Das Glemmtal im nördlichen Pinzgau ist schon seit langem ein Bike-Mekka, im Selbstverständnis sogar ein Bike-Circus. Anfang der 2000er zog der Adidas Slopestyle die weltbesten Mountainbiker nach Saalbach-Hinterglemm, das damit zu einer der beliebtesten Bike-Regionen des Alpenraums wurde. 2015 emanzipiert man sich von Events Auswärtiger und zeigt mit dem Glemmride, was Saalbach-Hinterglemm ausmacht.
Glemmride
Mehr als nur ein Bikefestival
Ankommen
Es ist Donnerstag Abend, Anfang Juli, die Sonne brennt, und wir erreichen nach einer gefühlt endlosen Fahrt das Glemmtal. Links fließt die Saalach, die uns an diesem verlängerten Wochenende noch gute Gelegenheit zur Abkühlung und Erfrischung bieten wird, abseits des Flusses steigen Bergflanken steil an. In Saalbach biegen wir ab, es geht kurz durch den Ort, bevor wir die letzten Häuser hinter uns lassen. Auf einem steilen Forstweg geht es nun bergan. Links von uns wieder ein Bachlauf, oberhalb dessen sich einer der schönsten Wege des Tals entlangschlängelt. Schon oft war dies unser morgendlicher Opener, aber viel mehr wollen wir hier auch nicht verraten. Die Ortskundigen werden wissen, wohin wir steuern: genau, direkt aufs Spielberghaus zu. Walti und Bine, eine der Organisatorinnen des Festivals, warten dort mit einer feinen Grilleinladung auf Aussteller und Teilnehmer. Ein gemütlicher Abend mit vielen bekannten Gesichtern und lockerer Atmosphäre – ein guter Urlaubseinstieg also.
Das Festival direkt miterleben
Dieses Mal bleiben wir aber nicht am Berg, sondern verlassen ihn in Richtung Hinterglemm und checken im Thomsn ein. Schließlich wollen wir das Festival direkt erleben, mittendrin sein. So setzen sich die Eindrücke des ersten Abends auch in den nächsten Tagen fort. Familiäre Stimmung, jede Menge Begeisterte, die vor allem biken wollen, und natürlich suchen wir kreative Lösungen, der Hitze Herr zu werden. So sitzen einige Aussteller hauptsächlich in kleinen Plantschbecken, die Festivalbesucher springen immer wieder in die Saalach, um sich die nötige Erfrischung zu verschaffen. Unsere Kollegin Mona ist leider verletzt und kühlt ihren Fuß mit nassen Bandagen, so dass er am Abend einer Wasserleiche gleicht.
Hauptsache Abkühlung
Die suchen wir anderen auf eine andere Weise: 0,7° Grad weniger sollen 100 Höhenmeter bringen, also hinauf auf den Schattberg. Zum Festivalwochenende sparen wir uns sogar den Transfer vom Ost- zum Westgipfel, mit dem Lift aus Hinterglemm geht es direkt hinauf, wir erreichen gerade noch die letzte Bahn. Oben angekommen, fahren wir ein Stück, suchen uns ein lauschiges Plätzchen und vernichten die mitgebrachte Brotzeit. Ach, genießen meinte ich natürlich. Die Sonne senkt sich nun langsam dem Horizont zu und, wir hatten kaum mehr dran geglaubt, es wird langsam kühler. So kühl sogar, dass wir für die Abfahrt unsere Windjacken auspacken.
Für die Abfahrt wird es auch Zeit, denn das Licht schwindet langsam und wir haben unten im Ort noch eine Feier zu erreichen. Der Hacklberg Trail wurde dieses Jahr im oberen Teil durch einige spaßige Elemente erweitert und bietet jedem in unserer Reisegruppe, von der Genussradlerin bis hin zum Racer, optimales Spaßterrain. Nach der Hacklbergalm geht er in den neuen Teil über: natürlicher Untergrund bei Flow Trail-Bauweise. Eine gute Kombination, die ebenso reizvoll wie auch noch naturnah ist. Spaß macht er, dieser Hacklberg Trail, und nicht umsonst ist sein Ruf so gut. Bestens gelaunt erreichen wir den Ortskern von Hinterglemm. Schnell die Bikes verstauen, etwas aufhübschen – und dann ab ins Getümmel zu Dog Eat Dog. Ja, richtig gelesen, tatsächlich tritt neben anderen Bands auch diese Combo auf. Die Älteren werden schlagartig in ihre Jugend zurückversetzt, und auch alle anderen sind restlos begeistert. Was damals funktionierte, ist heute also immer noch nicht schlecht. Und so neigt sich dieser doch ziemlich perfekte Biketag seinem Ende zu, und wir holen uns die nötige Erholung im Schlaf.
