirken. Bei älteren Dämpfungssystemen gab es über dem Ölspiegel ein Luftpolster, welches sich mit dem Öl vermischen und Schaum bilden konnte. Das war der Funktion nicht zuträglich.

"Die Gabel soll sich schnell wieder "erholen" können, um auch den nächsten Schlag wegbügeln zu können."

Rapid Recovery Zugstufe
Hinter der Charger-Technologie stehen aber auch Ideen wie „Rapid Recovery“. Das heißt: die Gabel soll sich schnell wieder „erholen“ können, um auch den nächsten Schlag zuverlässig wegzubügeln. Dafür nutzt man eine Zugstufe mit zwei Kanälen. Der Kanal, den jeder kennt ist der extern einstellbare. Meist tut man das auf dem Parkplatz nach persönlicher Vorliebe. Wenn es dann in voller Fahrt richtig kracht, kann die Gabel schnellen Schlägen vielleicht nicht mehr folgen. Sie hängt sozusagen im Federweg fest. In solchen Fällen, bei schnellen und stärkeren Schlägen also, öffnet sich dann ein zweiter Durchlass, der mit einem Shim verschlossen ist. Ein Shim ist ein biegsames Plättchen aus Metall. Die Gabel kann durch den erhöhten Ölfluss schneller wieder ausfedern um das nächste Hindernis besser aufzusaugen. Und das mit einer hohen Ausfedergeschwindigkeit, wie sie beim Grund-Set-Up kaum jemand wählen würde.
Im Prinzip funktioniert das Ganze wie bei einer Beginning- und Ending-Stroke-Zugstufe, wobei letztere manuell eingestellt werden kann und die andere automatisch arbeitet. Dabei beeinflussen sich natürlich beide gegenseitig.

Druckstufendämpfung
Die Druckstufendämpfung ist in ihrer Funktion der Zugstufe auf den ersten Blick ähnlich. Auch hier gibt es zwei Kanäle. ¬¬Einer funktioniert über eine Bohrung, in der ein Nadelventil sitzt, das sich am schwarzen Rädchen auf der Oberseite der Kartusche einstellen lässt. Hierbei handelt es sich um die Lowspeed-Druckstufe, die immer den eingestellten Öldurchfluss erlaubt, egal in welcher Situation. Sie ist also auch bei kleinen Schlägen und geringen Geschwindigkeiten (Low Speed) aktiv.
Auf der Oberseite der Gabel, unter dem beschriebenen Low-Speed-Einsteller, befindet sich ein blauer Bedienhebel. Der ist in drei Positionen arretierbar: Open, Pedal und Lock. Durch das Drehen dieses Hebels wird im Inneren die Feder, welche der Druckstufenkolben verschließt, unterschiedlich stark gespannt. Je höher die Spannung, desto mehr Kraft braucht es, um die High-Speed-Druckstufe zu öffnen. Ein vollständiges Lockout findet also nie statt. Bevor ein Defekt entsteht, öffnet sich das Ventil und die Gabel kann arbeiten. Funktional ist das dem Shim in der Zugstufe ähnlich. Der Unterschied ist bloß, dass der Druckstufenkolben auf die unterschiedlichen Drücke durch unterschiedlich starke Schläge reagiert, egal, wo sie auf den Federweg einwirken.

SRSUNTOUR

Text Christoph Bösl

Suntour blickt auf eine lange Historie zurück. Seine Anfänge als einfache japanische Schmiede reichen bis ins Jahr 1912.
Schon seit 1988 ist Suntour für seine herausragenden Schaltwerke berühmt. Heute mit Sakae Ringyo verbunden, ist die Firma mittlerweile berühmt für ihre Federgabeln, Dämpfer und Kurbeln und neuerdings auch für ihre E-Bike Antriebe. Einfachheit und Leistungsfähigkeit für den jeweiligen Einsatzzweck bringen das Firmencredo zum Ausdruck.

SRSUNTOUR-REFINED SIMPLICITY

Spaß!
Dafür fahren wir Rad. Natürlich gibt es auch viele andere Gründe, aber am Ende wird wohl niemand, der die World of MTB liest, auf dem Rad sitzen, ohne dabei zuvorderst nicht doch Spaß haben zu wollen.
Woraus sich der speist, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Spaß findet auf unterschiedlichem Level statt, sowohl vom Einsatzbereich her, als auch vom Können sowie vom finanziellen Investment. Grundsätzlich gesagt wollen wir von SRSuntour, dass so viele Leute wie möglich Rad fahren und es ihnen gefällt.
Ein Rad mit einer Federgabel kann gegenüber einem ohne schon ein bedeutender Schritt sein für denjenigen, der es täglich nutzt, und sei dies nur im Alltag. Dies unzähligen Menschen auf der ganzen Welt zu ermöglichen – darauf sind wir stolz.

