Im Gespräch mit Derrick Schönfelder ausSchöneck/Vogtland

Interview Norman Bielig Bild Manuel Rohne, privat
Geschichten

Ein Verein als Entwicklungsmotor

Derrick Schönfelder ist Vorsitzender des Vogtland Bike e.V. – gemeinsam mit dem Mountainbike Freiburg e.V. wahrscheinlich einer der umtriebigsten und progressivsten MTB-Vereine in Deutschland. Neben hochkarätigen Rennveranstaltungen hat man einen Bikepark initiiert und einer ganzen Region großen touristischen Mehrwert verschafft. Wie das als Verein funktioniert und wo die Reise 2017 hin geht erzählt uns Derrick im Interview.

 
 

Derrick Schönfelder

world of mtb: Schöneck hat einen Bikepark, einen ziemlich engagierten Verein und bereits zweimal die deutsche Enduromeisterschaft zu Gast. Klingt nach Mountainbikertraumland, allerdings schaut es hinter den Kulissen nicht ganz so rosig aus. Welche Probleme gibt es?

Derrick Schönfelder: Wir sind vor Ort leider Einzelkämpfer. In den letzten 10 Jahren waren wir als Verein Eventveranstalter, DM-Ausrichter, Bikepark-Initiator und Anbieter touristischer MTB-Angebote. Haben somit als einziger vor Ort den Begriff „Bikewelt Schöneck“ mit Leben erfüllt. All das jedoch im Ehrenamt. Leider fand in dieser Zeit nur eine unzureichende Unterstützung sowie Wertschätzung unserer Arbeit statt, und das obwohl das Potenzial offensichtlich ist. Leider will man dem Thema Mountainbike trotz vielerlei Gespräche, Hinweise und Änderungsvorschläge im Vogtland einfach keine Beachtung schenken.

world of mtb: Woran glaubst du, liegt es, dass die Weitsicht für den Bikepark fehlt?

Derrick Schönfelder: Es fehlt einfach das grundlegende Interesse am gesamten Thema Mountainbike. Sei es von Seiten der Stadt Schöneck, von der des kommunalen Bikepark-Betreibers oder gar des regionalen Tourismusverbandes. Man setzt sich mit der Thematik in keinster Weise auseinander, hat keine Vorstellung welches touristische Potenzial vorliegt, wie dies auszuschöpfen ist und welcher Mehrwert dadurch generiert werden kann. Alles eigentlich unfassbar, wenn man die offizielle Ausrichtung Schönecks als Tourismusort und die Investition in den Bau eines Bikeparks bedenkt. Wir haben hier als Verein unser Möglichstes getan, haben mehr als 20 Events organisiert, Deutsche Meisterschaften und europäischen Serienläufe ausgerichtet und zig Tausend Gäste und Besucher ins Vogtland geholt. Letztendlich ist dies aber alles auf Dauer nur erfolgreich, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht, dafür brennt und zusammen innovative Ziele verfolgt. Herzblut und Enthusiasmus nutzt sich irgendwann ab, wenn man dafür weder Anerkennung findet, noch in irgendeiner Art und Weise belohnt wird. Dies ist hier leider der Fall. Wir haben als Verein jahrelang gekämpft, nur bisher leider vergebens.

world of mtb: Erst im Frühjahr habe ich mit dem damaligen Geschäftsführer telefoniert, der mir erzählte, dass der Park an der Kapazitätsgrenze arbeite, aber er nicht so wirklich an das Bikergeschäft glaube und man stattdessen in neue Beschneiung investiert. Wo kommt dieses verquere Verständnis her?

Derrick Schönfelder: Dies bestätigt ja nur unsere Meinung. Einerseits spricht man von Kapazitätsgrenze, andererseits glaubt man nicht an den Erfolg des Parks. Nur warum hat man denn dann überhaupt erst einen Park gebaut? Klar, Schöneck war immer ein Wintersportort, doch davon allein wird man sich zukünftig nicht mehr nennenswert touristisch behaupten können. Nicht umsonst sucht man weltweit nach saisonalen Alternativen in den Skigebieten. Mit dem ersten Bikepark in Ostdeutschland und entsprechenden MTB-Angeboten hatte man eine einmalige Chance, die in nur 2 Jahren leider achtlos verspielt wurde. Keine Ahnung warum man sich der Thematik nicht annimmt oder warum man sich nicht entsprechend touristisch ausrichten will. Wir haben als Verein allein mit der Deutschen Enduro Meisterschaft 2016 durch Gastronomie, Hotellerie und anderer Dienstleistungen einen Mehrwert von 200.000€ für das Vogtland erzielt. Wenn dieses Ergebnis nicht’s zählt, macht eine weitere Bearbeitung des Themas in der Region für uns einfach keinen Sinn mehr.

world of mtb: Wie geht ihr als Verein mit dieser fehlenden Rückendeckung um? Und wie persönlich?

