Ein Streitgespräch zwischen unserem Fotografen Andi und unserem Chefredakteur Sebastian
Wir sitzen oft zusammen in der Redaktion, oft geht es hektisch zu und oft diskutieren wir kleine und große Themen. Meistens haben wir uns alle ziemlich lieb, aber manchmal prallen Welten aufeinander, so dass es einer Klarstellung bedarf. Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten; der Wahrheit letzter Schluss liegt im Auge des Betrachters und Geschmäcker sind nun mal verschieden.
Sebastian – pro Klickpedal
Über Bike-Komponenten zu streiten war nie meine größte Stärke. Es liegt wohl an der fehlenden emotionalen Bindung zu diesen technischen Details. Bei Klickpedalen sieht es anders aus. Eine lange Geschichte verbindet mich mit diesen manchmal fiesen, aber durchaus sinnbehafteten Fußhalterungen. Wir könnten jetzt einvernehmlich, basisdemokratisch und absolut langweilig sagen: Die Pedalwahl entscheidet sich je nach Bike und Gelände: XC ist gleich Klickpedal, Trailbike ist gleich Flat.
Absoluter Mist, sage ich. Es gibt nur eine Wahrheit und die heißt: Göttin Klickpedal. Wieso Göttin? Weil sie für mich wie Frauen sind, diese Klickpedale. Im Schlamm etwas zickig, aber im Kern ihrer Seele lassen sie dich selbst dann nicht los, wenn du in bodenlose Abgründe stürzt und steilste Berge erklimmst. Klickpedale haben einen entscheidenden Vorteil, einen, der alle Nachteile überwiegt: Sie verbinden uns zu einer festen Einheit mit unserem Bike. Hier fuhrwerken nicht „Objekt“ und „Subjekt“ als zwei getrennte Systeme im Matsch, es ist die ultimative Verschmelzung. Aus der Perspektive der Biotechnik betrachtet ist es fast eine Mensch-Maschine, die da höchst effizient durch den Wald jagt.
Außerdem können sie leicht und schlank sein, was ein Flatpedal noch nie war. Flatpedals sind Spaßpedale. Sie bringen dich von A nach B, aber: Das kann auch ein Rad vom Discounter. Würdest du dir deshalb eines kaufen? Letztlich stempeln dir die Flatpedale sogar regelmäßig Fleischwunden in die Schienbeine, damit du dich überhaupt an sie erinnerst. Oder was meinst du, Andi?
Andi – pro Flatpedal.
Ach, wie schön war es doch als Kind – jeden Tag gab es etwas Neues zu lernen und entdecken und alles würde einen irgendwie fürs Leben prägen. Das erste Eis: Erdbeere, komm mir nur nicht mir Schoki! Der erste Urlaub: Berge statt Meer. Und natürlich die ersten Momente auf zwei Rädern: Bike statt Roller! Und was für Pedale hattest du da so? Klar ist diese infantile Prägungsphase etwas weit hergeholt, wenn es um elementare Kontaktpunkte zu meinem Lieblingssportgerät geht. Ich war aber halt auch von Anfang an eher Gravity-lastig unterwegs und nicht in Spandex am Berge hochhecheln so wie du. Und ja – ich hab’s oft genug ausprobiert und kann durchaus mitreden. Die Highlights meiner kurzen und emotional aufgeladenen Klicki-Phase reichen von verdrehten Cleats, verlorenen Schrauben, Rutschpartien auf Felsen beim Schieben, bis hin zu verkratzen Bikes von Kollegen nach Probefahrten. Rein menschlich sind mir da nach elf Jahren Beziehung kaum Bindungsängste vorzuwerfen und gerade die zweirädrigen Geliebten machen es einem sowieso nicht immer einfach. Aber gerade in brenzligen Situationen ist es doch gut, immer einen Notausstieg zu haben. Die einen mögen auf die feste und ach so sichere Bindung auch auf hochalpinen Trails schwören. Mir bricht der Angstschweiß aus, wenn ich nur dran denke, irgendwann dann doch nicht sofort rauszukommen. Mit meinen geliebten – ok, auch manchmal Schienbein fressenden – Flats ist der nächste rettende Tritt nur Sekundenbruchteile entfernt. Klar, irgendwann hat man vielleicht auch die Routine, um instinktiv genauso schnell auszuklicken. Aber dann rutscht man halt immer noch mit seinen Cleats auf dem Felsen aus. Pech gehabt... Meine Schuhe kleben am Felsen und vernünftig gehen kann ich damit auch.