Appenninica MTB Stage Race 2020

Text Sönke Wegner Bild The Outdoor Lab
Event

Appenninica MTB Stage Race - 7 Tage unbekanntes Italien

7 Tage Stage Race im Jahr 2020?

Jawoll es ging. Das Appenninica MTB Stage Race wurde von Juli auf Oktober verschoben.
Alle Vorstellungen wurden übertroffen. Biken im Paradies!

 
 

Unter großen Corona-Auflagen fand das Etappenrennen im Herzen Italiens, in der Region Emilia Romagna, statt. Meine Anmeldung ging bereits im Januar für die zweite Auflage raus.
Damals war Corona, für mich, noch unbekannt und das Austragungsdatum war für Anfang Juli gedacht. Als Italien dann massive Einschränkungen durch Cavid-19 erhielt, wurde auch das Etappenrennen zunächst stillgelegt. Ein Ausweichdatum war aber schnell definiert und die Rennsaison wurde mit einem XL-Stagerace verlängert. Um so schöner, Holger Schaarschmidt mein Teampartner von vielen Rennen und langjähriger WOMB Kollege konnte ein Zeitfenster finden und ebenfalls in Porretta an den Start gehen.

"Porretta Terme! Malerisch gelegen zwischen den bis zu 2000m hohen Appenninen. Die nächste größere Stadt ist Bologna."

Die Appenninen sind weitgehend unbekannt und unter den Mountainbikern fast nicht auf dem Radar. Doch mit dieser Geheimhaltung wird man dieser Region (Emilia Romagna) nicht gerecht. Hier finden die Wanderer und Biker ein Trailnetz, das seines Gleichen sucht. Die Region ist dünnbesiedelt. In der Natur trifft man höchstens auf Schäfer, vereinzelt Trailrunner oder Pilzsucher. Dafür trifft man auf technisch fordernde Abfahrten und Ausblicke, die den Horizont mit dem Mittelmeer verschmelzen lassen.

"unendliche Weite! Eine dünnbesiedelte Region, die maximalen Fahrspaß und Eindrücke bietet."

Das Starterfeld war ursprünglich mit 110 Startern schon übersichtlich, Corona lies jedoch einzelne Starter nicht Einreisen und somit begann der Prolog mit nur 70 Teilnehmern. In diesem Starterfeld befand sich aber eine kleine auserlesene “Creme de la Creme“ der Rennsportszene.
International sicherlich hervorzuheben waren der Portugiese Tiago Ferreira (2020 Vizeweltmeister MTB Marathon), der Holländer Hans Becking, der Franzose Joseph De Poortere, der Spanier Milton Ramos oder auch der Vorjahressieger Lukas Kaufmann aus Österreich. Beide den Damen stand mit Esther Süss eine Schweizerin am Start, die wie Ferreira auch schon Weltmeister/in war.

7 Tage – 7 Etappe – 447km – 15.945hm von Porretta nach Colleccio.
Diese Zahlen waren die Basis für eine intensive Woche auf dem Bike.
Wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 17km/h lag, dann ist klar, es war auch eine lange
Woche im Sattel.

"Jede Etappe ein Highlicht! Langeweile kam nicht auf."
"Der See lädt zum Baden ein.... Die Biker haben höchstens einen Blick dafür übrig. "

Jede Etappe war ein Highlight. Mal war es der Ausblick, mal der 15km lange Trail über den Bergrücken, die technisch fordernden Abfahrten oder wie auf der 6. Etappen der Matsch.
Hier würde ich gerne kurz ausholen. Es handelte sich um Matsch, der besser den Begriff Lehm oder Beton verdient hat. Die Nacht vor der letzten Etappe hatte es sinnflutartig geregnet. Die Anstiege und Abfahrten waren dadurch natürlich sehr rutschig. Aber was dann kam, das habe ich noch nie erlebt. Die Laufräder blieben in der aufgeweichten Erde stecken. Diese Erde klebte nun auf den Reifen, Rahmen und zwischen Rahmen und Reifen. Es drehte sich Nichts mehr. Ein Vorankommen war ausgeschlossen, hatte man den Lehm entfernt, setzten sich die Reifen wenige Meter später wiederholt komplett zu. Das Bike tragen war eine Option, nur wog das Rad schlagartig 10kg mehr.
Ich stand in Pfützen und reinigte mein Bike. Ich trug es über die Matschfelder und verlor im selbigen fast meine Schuhe. Es war eine bemerkenswerte Etappe!