Das Fahrwerk ist auf dem Stand der Dinge, die rote Linie bleibt klein. (rot = was tatsächlich z.B. am Lenker ankommt)

PCS-Technologie
Mit unserem neuen Piston Compensator System (PCS) und den darauf basierenden R2C2 Kartuschen erlauben wir uns aber auch, die Klammer von der anderen Seite her zu schließen. Mountainbiken ist in den letzten Jahren schneller geworden – in der Spitze wie in der Breite; bedingt auch durch bessere Fahrwerke und den Anspruch, diese stetig zu weiter zu entwickeln. Was kann unser PCS-System dazu beitragen?
Das Ziel im ersten Schritt war, beginnend in den Bereichen Downhill, Freeride und Enduro, Produkte mit realistischen Siegchancen für unsere Athleten zu entwickeln, bevor wir diese in Serie bringen.
Das PCS-System sorgt durch die Trennung von Luft und Öl und durch konstanten Druck auf das Dämpfungsmedium dafür, dass sich innerhalb dessen keine Bläschen bilden können oder gar ein Aufschäumen stattfindet – beziehungsweise, dass dieses maximal eingeschränkt wird.
Dadurch wird neben einem verbessertem Ansprechverhalten und einem sauberen Arbeiten der Kartusche durch den Federweg vor allem ein konstantes und stabiles Dämpfungsverhalten erreicht.
Auf dem Track macht sich das durch Traktion und durch ein schnelles Ausgleichen von Unebenheiten und Schlägen bemerkbar. Je schneller, desto deutlicher werden die Unterschiede. Im Downhill-Worldcup werden ankommende Schläge teils bei über 10 Metern pro Sekunde wahrgenommen. Am Lenker sollten davon aber nicht mehr als 25-30% ankommen, um die Fahrt auf diese Weise ruhig und präzise und damit exakt und kontrolliert halten zu können. Für den Racer ein klares Leistungskriterium, für Normalsterbliche stehen eventuell Sicherheit und Komfort als Derivate ganz oben auf der Prioritätenliste.
Das Piston Compensator System fungiert dabei in erster Linie als Kontrolleinheit, damit die Kartusche selbst ihr volles Potenzial entfalten kann.
Dazu gehört, das Produkte diese Geschwindigkeiten überhaupt erst mitmachen zu könnenund dann dafür zu sorgen, dass nach dem Einfedern auch wieder ein schneller Ausfedervorgang erfolgt, damit anschließend wieder der volle Federweg genutzt werden kann. Das ist vor allem Sache der neuen Highspeed-Druck- und Zugstufen, deren Shimstacks natürlich im zweiten Schritt auf die Bedürfnisse außerhalb des Rennzirkus angepasst wurden. Das Prinzip bleibt aber gleich: Druck- und Zugstufe sollen bestmöglich zusammenspielen.
Dazu wurde bei der Abstimmung das Augenmerk darauf gelegt, dass wir gerade in dem schwieriger einzustellenden Highspeed-Bereich nur fünf (Druckstufe) bzw. vier (Zugstufe) Einstellstufen haben, um das Ganze so einfach wie möglich zu halten und gleichzeitig konstant gleiche Schritte anzubieten, mit spürbaren Unterschieden.
Dass wir diese volle Einstellmöglichkeit unseren Kunden anbieten können, war uns wichtig, auch wenn es im weiteren Fortgang sicher reduzierte Lösungen geben wird.

"Im World Cup werden Schläge teils bei über 10 Metern pro Sekunde wahrgenommen. Am Lenker sollten davon aber nicht mehr als 25-30% ankommen"

Warum aber jetzt wirklich PCS?
Vom Ergebnis her unterscheidet sich das erst einmal nicht maßgeblich vom dem, was andere hochqualitative Anbieter mit anderen Systemen erreichen. Wir wollten aber neben dem REFINEMENT die SIMPLICITY der Konstruktion beibehalten und vertrauen mit dem PCS auch einem System, von dessen Haltbarkeit wir ganz besonders überzeugt sind.
Aber weil „immer mal was sein kann“ und kein System zu 100% störsicher ist, kann das PCS System zum Beispiel entlüftet werden: ein Service innerhalb der Kartusche ist für eine geschulte Kraft sehr leicht möglich und kostet am Ende nur Teile und Arbeitszeit, weil alles Schritt für Schritt zerlegt und zusammengesetzt werden kann.
SRSuntour war 2001 der erste Hersteller, der vollumfänglich auf das Kartuschen-Prinzip gesetzt hat. Jetzt gehen wir mit dem PCS den Schritt, von dem wir überzeugt sind, dass er der richtige ist.

Gabeln mit PCS
Die RUX (DH, 200mm Federweg) und die DUROLUX (180-160mm) sind die ersten Modelle, die 2016 mit der neuen Kartusche ausgestattet wurden. Die AURON Megavalanche als Sonderedition bringt das Konzept gerade in die Bereiche AM und Trail. Die Logik darf fortgesetzt werden – Spaß für alle!

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