Derrick Schönfelder: Wir haben als Verein einen Schlussstrich gezogen und unser Engagement in Schöneck vorerst beendet. So konnte es nicht weitergehen. Zumal wir vermehrt Leidtragende der aktuellen Situation wurden und uns Kritik an den hiesigen Missständen und der unzureichenden Betreibung des Bikeparks anhören mussten. Diese Dinge sind jedoch durch uns als Verein nicht beeinflussbar. Wir sind weder Bikepark-Betreiber, noch hauptverantwortlich für dessen Vermarktung und Angebotsgestaltung sowie die allgemeine touristische Arbeit in der Region. Persönlich blutet einem da natürlich das Herz und man hat schwer damit zu kämpfen. Insbesondere da einige von uns auch beruflich, sei es als Pensionsbetreiber oder Liftangestellter mit dem Thema verbunden sind und eigentlich zum Erfolg beitragen würden. All das macht es für uns natürlich noch viel unverständlicher.

world of mtb: Worauf werdet ihr euch für 2017 fokussieren?

Derrick Schönfelder: Wir müssen uns erstmal wieder auf Dinge besinnen, die uns den Spaß zurück bringen, die uns als Verein wieder stärken und wo wir unabhängig unserem Hobby Mountainbiken nachgehen können. So werden wir uns einerseits verstärkt um unseren Vereinsnachwuchs kümmern, dem wir als Heimatverein beste Rahmenbedingungen bieten wollen, um möglichst viel Spaß auf dem Rad zu haben. Andererseits nutzen wir das Jahr auch etwas zum Durchschnaufen. Dies sind wir auch unseren Mitgliedern und Helfern aufgrund der letzten fünf intensiven Jahre schuldig. Sie haben massiv Freizeit, Urlaub und eigene Mittel investiert, und all‘ die Veranstaltungen erst mit ermöglicht. In diesem Jahr werden wir sie etwas weniger beanspruchen.

world of mtb: Ich war vor einigen Monaten erst selber zu Besuch und mit Knecht fahren. Die Gegend ist wunderschön, es gibt zahlreiche Trails, begeisterte Unterkünfte und der Sonnenuntergang oben am Bikepark beeindruckend. Was müsste in deinen Augen passieren um dieses Potential zu nutzen?

Derrick Schönfelder: Wie du schon sagst, die Rahmenbedingungen sind wirklich gut. In der Gastronomie und Hotellerie hat man sich mehr und mehr geöffnet. Der Bund Deutscher Radfahrer zeigte sich begeistert von den Möglichkeiten und die organisatorischen Bedingungen vor Ort. Zudem bestätigt die mediale Berichterstattung unserer zahlreichen Events in den letzten Jahren ja ebenso das Potenzial, das das Thema Mountainbike im Vogtland bietet. Was fehlt ist das allgemeine „JA!“. Man muss sich endlich mit all‘ seiner Konsequenz zum Mountainbike-Tourismus in der Region bekennen und dies auch als Chance begreifen, neben Ski- und Wandertourismus beste Bedingungen für einen aktuellen Aktiv-Trend zu pflegen und stärker zu nutzen. Hier ist eine klar öffentliche Positionierung notwendig, die auch bei der Vermarktung offensichtlich wird. Es gibt viele Partner die der Stadt und dem Tourismusbereich zur Seite stehen würden und die man sich zu Nutze machen kann, uns eingeschlossen.

world of mtb: Plant ihr dennoch weitere Rennveranstaltungen?

Derrick Schönfelder: Natürlich. Wir wären nicht der Vogtland Bike e.V., wenn wir uns nicht dennoch nach neuen Ideen und Alternativen umschauen würden. Wir haben im Verlaufe der letzten 15 Jahre Marathon-, Querfeldein-, Downhill- und Enduro-Veranstaltungen organisiert, sind gemeinschaftlich gewachsen und haben immer ein glückliches Händchen bewiesen, wenn es darum ging neue Dinge auszuprobieren und weiter zu entwickeln. So werden wir auch zukünftig weitermachen und was Neues, an einem neuen Ort probieren. Und wer weiß, vielleicht packen wir dann auch nochmal eine Großveranstaltung an.

world of mtb: Was würdest du anderen Vereinen als Tipp mit auf den Weg geben? Schließlich würde ich euch neben dem Mountainbike Freiburg e.V. als einen der umtriebigsten und vorbildhaftesten Vereine in Deutschland bezeichnen.

Derrick Schönfelder: Ein Allheilmittel ist natürlich schwierig, auch wenn deutschlandweit ja im touristischen Mountainbike-Bereich oftmals ähnliche Probleme vorherrschen. Als Vogtland Bike e.V. war es uns schon immer wichtig, dass wir uns von keinem vereinnahmen lassen und wir immer den neutralen Blick auf unsere Vorhaben, Projekte und Ideen behalten. Klar ist man gerade im Bereich von investiven Maßnahmen sehr vom Wohlwollen der Kommunen, Städte und Landkreise abhängig. Aber am Ende sind doch wir alle als MTB-Vereine und Organisationen die Fachleute und Erfahrungsträger. Somit sollten wir uns auch nicht kleiner machen als wir sind. Wem unsere Kompetenz wichtig ist, der ist auch bereit auf Augenhöhe mit uns zu sprechen und wird unsere Arbeit entsprechend honorieren.

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