"Es war keine gute und auch keine schlechte Etappe! Es war eine bemerkenswerte Etappe"
Ein Teilnehmer, nach der epischen Schlammetappe mit 95km und 2500hm.
"Für mich der schönste Anstieg! Eine total fertige Straße, Leitblanken in den Kurven und steil bergauf. Der nasse Untergrund lässt den Reifen im Wiegetritt durchdrehen."

Nochmals einen Blick auf die Orga. Es wurde alles für uns Mögliche geleistet, dass wir coronakonform
teilnehmen konnten. Vor jedem Start wurde die Temperatur gemessen, Masken wurden ausgeteilt und bis kurz vor dem Start getragen, Verpflegungszonen wurden besonders vorbereitet usw.
Auch die Übernachtungsmöglichkeiten wurden angepasst. Mehr Hotelzimmer, bzw. ausreichend Platz in den Turnhallen war gegeben. Beppe Salerno und sein Team machten einen grandiosen Job.
Dieses Rennen hätte ganz schnell, wie viele andere, kurz vor knapp annulliert werden können.
Die Coronakurve war zu diesem jedoch noch sehr übersichtlich. Wir hatten einfach Glück.

Mal in der Turnhalle, mal in der Schule oder mit Luxus im Hotel.... übernachtet wird, wo es Platz für alle Teilnehmer hat.

Holger und ich fuhren ein solides, konstantes Rennen. Ich konnte die Queenstage mit 110km und 4330hm auf Platz 5 beenden und auch Holger knackte immer wieder die Top5. Mein Gesamtergebnis war nach 7 Tagen und über 25 Stunden, der 6. Rang, Holger dicht gefolgt auf dem 7 Gesamtrang. Wir waren sehr zufrieden und feierten täglich mit mehreren feinsten Cappuccinos und Parmesan vom Sponsor Parmigiano Reggiano.

Sönke und Holger genießen das (wirklich gute) Essen nach der Etappe. Selten, dass man so lecker und abwechslungsreich verpflegt wird.

Eine weiterer, nicht unwesentlicher Effekt ist, dass man bei einem Rennen wie diese, viele Freunde wieder trifft. Es macht einfach Spaß gemeinsam etwas zu erleben und im Anschluss Anekdoten auszutauschen. Ein besonderer Tipp: Lukas Kaufmann aus Österreich! Dieser Typ ist der Wahnsinn
lacht lauter über seine Witze, ehe du ihn überhaupt verstanden hast. Genial! Spaß garantiert und
wenn ihr in antrifft: „Viele Grüße“ ausrichten!!!

Lukas Kaufmann aus Österreich (rechts) lacht lauter über seine eigenen Witze, ehe du die Pointe verstanden hast. Spaß ist garantiert....

Resümee: Es war natürlich ein Privileg in dieser Saison an so einem langen Stagerace teilnehmen zu dürfen. Die Organisatoren haben alles Erdenkliche ermöglicht, dass das Rennen für jeden Teilnehmer möglichst sicher ist. Die Etappen setzten eine gute Radbeherrschung voraus, die Ausdauer musste natürlich stimmen. Wer die Marschtabelle nicht einhalten konnte, der wurde aus dem Rennen genommen (ein Start am Folgetag war ohne Wertung möglich). Ein Fully mit Dropper ist vom Vorteil.
Viele Abschnitte rollen sehr gut. Trails und Wurzeln belasten enorm und nach wenigen Tagen wünscht man sich doch etwas Komfort. Die Abfahrten können teils sehr fordernd sein und man steigt nicht nur bergauf ab 😊 .
Die Verpflegung war super. Frühstück gab es im Hotel oder der Turnhalle. Nach den Etappen war die Zielverpflegung üppig. Vegetarier kamen voll auf ihre Kosten. Eine weitere warme Mahlzeit folgte am Abend.
Wer in Europa nach einem familiären Etappenrennen sucht und sich die genannten Infos zutraut, der wird hier nicht enttäuscht. 2021 fällt der Startschuss am 12. September (bis 18.9.2021).

Infos:
https://www.appenninica-mtb.com/

Alle Fotos von "The Outdoor Lab"
Fotografen:
Michael Chiaretta
Marius Holler
Francesco Narcisi
Alyona Blagikh

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