Welcher Alpencross für welchen Biker? – Mathias Marschner, TrailXperience

Bild Andreas Meyer / Anbieter
Geschichten

Auf der Suche nach der heiligen Tour

TrailXperience – Bike. Nature. Soul.

Vor sechs Jahren von Tobi Krause und Mathias Marschner gegründet, versteht sich TrailXperience heute als Bikeschule und Reiseanbieter und hat sich dem modernen Biken auf schmalen Wegen, den Singletrails verschrieben. „Bikespielen. Lernen.“ Der Slogan ist Programm: TrailXperience macht seine Gäste fahrtechnisch fit und kann mit Fug und Recht behaupten, das ausdifferenzierteste Programm an Fahrtechnikkursen, Workshops und Camps im deutschsprachigen Raum anbieten zu können. Und mit denen, die Blut geleckt haben, geht es dann auf Tour und in Camps und Reisen zu den schönsten Singletrail-Revieren abseits des Mainstream. Aus den Dolomiten entlang des Alpenbogens bis ans Ligurische Meer – und bald auch zu fernen Zielen. www.trailcperience.com

Aus der Ausgabe 04.17

 
 

Mathias Marschner
Der alte Sack und der Berg – wenn dies hier erscheint, steht da ein 50er. Was soll ich sagen. Ich schlag mich tapfer und fühl mich umringt von Jungvolk, das mich immer wieder in bikender Weise inspiriert. Als ehemaliger Marketing-Berater und -Manager war das Bike Kompensationsmittel, das mich heraus aus allzu virtuellen TechTalk-Welten führte. Irgendwann führte dann ich, und zwar über die Alpen und bald darauf auch schon das Bundeslehrteam der DIMB und, seit auch schon wieder sechs Jahren, zusammen mit Tobi Krause die Firma TrailXperience. BIKE NATURE SOUL – das passt auch auf mich. Natur ist wichtig. Von oben schauen die Dinge meistens irgendwie besser aus, als wenn man unten und mittendrin steckt … und Soul? Nun, der Leistungsgedanke war mir am Berg und in der Natur schon immer fremd.

1. Was ist deine Lieblingsroute?
Dolomighty – eine Enduro-Dolomitendurchquerung. Enduro, weil sehr hoher Trailanteil, technisch durchaus fordernd mit Trails im S2- und S3-Bereich und Shuttle- bzw. Seilbahn-unterstützt. 6.000 bis 7.500 Meter bergauf und über 15.000 Meter bergab. Ich saß einst über einer Sammlung von Tobaccokarten und habe mir die für mich schönsten Trails und Erlebnisecken der Dolomiten mit einem Textmarker farbig angemalt – und dann versucht, eine möglichst sinnvolle Verbindung zu finden, die in der Gesamtheit auch eine Art Geschichte erzählt. Keine Transalp im klassischen Sinne, wenn man den Alpenhauptkamm als Kriterium nähme (wogegen ich mich verwehre). Wir starten mit einem Aufgalopp durch das sagenhafte Fanestal, genießen den Sonnenuntergang auf der Scoiattolihütte, besteigen die älteste und aussichtsreiche Hütte der Dolomiten, die Nuvolau, im Morgengrauen, lassen es locker laufen auf dem Edelweißtrail hinunter nach Castello di Andraz. Der Tag endet mit Blick auf die Marmolada in der Bindelweghütte, wo Mama hoffentlich noch lang den Kaiserschmarrn mit handgemachten Röstaromen zubereitet. In die Einsamkeit geht es auf der Fortsetzung des Bindelwegs über die Padonhütte bis nach Alleghe. Die Königsetappe führt uns durch das unfassbare Felsmassiv der Pala di San Martino, danach wirkt die kurze Etappe nach Cortina d’Ampezzo mit seinen Schönen und Reichen fast wie ein Halbruhetag. Den braucht es auch, denn Höhepunkt der Tour ist nach einer zweistündigen Schiebe-/Tragepassage der von uns so getaufte „Vergessene Trail“, der uns wieder nach Sankt Vigil führt. Dolomitische Erlebnis-Essenz vom Allerfeinsten.

2. Was ist die Top-Enduroroute?
Ich führe sehr gern eine Route, die wie ein Trüffelschwein die aus meiner Sicht schönsten Trails zwischen dem Reschenpass und dem Comersee aufsammelt, mal nach links ausbricht, mal nach rechts, eben weil es da schön ist. Der direkte Weg ist da in keinster Weise das Ziel. Dafür ein sehr hoher Anteil an technisch abwechslungsreichen Traumtrails, die man teils kennt (wie die Reschentrails zum Eingrooven, den Passo Gallo oberhalb von Livigno oder eine der vielen Varianten vom Bernina hinunter ins Puschlav) und teils auch nicht kennt. Dazu eine Prise Gipfelbiken am Piz Umbrail und Historisches am Tracciolino. Garniert wird dies mit Hüttenübernachtungen, einem ausgeklügelten Shuttle- und Seilbahnplan und dem höchsten Startpunkt der Tour auf über 3.000 Meter Seehöhe. Hunger? Durst? Kulinarisch Wertvolles ergibt sich allein schon aufgrund der Regionen, die wir hier sehen, und den besten Berglerkaffee mit Stöckchen zum Umrühren gibt es eh im Rifugio Viola …

3. Welche Tour würdest du deinem Vater empfehlen?
Meinem Vater gar keine – aber wenn ich ihn mir als Biker vorstelle, dann vielleicht etwas Gemütliches, das sich grundsätzlich an der Via Claudia orientiert und wo immer möglich von ihr abweicht. Wichtig vielleicht: sehr gute Weingüter ansteuern in den späten Nachmittagsstunden.

4. … deiner kleinen Schwester ...?
Die habe ich nicht. Macht aber nichts, kleine Schwestern schickt man dahin, wo es schön und warm ist. Man lässt den Anspruch, den Alpenhauptkamm „bezwingen“ zu müssen, einfach daheim (auch weil mir das „Bezwingen“ als Motivation ohnehin eher fremd ist) und biket auf Pfaden aus dem Alta Badia in den Dolomiten bis zum Kalterer See. Nie zu viel. Immer schön. Definitiv nicht langweilig. Und begleitet von sehr guten Weißweinen.

5. … einem E-Biker …?
Lieber E-Biker – befreie auch du dich vom Alpenhauptkamm. Mein persönliches Alternativprogramm heißt: den Ligurischen Gebirgebogen von Ost nach West abreiten. Das Meer immer in Sichtweite und hin und wieder auch als Etappenziel. Einsamste Momente im Hinterland, wo Mama noch weiß, wie man das beste Pesto der Welt macht. Und zum fulminanten Finale ein nicht enden wollender Ritt vom Fuße von Liguriens Höchstem, dem Sacarello, bis zum Sonnenuntergang am Strand von Ventimiglia.

6. … Naturinteressierten …?
Ab in die Westalpen. Natur in ihrer karstig-rauen und unglaublich einsamen Form. Auf einer Reise alle mitteleuropäischen Vegetationsstufen und jede Menge Fauna, die da herumspringt und -fliegt. Weil: Es kommt ja schon seit Langem niemand mehr vorbei. Nur dazusitzen und über sich den Adler kreisen zu sehen ist immer wieder ein erhebendes Gefühl. Start zum Beispiel in der Region von Briancon, Ziel auch hier Ventimiglia.

7. …. Tretfaulen …?
Daheimbleiben! Oder einfach stationär Biketouren angehen, die in Länge und Anspruch immer und jeden Tag auf die eigenen Bedürfnisse und die Möglichkeiten abgestimmt werden können.

nach oben