Die andere Seite – Gipfelglück und Brotzeit am Berg.
Vielfalt am Berg und im Tal
Am nächsten Morgen werden beim Frühstück erst einmal die Blessuren begutachtet. Den ersten Tag haben nur zwei Teilnehmerinnen unbeschadet überstanden. Mona, weil sie sowieso schon lädiert ist und nicht biken kann, Anki wohl aufgrund überlegener Technik. Tom hat sich nach seinem 3. Platz in der DH-Quali das Knie auf dem Weg ins Bett verdreht, Andi und Adrian haben sich gleich in den ersten Kurven langgelegt, andere sind direkt auf dem Weg aus dem Lift gestolpert. Aber alle sind noch fahrtüchtig – und schließlich wollen daheim Heldengeschichten erzählt werden.
So geht es erneut auf die Strecken des Glemmtals. Auffällig ist, dass trotz unglaublich vieler Menschen im Lift und im Tal die Strecken nie überfüllt sind. Gut, etwas zerbremst, aber das verwundert bei den Temperaturen und der Anzahl an Bikern auch nicht wirklich. Die Möglichkeiten, ins Tal zu kommen, sind einfach sehr groß, ob X-Line, Hacklberg Trail, Z-Line… Hier ist tatsächlich für jeden abfahrtswilligen Biker die richtige Strecke dabei. Bemerkenswert, dass kaum jemand die Anstiege wirklich per Pedales nimmt, sondern die Lifte eifrig genutzt werden. Gerade für Einsteiger hat das den Vorteil, dass sie in den Abfahrten einfach noch frischer und konzentrierter sind.
In genau diese Kerbe schlagen auch zahlreiche Aussteller mit E-Bikes. Selbst wenn das Thema auch kritisch diskutiert wird im Tal, so herrschen doch ein unglaubliches Interesse und großer Andrang bei Ausstellern, die Bikes mit elektrischer Unterstützung dabei haben. Vorneweg natürlich die Ego Kits; wer auf Geschwindigkeit bergab steht, mag sie auch bergan.
Das letzte Licht des Tages beschert uns noch einen unvergessenen Moment.
Die Parcoursbauer durften sich hier wirklich austoben
Zurück im Tal, warten weitere Highlights auf uns, zunächst der Slopestyle im Herzen Hinterglemms. Die Parcoursbauer durften sich hier wirklich austoben und den Ort mit integrieren. So gibt es ein Bachgap, Northshore-Leitern über einen Hotelpool und optimal einsehbare Streckenabschnitte. Als Teil der Freeride Mountainbike World Tour finden sich nicht wenige bekannte Namen auf der Startliste – und vor allem in der Luft über Hinterglemm. Wer menschenleere Strecken möchte, wäre jetzt am Berg gut aufgehoben, denn das ganze Tal befindet sich zum Zeitpunkt der Finalläufe an der Strecke, um den Fahrern zuzujubeln.
Auch das Finale des Downhill Rennens zieht die Besucher wie auch uns an. Tom kommt mit seinem kaputten Knie und ebenso zerstörten Fahrwerk auf einen guten 8. Platz. Für ihn heißt es jetzt, die Füße stillzuhalten bis zum 24-Stunden-Rennen in Semmering, denn als Einzelstarter kann er dort keine Vorverletzungen gebrauchen.
Eine gute Zeit mit Freunden
Wir nehmen noch einmal den letzten Lift auf den Schattberg. Wieder suchen wir uns einen ruhigen Gipfel und beobachten das Treiben im Tal. Fühlen den leichten und kühlenden Wind auf unserer Haut. Es ist erstaunlich, dass vier Tage Bikefestival die Essenz dieses Tals so gut auf den Punkt bringen. Es geht darum, mit Freunden eine gute Zeit auf und neben dem Bike zu haben, zu fahren, zu feiern und Freunde zu treffen. Ab und an die Ruhe zu genießen, denn auch die gibt es hier, und vom Alltag wegzukommen. Eigentlich ziemlich einfach, eigentlich ziemlich gut.
Weitere Informationen zum Glemmridefestival
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